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Maverick Vinales, Yamaha: «Würde es nicht wieder tun»

Von Manuel Pecino
Maverick Viñales

Maverick Viñales

Welche Menschen verbergen sich hinter den Gesichtern der GP-Stars? Wie sind sie abseits der Rennstrecke drauf? Und wie würde ihre Antwort auf die Frage lauten, wen sie sehen, wenn sie in den Spiegel schauen?

Der zweifache 250ccm-Weltmeister Sito Pons, der einer jener Rennfahrer ist, die den Motorradrennsport in Spanien zu dem gemacht haben, was er heute ist, erzählte mir einst, wie es war, als er Maverick Viñales zum ersten Mal traf. Das erste Treffen ereignete bei einem Minibike-Rennen auf einer lokalen Kart-Strecke. Die Fahrer waren kaum älter als sieben oder acht Jahre und unter ihnen befanden sich zwei, die deutlich schneller waren als der Rest. «Sie fuhren in einer eigenen Welt», erinnerte sich Pons.

«Ich war so beeindruckt, dass ich die Kinder unbedingt kennenlernen wollte, weshalb ich dann nach dem Rennen zu ihnen gegangen bin. Der Erste, den ich getroffen habe, war der Kleinste – und er weinte, weil er nur Zweiter geworden war. Ich habe versucht, ihn zu beruhigen und habe ihm gesagt, dass er gut gefahren ist und der Andere ihn nur geschlagen hat, weil er mit einem grösseren Motorrad unterwegs war. Ich glaube, er ist mit einer 65ccm-Maschine gefahren und der Andere mit einer 80 ccm. Aber das hat nicht gereicht; er hat weiter geschluchzt.» Dieser untröstliche Junge war Maverick Viñales... Und der, der ihn auf der grösseren Maschine geschlagen hatte, war Marc Márquez.

«Ich bin eine spezielle Person», antwortete derselbe Viñales 15 Jahre später, als er gefragt wurde, welcher Mensch hinter der Profi-Fassade steckt. «Hier zeige ich nicht alles von mir. Ich mache vielleicht einen seriösen Eindruck, aber ich habe gerne Spass und mache Witze. An Grand-Prix-Wochenenden benehme ich mich professionell. Aber ich bin ein sehr häuslicher Typ und umgebe mich gerne mit meinen Leuten. Es ist jedoch schwierig für mich, mich gegenüber Fremden zu öffnen. Ich würde sagen, dass ich meinen Freunden gegenüber sehr loyal und gleichzeitig auch sehr lustig bin.»

Es gibt viele Fotos, auf denen du als sieben- oder achtjähriger Junge bereits Motorrad fährst. Jetzt bist du 23 Jahre alt. Die Leute sehen den erfolgreichen Maverick Viñales; jung, berühmt, verdient gutes Geld mit dem, was er gerne macht. Aber zwischen den Bildern von damals und jetzt liegen viele Jahre. Was ist in dieser Zeit passiert?

Viñales: Die Leute sehen nur die Spitze des Eisbergs. Die harte Arbeit, die dahintersteckt, sieht niemand. Ich bin oft unterwegs und weit weg von zu Hause. Ich erinnere mich, dass nur ein einziges Wochenende zu Hause in meinem Bett geschlafen habe, als ich zehn Jahre alt war. Die restlichen Wochenenden sass ich hier und dort auf dem Motorrad; auf Minibikes, beim Motocross und alles andere, womit man fahren kann. Es war schwierig, aber es lohnt sich, weil man seine Leidenschaft ausleben kann.

Hat es viel Anstrengung gekostet?

Wenn ich es nochmals machen müsste, würde ich es nicht tun. Weil man viel opfern muss. Deine Familie steht hinter dir und feuert dich immer an und hofft, dass du gewinnst. Das ist ein hoher Druck und es ist sehr schwierig, damit umzugehen. Wenn ich einen Sohn hätte, würde ich ihn nicht in den Motorradrennsport stecken.

Hast du diese Jahre mit deinem Cousin (Isaac Vinales, der in der Moto2-Weltmeisterschaft fährt, Anm.) geteilt?

Nein, wir sind unterschiedliche Wege gegangen. Ich habe immer versucht, den Titel in einer Meisterschaft zu holen, bevor ich in die nächste gewechselt habe. Isaac hatte es immer eiliger.

Ich habe gehört, dass du als Kind ein sehr schlechter Verlierer warst.

Oh, ja. Das bin ich noch immer, aber ich beisse mir auf die Zunge. Ich hatte immer Mühe damit, mich geschlagen zu geben. Wenn ich als Kind nicht gewonnen habe, hat das bedeutet, dass ich verloren habe. Es gab nur diese zwei Optionen. Ich wollte einfach alles gewinnen.

Ich habe auch gehört, dass du von ganz hinten starten musstest, weil du so klein warst?

Das stimmt... Manchmal musste ich von ganz hinten losfahren, obwohl ich eigentlich die Pole-Position geholt hatte. Aber beim Start musste jemand mein Motorrad halten, weil ich so klein war, dass ich mit den Füssen den Boden nicht erreichen konnte. Ich war wirklich sehr klein.

Kehren wir in die Gegenwart zurück. Wie würdest du dich selbst als Fahrer beschreiben?

Ich mag gerne schnelle Kurven und Abschnitte, in denen mehrere Kurven aufeinander folgen. Mit langsam Kurven habe ich Mühe. Ich mag die schnellen Rennstrecken wie Phillip Island oder Silverstone viel lieber.

Es gibt Rennfahrer, die sich nicht besonders darum kümmern, ob das Set-up des Motorrads hundertprozentig funktioniert oder nicht, sie geben einfach Gas. Andere versuchen zu lernen, wie das Motorrad funktioniert und warum es sich so verhält. Zu welcher Sorte gehörst du?

Ich lerne gerne, weil ich die Gefühle, die ich spüre, wenn ich auf dem Motorrad sitze, verstehen möchte. Ich will verstehen, was passiert und ich muss sagen, dass ich darin immer besser werde. In diesem Sport kannst du jeden Tag etwas lernen, wenn du willst.

Woran erinnerst du dich aus deiner Zeit bei Suzuki?

Ich erinnere mich an ein sehr schwieriges erstes Jahr. Ich musste mich auf ein Motorrad setzen, mit dem ich noch nie zuvor gefahren war und es auch weiterentwickeln. Das war hart. Ich hatte auch ein paar Stürze, aber das hat mir sehr geholfen. Tatsache ist, dass ich Ende des Jahres zu mir selbst gesagt habe, dass ich sehr gut gewesen bin, weil ich mich schnell an die MotoGP gewöhnen konnte und viel gelernt habe.

Wieso bist du von Suzuki weg und zu Yamaha?

Das war eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen konnte. Emotional war es nicht einfach, weil meine Beziehung zu Suzuki sehr intensiv war. Aber ich musste es ausprobieren,

Hast du gehofft, dass du bei Yamaha ein Motorrad bekommst, dass dir Erfolge garantiert?

Ja (lacht). Jetzt lache ich, aber ja. Ich habe gesehen, dass Jorge Lorenzo und Valentino Rossi immer auf dem Podest standen und Rennen gewannen. Das war der Grund, warum ich den Wechsel gewagt habe. Es war sehr schwierig für mich, Suzuki zu sagen, dass ich sie verlassen würde.

Valentino Rossi und Marc Márquez haben eine Gruppe von vertrauenswürdigen Leuten um sich herum; du hast das nicht.

Naja, ich versuche, mir so eine Gruppe aufzubauen. Das ist nicht leicht, weil ich noch nie länger als zwei Jahre beim gleichen Team war. Ich habe immer versucht, Leute um mich zu scharen, denen ich vertraue, aber es ist nicht einfach.

Wie lebt es sich im Schatten von Valentino?

Ich würde nicht sagen, dass ich in seinem Schatten stehe. Ich glaube, dass ich mir meinen Platz verdient und erkämpft habe, vor allem letztes Jahr. Dieses Jahr war schwieriger. 2017 hat Yamaha 100 Prozent in mich investiert und wir sind eine gute Saison gefahren, obwohl am Schluss viel schief gegangen ist mit dem Chassis und den Reifenwechsel. Aber ich glaube, dass sie sich stark auf mich konzentriert haben. Ich hatte letztes Jahr gute Resultate und ich war glücklich; dieses Jahr ist es das Gegenteil. Ich habe mich in der Vorsaison überhaupt nicht wohl gefühlt. Ich konnte den Weg von 2017 nicht weitergehen. Das hätte ich mir gewünscht, aber die diesjährigen Resultate sind selbstredend.

Du bist ein Fahrer, der nicht gerne rumpöbelt, wenn etwas schiefläuft. Es sieht aus, als würdest du alles selbst klären wollen.

Es gibt gute und schlechte Zeiten. Ich glaube, dass meine Rennkarriere lange andauern kann, weil es mir physisch gut geht. Ich hatte nicht viele Verletzungen und ich sitze leidenschaftlich gerne auf dem Motorrad. Ich hoffe, dass die Pechsträhne vorübergeht und das Beste noch vor mir liegt. Man sagt ja, dass man aus Fehlern und Problemen lernt, obwohl es mir persönlich – ganz ehrlich – lieber ist, von den guten Momenten zu lernen.

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