Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Die Motorradwelt trauert um Techniker Nobby Clark

Von Günther Wiesinger
Nobby Clark ist tot

Nobby Clark ist tot

Nobby Clark, in Rhodesien (heute Zimbabwe) geboren, schraubte für die prominentesten Motorradstars – von Hocking über Redman, bis zu Agostini, Roberts und Mamola. Jetzt starb er im Alter von 81 Jahren.

Der Motorrad-GP-Sport trauert um einen seiner größten Techniker.

Nobby Clark, der für die besten Motorradfahrer der Welt gearbeitet hat, als der Begriff «Crew-Chief» noch nicht erfunden war, zum Beispiel für Gary Hocking, Jim Redman, Giacomo Agostini und «King Kenny» Roberts, der für Werke wie Honda, MV Agusta Yamaha und Cagiva verantwortliche Aufgaben übernahm, hat uns verlassen.

Nobby gehörte nicht nur technisch zu den Besten der Zunft, sondern auch menschlich.

Nobby Clark wurde als GP-Mechaniker zum Weltenbummler.

Zwischen 1960 und 1985 reiste er überall hin, wo Motorradsport getrieben wurde. Er schraubte an den Werksmaschinen zu den Viertakt-Zeiten und stellte später auch als Zweitakt-Spezialist seinen Mann.

Der hagere Nobby hat für Gary Hocking, Jim Redman, Mike Hailwood, Bill Ivy, Kel Carruthers, Hideo Kanaya, Barry Sheene, Giacomo Agostini, Kenny Roberts, Marco Lucchinelli und Randy Mamola gearbeitet. Sie haben reihenweise GP-Siege und WM-Titel errungen; nur Kanaya und Mamola blieben Titelgewinne versagt.

Vom großen Ruhm hat Nobby Clark wenig abbekommen. Vielleicht war er zu bescheiden, vielleicht einfach nicht geschäftstüchtig genug.

Manchmal wurde ihm sogar übel mitgespielt. Honda soll Jim Redman in den 1960er-Jahren einmal ein First-Class-Flugticket für Nobby Clark nach Japan bezahlt haben, für einen Lehrgang für die neuen Werksmaschinen. Doch Redman wurde vorgeworfen, er habe sich das Geld eingesteckt und für Nobby stattdessen ein billiges Ticket für die 9288 km lange Transsibirische Eisenbahn gekauft.

Jedenfalls ist es Nobby Clark nie gelungen, aus seinem Wissen, seinem Perfektionsmus, seiner Erfahrung und seinem Können richtig Kapital zu schlagen.

Nobby Clark wurde am 29. September 1936 in Bulawayo/Rhodesien geboren. Während seiner Schulzeit lernte er Gary Hocking kennen, sie gingen demselben Hobby nach: Motorräder und Racing.

Nobby Clark in der Kupfermine

Aber der internationale Motorradsport spielte sich in Europa ab. Hocking brach deshalb nach dem Gewinn der südafrikanischen Meisterschaft 1959 nach Europa auf. Mit 20 Dollar Startkapital.

Im Jahr 1960 erhielt Gary einen Werksvertrag bei MV Agusta. Nach der Saison engagierte er Nobby Clark als Mechaniker. 1961 gewann Gary Hocking mit den MV-Agusta-Werksmaschinen in der 350er- und der 500er-Klasse die Weltmeisterschaft – mit Nobby! Nach dem tödlichen Unfall seines Kumpels Tom Phillis beendete Hocking seine GP-Karriere.

Nobby Clark musste wieder auf Jobsuche gehen. Er nahm daheim in Rhodesien (heute Zimbabwe) eine zermürbende Arbeit in einer Kupfermine an.

Als der Rhodesier Jim Redman im Honda-Werksteam (250 und 350 ccm) einen renommierten Mechaniker brauchte, verpflichtete er Nobby Clark. 1962 gewann Jim Redman die WM in beiden Klassen die Weltmeisterschaft.

Nobby Clark lernte sogar Japanisch. 1963 wurden wieder beide WM-Titel gewonnen, danach ein weiterer Titel in der 350-ccm-Klasse.

Als Phil Read mit der Zweitakt-Zweizylinder-Yamaha 250 immer stärker wurde, baute Honda eine 250-ccm-Sechszylinder-Viertakt-Rakete. Mike «the Bike» Hailwood wurde dieses technische Wunderwerk anvertraut, der Brite gewann die 250er und 350er-WM 1966 und 1967.

Als sich die Japaner Ende 1967 aus der WM zurückzogen, musste sich Nobby Clark eine neue Beschäftigung suchen. Er nützte seine Bekanntschaft zum ehemaligen 250-ccm-Weltmeister Kel Carruthers, der inzwischen für das Yamaha-Werk arbeitete und Kenny Roberts 1978 in die WM brachte.

13 Jahre lang blieb Nobby bei Yamaha, er schraubte für den Japaner Hideo Kanaya, für Giacomo Agostini, Kenny Roberts und Barry Sheene.

1978 triumphierte «King Kenny» Roberts (mit Nobby in der Box) als erster Amerikaner in der Halbliter-WM. 1979 und 1980 wiederholte der Kalifornier diesen Erfolg.

Nach der Roberts-Episode suchte Nobby Clark eine neue Aufgabe – und fand sie im Cagiva-500-Team. 1981 fuhr dort Marco Lucchinelli.

Bis Ende 1984 blieb Nobby bei den Italienern, dann kehrte an an die Ursprünge zurück, frischte die alten Kontakte zu Honda auf und kümmerte sich 1985 um die Werks-Honda von Randy Mamola.

Visum-Ärger, Krebs und Galgenhumor

Nobby Clark verfügte zwar inzwischen über einen südafrikanischen Pass, aber wegen der Apartheid-Politik wurde es für ihn immer mühseliger, für alle GP-Destinationen die nötigen Visa zu bekommen.

1986 setzten die Behörden willkürlich monatelange Visum-Wartezeiten fest. Sie betrugen bis zu 18 Monate. Deshalb entschloss sich Nobby Clark nach 25 Jahren, das Nomadenleben zu beenden. Er sagte dem GP-Zirkus «adieu» und nahm in Südafrika eine Arbeit in einer Autowerkstätte an.

Doch 1993 wurde Nobby Clark rückfällig, als ein Anruf aus New York kam, es ging um Informationen über eine defekte Honda RC164, inzwischen 30 Jahre alt. Nobby wurde dann wieder ein paarmal bei Classic-Veranstaltungen gesehen.

Als er einmal nach dem traurigsten Tag seines Lebens gefragt wurde, antwortete der namhafte Techniker: «Das war der 20. Mai 1973, die Tragödie in Monza, als Saarinen und Pasolini tödlich verunglückten.»

Vor zwei, drei Jahren erkrankte Nobby Clark an Krebs. Er nahm von 67 auf 50 kg ab, er ließ intensive Chemotherapien über sich ergehen und verlor seinen Humor trotzdem nicht. «Meine Freunde sagten immer: ‚Nimm dich vor hungrigen Hunden in acht. Wenn sie dich sehen, könnten sie denken, jemand hätte eine Tasche mit alten Knochen weggeworfen’, erzählte Nobby im Jahr 2016 mit Galgenhumor.

Im Alter von 81 Jahren ist Nobby Clark heute gestorben.

Ruhe in Frieden, Nobby.

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