Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Sandro Cortese: «Ich war 2013 übermotiviert»

Von Günther Wiesinger
Sandro Cortese hat die Saison 2013 analysiert, viel gelernt und will sich nächstes Jahr gehörig steigern. Und er will sich weniger Druck machen.

Sandro Cortese (23) erlebte in seiner ersten Moto2-Saison einige Rückschläge. Mit dem 20. WM-Rang und 19 Punkten in 17 Rennen blieb der Kalex-Pilot aus dem Dynavolt Intact GP-Teams hinter den Erwartungen. «Ich bin in Phillip Island und in Motegi jeweils vom siebten Startplatz losgefahren. Aber dann gab es dort Probleme mit der Elektronik und mit dem Schaltautomat», gibt der Moto3-Weltmeister von 2012 zu bedenken. «Das waren zwei Rennen, wo ich gute Top-Ten-Plätze erreichen hätte können. In Motegi war ich gut unterwegs, bis das Problem aufgetaucht ist und ich durchgereicht worden bin.»

Sandro, du bist nach dem Titelgewinn mit grossen Hoffnungen in die Moto2-WM eingestiegen. Aber es gab nur einen Top-Ten-Platz und nicht oft Grund zum Jubeln.

Ich denke, die Ergebnisse spiegeln nicht wider, wie stark wir uns während der Saison gesteigert haben. Das vergangene Jahr war mit viel Pech verbunden.
Das soll jetzt keine Ausrede sein. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir uns trotzdem sehr gesteigert haben. Aber wir haben das in den Rennen nicht so zeigen können wie teilweise in den Qualifyings.

Du warst beim Katar-GP ziemlich verwundert, weil es in der Moto2-WM in den ersten Runden wild zugeht. Du hast dich in dieser Hinsicht im Laufe der Saison gesteigert. Aber du hast dich im Nahkampf gegen die Routiniers schwer durchsetzen können.

Ja, ich will dann... Es gab dann Phasen in den Rennen, wo ich vielleicht nur so fahren hätte müssen wie am Anfang.
Ich erinnere mich zum Beispiel an Aragón. Dort ist Kallio hinter mir gestartet. Er ist einfach seine Rundenzeiten weiter gefahren, ist bei einem Fahrer nach dem andern vorbeigefahren und nach vorne gestürmt.
Bei mir war es so, dass ich dachte, heute geht was. Am Schluss war es mit Platz 10 auch okay. Aber Kallio war am Schluss Fünfter, ich Zehnter.
Wenn ich einfach keinen Strich weiter gefahren wäre, wäre für mich ein noch besseres Ergebnis möglich gewesen.

Du hast dich zu stark unter Druck gesetzt?

Ja, ich war übermotiviert. Es ist nicht so, dass ich mir sage: Heute muss ich was erreichen. Es war oft so, dass ich gedacht habe: Heute geht etwas, ich will das jetzt.
Es ist nicht so, dass ich das Gefühl habe, ich muss jetzt, weil von aussen irgendwie Druck ausgeübt wird.

Aber du warst teilweise in Gesellschaft von Fahrern wie Axel Pons. Machen wir uns nichts vor: Damit war nicht zu rechnen.

Teilweise nicht, teilweise schon. Wenn man die Zeit nach Brünn analysiert, ich habe nicht mehr richtig trainieren können. Nur auf der Rolle mit dem Rennrad.
Was ich in der ersten Saisonhälfte, nämlich in der ersten Rennphase nicht mehr so viele Plätze zu verlieren, habe ich dann hinten raus wieder verloren, weil mir teilweise die nötige Kraft, die ich in der Sommerpause aufgebaut habe, gefehlt hat. Ich habe nicht mehr in die Muckibude gehen und mit meinen Gewichten trainieren können.
Das sind Sachen, die dann auch noch dazu gekommen sind. Ich musste vom Kopf her akzeptieren, dass ich manchmal mit Pons und bei einem Rennen sogar mit Cardús gekämpft habe. Da muss man ruhig bleiben und es hinnehmen. Man muss dem Team trotzdem zeigen, dass man das bestmögliche Ergebnis erreicht.

Aber die Erwartungshaltung war gross. Du bist als Moto3-Weltmeister aufgestiegen, das Intact-Team wurde extra völlig auf deine Bedürfnisse massgeschneidert. Punktelose Rennen waren eine doppelte Enttäuschung. Crew-Chief Jürgen Lingg sagte, er wollte dir Druck wegnehmen, weil du dir selber genug gemacht hast.

Vom Team sagt mir keiner, welche Platzierungen ich erreichen muss.
Ich bin lange genug dabei und bin selber ehrgeizig genug.
Ja, dieses Team ist ja für mich aufgebaut worden.
Das bedeutet ja nicht, ich lehne mich jetzt mal ein Jahr zurück, weil ich nächstes Jahr trotzdem fahre. Solche Gedanken hat es in meiner Karriere nie gegeben. So ist mein Kopf nicht eingestellt.
Es wäre das Schlimmste, wenn ich sagen würde: Jetzt schauen wir mal, was im ersten Jahr passiert. Nächstes Jahr geht es sowieso weiter.
Wir haben Supersponsoren und das Glück, dass die Finanzierung des Teams auch für die nächsten zwei Jahre inklusive 2015 gesichert ist.
Ich mache mir keinen Druck, den Sponsoren und dem Team etwas zu beweisen. Im Endeffekt will ich mir selber was beweisen.
Mir ist bewusst: Ich habe es in der kleinen Klasse hinbekommen. Dann sehe ich die anderen Fahrer, mit denen ich in der 125er und Moto3 gekämpft und die ich teilweise auch besiegt habe. Dann möchte ich dort auch hin.
Das waren vielleicht falsche Überlegungen in dieser Saison. Manchmal dachte ich: Warum fährt ein Aegerter jetzt auf Platz 5?
Ich habe dann oft ausgeblendet, dass er inzwischen sein viertes Jahr in der Moto2 gefahren ist. Und wenn ich daran denke, wo der in seiner ersten Saison gefahren ist, dann muss ich das relativieren.
Es gibt Fahrer, die setzen das sofort um. Wie vielleicht der Viñales. und dann gibt es Fahrer, die mit mehr Respekt an die Sache rangehen.
ich habe gewussst, die Moto2 wird hart. Ich habe mich teilweise in den ersten Runden überrumpelt gefühlt, wie es da zugeht...

Wie viele Rennen hat das gedauert?

Drei, vier Rennen. Dann sind schon wieder vier Rennen vorbei... Das fünfte Rennen war Barcelona. Da wurde ich in der ersten Kurve runtergefahren. Dann war das auch vorbei.
Du hast im Rennen jedes Wochenende nur einmal die Chance, diese Aufgabe gut zu erledigen. Wenn das viermal schief geht, heisst es gleich: Cortese verhaut die Starts immer.
Du musst dann so gut sein, das auszublenden. Aber es ist sehr, sehr schwierig. Gerade in der ersten Saison.
Ich war ja voll damit beschäftigt, das Motorrad im Griff zu halten.
Mit der Moto3 bin ich gestartet, dann bin ich gefahren und habe gewusst: In den letzten sechs Runden entscheidet sich das Rennen.

Waren die starken Resultate von Marcel Schrötter am Saisonbeginn eine zusätzlich Belastung?

Ich denke, aus diesem Alter bin ich raus.
Das habe ich schon in der 125er-WM nicht mehr gehabt, dass ich damals immer gesagt hätte: Ich muss vor dem Stefan sein. Das wäre ein grosser Fehler. Sonst wird die volle Konzentration auf diesen Gegner gelenkt, und man macht dann andere Fehler.
Klar, man möchte im eigenen Land in dieser Klasse der beste Fahrer sein. Aber wenn das nicht möglich ist, muss man sich einfach mit den Gegnern messen, die ebenbürtig sind.
Marcel hat 2013 sehr gute Arbeit geleistet. Er hat bei den ersten Rennen wie in Katar sehr gut angefangen. Das ist auch so geblieben. Ich habe dann aufgeholt.

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