KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Hervé Poncharal (Tech3): Warum Zarco so schnell ist

Von Günther Wiesinger
Was macht das private Tech3-Yamaha-Team besser als das Movistar-Werksteam? Warum fährt Johann Zarco dauernd schneller als Rossi und Viñales? Tech3-Teamchef Hervé Poncharal hat die Antworten.

Das französische Tech3-Yamaha-Team beschämte das Movistar-Yamaha-Werksteam (Rossi, Viñales) schon 2017 mehrmals, zum Beispiel in Barcelona, wo die Rookies Johann Zarco und Jonas Folger die Ränge 5 und 6 belegten. Rossi wurde damals Achter, Viñales Zehnter.

Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal erklärte nach diesem Rennen: «Heute sind Zarco und Folger besser gefahren als Valentino Rossi und Maverick Viñales.»

Zarco setzte die Serie seiner eindrucksvollen Vorstellungen nach den drei Podestplätzen von 2017 und dem sechsten WM-Gesamtrang auch in der Saison 2018 auf höchst eindrucksvolle Weise fort.

Platz 2 beim Buriram-Test, Platz 1 beim Losail-Test, Pole-Position beim Katar-GP, beim Saisonstart unter Flutlicht 17 Runden lang in Führung, zuletzt Podestplatz in Las Termas – und wieder deutlich schneller als das Yamaha-Werksteam.

Wie lässt sich diese überragende und verblüffende Performance der manchmal gnadenlosen Startnummer 5 erklären?

Valentino Rossi klagte letztes Jahr über das Chassis, 2016 auch, jetzt sieht er die Problematik und die Ursache des schwachen Abschneidens bei der Elektronik.

Aber diese Motorsteuerung ist mit jener von Zarcos YZR-M1-Yamaha identisch. Wir gingen auf Ursachenforschung und Spurensuche – und haben Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal interviewt.

Hervé, Johann Zarco hat auf keinen Fall besseres Material als das Yamaha-Werksteam. Ist er einfach der bessere Rennfahrer?

Ich kann nur sagen: Alle vier MotoGP-Piloten von Yamaha haben jetzt identische Chassis, das sind Versionen von 2016. Das Werksteam hat neue 2018-Motoren, unsere Motoren stammen von 2016.

Wir sind in diesem Jahr schon auf vier unterschiedlichen Pisten gefahren, bei sehr unterschiedlichen Strecken- und Witterungsbedingungen. Und ja, Johann war ganz klar der beste Yamaha-Fahrer.

Warum? Ich weiß es nicht.

Für gewöhnlich ist es am Wichtigsten, dass du dich auf deine Box und auf deinen Fahrer konzentrierst, statt irgendwelche Vermutungen anzustellen.

Wir arbeiten mit dem System weiter, mit dem wir immer gearbeitet haben. Und seit Beginn dieses Jahres hat sich diese Arbeitsweise wieder bewährt. Es läuft nicht so schlecht.  

Du hast 2017 beim Catalunya-GP behauptet, deine Fahrer seien an diesem Tag besser gewesen als die beiden Movistar-Yamaha-Werksfahrer. Inzwischen ist Zarco dauernd bester Yamaha-Pilot.

Ich behaupte nicht, dass Johann Zarco und dazu Jonas Folger im Vorjahr  bessere Fahrer als Rossi und Viñales gewesen sind.

Aber ich habe damals gemeint: Am Ende des Rennens in Catalunya waren sie besser, weil sie vor dem Werksteam ins Ziel gekommen sind.

Ich behaupte ja auch nicht, Cal Crutchlow sei ein besserer Pilot als Rossi oder Márquez. Aber am Rennsonntag in Argentinien war Cal der bessere Fahrer, denn er hat das Rennen gewonnen. Das ist das, was ich in Catalunya gemeint habe.

Ich will jetzt keinen Mangel an Respekt vor Maverick oder Valentino zeigen, denn sie sind Top-Top-Fahrer. Wir haben zu Beginn der Meisterschaft 2017 gesehen, wozu Maverick fähig ist. Er ist ein erstaunlicher Pilot. Aber aus bestimmten Gründen ist das Paket Viñales/Yamaha und Rossi/Yamaha nicht spo schlagkräftig wie erwartet. Beide quetschen das Potenzial des Motorrads nicht optimal aus.

Das Potenzial dieser Maschine und dieser Männer ist sicher größer und besser als das, was wir zuletzt an Resultaten gesehen haben. Ganz klar.

Das macht ja den Motorsport so aufregend.

Das beste Paket in der Formel 1 ist ganz klar Mercedes/Hamilton. Aber im Moment gewinnen sie nicht. Am vergangenen Sonntag hat sich das fantastische Gamble von Red Bull Racing gelohnt. Ricciardo hat gewonnen.

Im Motorsport geht es um den Fahrer, um die Technik und den Level des finanziellen Investments, das dir hilft, das beste Material zu bekommen. 

Aber der menschliche Faktor spielt eine bedeutende Rolle. Red Bull hat das am Sonntag in China unter Beweis gestellt.
Und ich denke, in der MotoGP zeigen ein paar Kundenteams wie LCR und Tech3, dass Geld zwar eine wichtige Rolle spielt, um die besten Fahrer engagieren zu können, aber der Faktor Mensch spielt immer eine Schlüsselrolle. Er bleibt immer ein wichtiges Element.
Darüber sind wir alle glücklich.

Klar, wir haben erst zwei Rennen hinter uns, deshalb will ich nicht überheblich wirken. Aber schaut dir die Team-WM an. LCR führt vor Tech3. In der Fahrer-WM liegt LCR mit Crutchlow an erster Stelle.

Und man weiß ja: Wir haben nicht dieselben Bikes, wir haben nicht dasselbe Budget, wir haben nicht dieselbe Manpower. Und so weiter.
Aber trotzdem oder gerade deshalb ist es spannend.

Und dank der MotoGP-Vorschriften, die die Dorna, FIM, IRTA und MSMA produziert haben, können wir diese Resultate und diese Situation heraufbeschwören. 

Johann Zarco ist mit der privaten Yamaha auf allen Pisten und bei jeder Witterung konkurrenzfähig. Rossi und Viñales kommen vor lauter Fragenzeichen aus dem Schlamassel nicht heraus. Niemand kann sich das erklären.

Ich auch nicht. Ich auch nicht!

Aber man kann auch die Performance von Hafizh Syahrin nicht erklären, der in seinem zweiten MotoGP-Rennen in Las Termas unter die Top-Ten gefahren ist.

Denn sein Motorrad ist klar unterlegen. Er hat zum Beispiel ein altes Aero-Package. Trotzdem hat er in einer Phase des Rennens zur Spitze aufgeholt.

Er ist ein guter Regenfahrer.

Es war kein Regenrennen. In Argentinien war es vollkommen trocken, es gab nur wenige feuchte Stellen. Die Ideallinie war trocken, deshalb sind sie alle mit Slicks gefahren. Es gibt keine Erklärung.

Rossi beklagte sich 2016 und 2017 regelmäßig über das Chassis, es beanspruche die Hinterreifen zu stark. Im Vorjahr scheint er recht gehabt zu haben, denn Zarco ist nach drei Tests mit dem 2017-Chassis auch zum 2016-Modell zurückgekehrt. Jetzt haben Movistar und Zarco identische Chassis und gleiche Motorsteuerungen. Trotzdem ist Zarco dauernd schneller. Kann das mit der Qualität der Teams zu tun haben?

Ich kann nur wiederholen: Wir geben unser Bestes.

Und wir haben einen außergewöhnlichen Fahrer, der immer sehr positiv eingestellt ist. Selbst wenn es nicht einwandfrei läuft wie am Freitag in Argentinien, er bleibt positiv, er redet offen mit dem Team, er vertraut seinen Technikern, und er hat Vertrauen zu sich selbst, zu seinem Können.

Und Johann hat einen unglaublichen Willen. Er zweifelt NIE daran, dass es gut werden wird. Das ist sehr wichtig, glaube ich.

Darin unterscheidet er sich stark zu Viñales, der nach den Trainings oft halb depressiv wirkt.

Ich sage nichts dazu. Darauf gebe ich keine Antwort.

Rossi bleibt in diesen Situationen meist positiv, fröhlich, er verweist auf die positiven Aspekte – und steigert sich im Rennen meist deutlich.

Hm. Ich will mich dazu nicht äußern.

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