Mugello: Sponsor TIM und kein Internetzugang

Kolumne von Günther Wiesinger
Das Mobilfunkunternehmen TIM ist Hauptsponsor des Mugello-GP und Geldgeber des Ducati-Werksteams. Aber die Qualität der Funknetze lässt beim Mugello-GP arg zu wünschen übrig.

Natürlich, das Autodromo del Mugello liegt in den toskanischen Hügeln. Aber wenn der GP von Italien schon von dem finanzstarken Telekom-Konzern Telecom Italia Mobile (TIM) als Namensponsor unterstützt wird und wenn dieses Unternehmen auch seit Jahren beim Ducati-Werksteam als Sponsor auftritt, dann sollte so ein Unternehmen doch in der Lage sein, die Fans, Teammitglieder und Journalisten und andere Medienschaffende von Funk und Fernsehen beim WM-Lauf nahe Borgo San Lorenzo mit einer digitalen Grundausrüstung zu versorgen und ein problemloses Telefonieren mit Mobiltelefonen zu gewährleisten.

Aber es ist ein bisschen ein Glücksfall mit dem Internet-Zugang in Mugello. Und seltsamerweise bessert sich die Situation seit Jahren nicht.

Auch am gestrigen Freitag war das Netzwerk im Pressezentrum zweimal mausetot: In der Früh nach 8 Uhr für ca. zwei Stunden, am Nachmittag um 15 Uhr für fast eineinhalb Stunden.

Und wenn es mal wieder läuft, wird man an die Erfindung der Langsamkeit erinnert.

Ausgerechnet in Mugello, wo die Werks-Ducati schon wieder mit 345 km/h über die 1,1 km lange Start-Ziel-Gerade rauschen.

Ein langsames und instabiles Internet ist heutzutage im Berufserleben unzumutbar und auch im privaten Haushalt erträglich.

Aber besonders schlimm ist es bei einem Motorrad-GP, bei dem die Teams dauernd riesige Datenmengen übertragen, bei dem die Rennställe mit der Aussenwelt kommunizieren und die Medien allerlei Neuigkeiten und Ergebnisse rund um die Welt schicken wollen. Leider steckt Mugello noch in den digitalen Kinderschuhen.

Im Media Centre von Mugello kostet zwar der Internetzugang für jeden Journalisten 60 Euro für vier Tage, das ist die höchste Summe von allen Grand Prix. Und diese Summe wäre gar nicht so schlimm, wenn das Netzwerk nicht alle paar Stunden für eine Stunde oder lönger ausfallen würde und dadurch nicht die Arbeit Hunderter Menschen im Pressezentrum lahmgelegt wäre.

Selbst in der Wüste von Doha, im Urwald von Sepang und in der Einöde von Phillip Island wird heute ein Internetzugang mit stabiler Performance zustande gebracht.

Sogar in Laguna Seca, auf einer Rennstrecke, an der Jahrzehnte des technischen Fortschritts spurlos vorüber gegangen sind, gab es in puncto WLAN-Netzwerk nichts auszusetzen.

Auch wenn der kalifornische Raceway davon abgesehen in vielen Aspekten nicht mehr zeitgemäss war. Als ich Kenny Roberts senior 2005 bei der Rückkehr des GP-Zirkus nach Laguna fragte, was sich in den elf Jahren seit dem letzten Grand Prix geändert habe, entgegnete King Kenny lakonisch: «Es ist jetzt mehr Wasser im See.»

Als am gestrigen Freitagmittag in Mugello wieder einmal im Media Centre digitale Funkstille herrschte, versuchten italienische Kollegen, wenigstens mit Hilfe ihrer Mobiltelefone einen Hotspot über Bluetooth zu errichten.

Aber auch das 3G und das 4G-Netz von TIM oder Vodafone waren zusammengebrochen. Überlastet, bei kaum 15.000 Besuchern.

Man muss befürchten, dass SMS bis zum Empfänger deshalb länger unterwegs sein werden als eine altehrwürdige Postkarte.

Ja, es ist kein Witz. Wundern Sie sich nicht, wenn aus Mugello am Samstag oder Sonntag abgeschickte Kurznachrichten erst zu Weihnachten in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich eintreffen. Mit 24 Stunden Zeitverzögerung ist auf jeden Fall zu rechnen. Ich habe ein SMS eines Fahrer-Managers hier in Mugello genau 15 Stunden nach dem Versenden auf meinem iPhone vorgefunden.

Italien steckt noch in den digitalen Kinderschuhen.

Wir hoffen jedes Jahr, dass der Weltkonzern TIM irgendwann der Stolz und der Ehrgeiz packt. Alle italienischen Journalisten machen die Faust im Sack, die Kritik ist überall zu hören. Aber ernsthafte Beschwerden? Fehlanzeige.

Die Italiener sind daran gewöhnt, dass in ihrem Land nicht alles klaglos funktioniert.

Mit dem TIM-Umsatz von diesem Mugello-GP-Wochenende könnte bis zum nächsten Grand Prix ein 30 km langes Glasfaserkabel von der Strecke bis Florenz eingegraben werden. Aber es wird nichts passieren.

Für uns Journalisten ist Mugello der Grand Prix der Entschleunigung. Aber es fällt uns schwer, solche digitalen Unzulänglichkeiten hinzunehmen, denn in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich sind wir bei den Breitbandnetzen offenbar zehn Jahre voraus. Wir kennen auch keine Müllberge, keine überdimensionierten illegalen Sondermülldeponien, keine ausufernde Korruption, keine monatlich wechselnde Regierung, wir huldigen nicht jahrelang einer Figur wie Berlusconi.

Bei der TIM wird sich nichts ändern. Die preist in Mugello «TIM Smart Fibra» um 29 Euro im Monat an. Wir zahlen 60 Euro für vier Tage – können das Internet zusammengezählt aber nur drei Tage nützen.

Da sehnt man sich vorübergehend ins Zeitalter der analogen Telefonie, der Telexgeräte und Faxgeräte zurück. Damals war die Langsamkeit und Behäbigkeit noch Programm. Und Tageszeitungen waren das Höchste, was aktuelle Berichterstattung betrifft.

Aber heute erwarten die Leser Information in Echtzeit.

Der Fiat-Konzern ist Eigentümer des Automotodroms von Mugello.
Nein, ich äussere mich jetzt lieber nicht über die Qualität mancher Fiat-Modelle. Ich will mich nicht versündigen. Aber ein Land, das anno 2016 solche Fahrzeuge anbietet, von dem darf man offenbar auch keine innovativen Breitbandnetze erwarten.

Ich bin eigentlich ein Italien-Liebhaber. Wirklich. Wer ist das nicht?

Aber zum Dolce Vita gehört heutzutage auch ein funktionierendes Mobilfunknetz, nicht nur köstliches Essen, bekömmlicher Café, Sonne und Meer.

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