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Aki Ajo (Red Bull KTM): Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Von Günther Wiesinger
Aki Ajo setzte in den letzten 2 Jahren der Moto3 und Moto2 vier Fahrer ein, 2021 siegten alle, 2022 immerhin drei davon. Acosta, Gardner und A. Fernández gewannen drei von vier Titeln. Aki Ajo verrät sein Erfolgsrezept.

Die drückende Überlegenheit des Red Bull-KTM-Ajo-Teams nahm schon in der Weltmeisterschaft 2021 bedrohliche Ausmaße an. Zumindest für die Konkurrenz. Denn bei den ersten neun Grand Prix errang die Ajo-Mannschaft in den Klassen Moto3 und Moto2 elf von 18 möglichen GP-Siegen (5x Moto3, 6x Moto2), dazu total 21 Podestplätze (7 in der Moto3, 14 in der Moto2). Und es ging in diesem Stil weiter.

Schliesslich räumte Ajo Motorsport 2021 in beiden Klassen die Weltmeistertitel ab. Das war dem Finnen 2016 schon mit Brad Binder und Johann Zarco gelungen. In der Moto3 triumphierte der 17-jährige GP-Rookie Pedro Acosta 2021 mit der Red Bull-KTM nach sechs Saisonsiegen; er distanzierte Dennis Foggia (Leopard Honda) um stolze 43 Punkte. Und im spannenden Finale der Moto2-WM behielt Remy Gardner (fünf GP-Siege, fünf weitere Podestplätze, zwei vierte Ränge) mit nur 4 Punkten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Raúl Fernández die Oberhand, der als Klassenneuling wie Acosta alle Erwartungen haushoch übertraf und als Rookie acht GP-Siege feierte.

Das Unternehmen Ajo Motorsport beendete im Vorjahr eine Durststrecke, denn nach Brad Binders Moto3-Titelgewinn 2016 ging das Team aus Finnland bei der Titelvergabe vier Jahre lang leer aus.

Doch der Schwung des Vorjahrs wurde in die Saison 2022 mitgenommen. Neuzugang Augusto Fernández sorgte für einen weiteren Moto2-WM-Triumph, obwohl er die Saison nicht gerade dominant begann und als WM-Fünfter von 2021 (er kam von Marc VDS) anfangs gegen Vietti, Canet, Ogura und teilweise Arbolino auf verlorenem Posten stand.

Inzwischen blickt Aki Ajo auf eine beispiellose GP-Bilanz: Nach dem Saisonende 2022 stehen 114 GP-Siege in den Büchern, für den 100. sorgte Raúl Fernandez im Moto2-Rennen in Aragón 2021. Dazu kommen übrigens noch zwei MotoE-Weltcup-Laufsiege, die jedoch nicht als GP-Siege gelten. 

Die Ajo-Schützlinge haben für 17 Siege in der 125er-WM gesorgt und für 45 in der Moto3 (hier alle auf KTM), dazu kommen 52 Moto2-GP-Erfolge, 14 auf KTM (2017 bis 2019), der Rest auf Kalex.

Dazu haben sich neun WM-Titelgewinne angesammelt. Damit ist Aki Ajo in den zwei kleinen Kategorien der erfolgreichste Teambesitzer. Konkurrent Jorge «Aspar» Martinez hat zwar als Teamchef ebenfalls neun Weltmeistertitel vorzuweisen, aber drei davon in der Junioren-WM – mit Raúl Fernández, Izan Guevara und Daniel Holgado. 

Rekord: 20 GP-Siege in der Saison 2021!

Der finnische Teambesitzer Aki Ajo ist ein Meister des
Understatements und ständig stark damit beschäftigt, bei seinen Fahrern und in seinem Team auf die Euphorie-Bremse zu treten.

Ein Beispiel: Wenn seine Fahrer bei den Wintertests dominieren, betonte Red Bull-Teamchef Aki Ajo immer wieder: «Wir haben noch kein Rennen bestritten.»

Die Ajo-Schützlinge machen regelmäßig mit beispiellosen Highlights Schlagzeilen. Brad Binder gewann 2016 in Jerez das Moto3-Rennen vom letzten Startplatz. Can Öncü triumphierte 2018 in Valencia (mit einer Wildcard!) bei seinem allerersten Moto3-WM-Lauf, er ist seither der jüngste GP-Sieger der Geschichte. Er war erst 15,5 Jahre alt! Moto3-Rookie Pedro Acosta gewann in Doha 2021 bei seinem erst zweiten GP-Einsatz, noch dazu trotz eines Pit-Lane-Penaltys, also trotz Verbannung beim Start in die Boxengasse!

Die Saison 2021 entpuppte sich danach als die erfolgreichste in der Geschichte des Ajo-Teams. Denn jeder der vier Fahrer heimste zumindest einen Sieg ein. Jaume Masia kassierte beim Saisonstart in Doha das Punktemaximum, sein Teamkollege Pedro Acosta (17), der Red Bull-Rookies-Cup-Sieger von 2020, glänzte sogar mit sechs GP-Triumphen. Mit den Moto2-Siegen von Remy Gardner und Raúl Fernandez lag die Ausbeute im Vorjahr bei 20 GP-Siegen. 

Mischung aus Erfahrung und jungen Talenten

Teambesitzer Aki Ajo ist überzeugt, in beiden Kategorien auch 2022 eine gute Mischung von Erfahrung und Talent im Aufgebot zu haben. Er wird in der Moto3 mit dem WM-Fünften Deniz Öncü und José Antonio Rueda antreten, der die Junioren-WM und den Red Bull-Rookies-Cup gewonnen hat. In der Moto2 stehen bei Red Bull-KTM Ajo der WM-Vierte Acosta und Neuzugang Albert Arenas (Moto3-Weltmeister 2020 auf KTM) im Aufgebot. 

Ajo gilt als bemerkenswert erfolgreicher Talent Scout; er kitzelt seit Jahren das Maximum aus seinen Fahrern heraus, erkennt jede kleine Schwäche bei seinen Fahrern und predigt ihnen täglich, dass nur Zuverlässigkeit und Konstanz zum Ziel führen, also zum Titelgewinn. «Die Konstanz und Beständigkeit müssen wir wie eine Waffe nutzen», betont Ajo gerne.

«Auch wenn es den jungen Fahrer nicht immer gelingt – für mich ist das die Arbeitsweise, die zum Ziel führt», betont der erfolgreiche Teambesitzer und Weltmeister-Macher. «Besonders in der Moto2 ist der Fokus auf die Konstanz richtungsweisend und zielführend. Du musst von der ersten Runde im FP1 bis zur letzten Runde im Warm-up alles tun, um für die Renndistanz die bestmögliche Beständigkeit zu erreichen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg in der Moto2-Kategorie, in der beim Chassis-Material und den Einheitsmotoren Gleichheit besteht. Und sicher gilt dieses Rezept auch später in der MotoGP.»

Ein unvergesslicher Geniestreich gelang Aki Ajo 2008: Er gewann die 125er-WM mit Mike di Meglio auf einer Derbi, der das Jahr zuvor bei einem Konkurrenz-Team mit Honda als WM-17. beendet hatte und dessen Titelchancen vor dem Saisonstart mit null beziffert wurden.

Aki Ajo: «Rául hat den nötigen Speed»

Obwohl Raúl Fernández in seinem ersten Moto2-Jahr 2021 nicht weniger als acht GP-Siege erbeutet hat und WM-Leader Remy Gardner (er bestritt seine sechste Moto2-Saison!) tüchtig eingeheizt hat, hat der hoch talentierte Spanier in seiner ersten MotoGP-Saison auf der Tech3-KTM schwer enttäuscht. Er heimste nur 14 Punkte ein und wurde an das Aprilia-RNF-Kundenteam frei gegeben. 

Ajo hat mit dem außergewöhnlich begnadeten Spanier keinen WM-Titel gewonnen. «Aber Raúl hat bewiesen, dass er den nötigen Speed hat.»

Aber dem Ausnahmekönner fehlte die Konstanz, und im Nachhinein drängt sich die Frage auf, ob er nach zwei Moto3-Siegen und als WM-Vierter 2021 zu früh in die Moto2-WM 2021 und danach zu früh in die MotoGP-Klasse transferiert worden ist. Aber Rául und sein Management sahen das große Geld in der Königsklasse...

Rohdiamant Fernández, der Moto3-Junioren-Weltmeister von 2018, wurde bereits im Sommer 2021 von einigen Konkurrenz-Teams gejagt, auch von Rossis Sky VR46-Moto2-Truppe. KTM wurden Ablösesummen von 500.000 Euro für ihn angeboten. Rossi wollte mit Raúl 2022 die Moto2-WM gewinnen und ihn danach mit seiner Mooney-VR46-Ducati-Truppe in die MotoGP-Klasse befördern.

Doch Red Bull KTM hatte eine Option auf Fernández, der am liebsten ins Yamaha-MotoGP-Kundenteam von Razlan Razali übersiedelt wäre, aber sich dann mit KTM über den Platz im Tech3-KTM-MotoGP-Team einigte. Ajo musste also nach 2021 beide Moto2-Fahrer (Raúl und Remy) in der Pierer-Gruppe an die MotoGP-Mannschaft abtreten.

Aki Ajo sagt aber gerne: «Meiner Meinung nach reicht es, wenn ich pro Jahr einen Fahrer für KTM in die MotoGP-Klasse übergebe…»

Und das ist für die kommende Saison der 25-jährige Weltmeister Augusto Fernández, der bei GASGAS im Tech3-Team gelandet ist.

Denn Ajo muss bei aller Loyalität gegenüber Red Bull und KTM auch ein bisschen egoistisch denken. Deshalb ist er froh, für die Moto2-WM 2022 den unbestrittenen Ausnahmekönnern Pedro Acosta als klaren WM-Favoriten behalten zu können. 

Ajos Rezept bleibt aber unverändert: «Wir müssen mit den Beinen auf dem Boden bleiben. Unsere Fahrer müssen alle Schritte mit Geduld machen.»

Der teilweise strenge KTM-Teamchef, der nach dem Motto «Mit Zuckerbrot und Peitsche» handelt und mit Lob sparsam umgeht, will voreilige Klassenwechsel seiner Supertalente künftig nach Möglichkeit vermeiden. «In den kleinen Klassen ist für die Fahrer ist nicht die richtige Zeit, um ans Geld zu denken», lautet seine klare Botschaft.

Die WM-Titelgewinne von Ajo Motorsport

2008: 125 ccm, Mike di Meglio auf Derbi
2010: 125 ccm, Marc Márquez auf Derbi
2012: Moto3, Sandro Cortese auf KTM
2015: Moto2, Johann Zarco auf Kalex
2016: Moto2, Johann Zarco auf Kalex
2016: Moto3, Brad Binder auf KTM
2021: Moto3, Pedro Acosta auf KTM
2021: Moto2, Remy Gardner, auf Kalex
2022: Moto2, Augusto Fernández, auf Kalex 

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