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Phillip Island: Aus der Ruine wurde ein Schmuckstück

Von Günther Wiesinger
SPEEDWEEK.com recherchierte, wie es Fergus Cameron gelang, Phillip Island 1989 zum reizvollen Schauplatz des Australien-GP zu machen. Wayne Gardner und Mick Doohan entfachten dann eine GP-Euphorie.

Beim Phillip Island-GP kam es zu einem Wiedersehen mit Fergus Cameron, der den Motorrad-GP 1989 in den Staat Victoria nach Australien gebracht hat. Der 72-Jährige war bis 2022 Managing Director des Phillip Island Circuits und hat sich jetzt zurückgezogen.

Der Australier schildert im Interview mit SPEEDWEEK.com, wie er den GP-Zirkus in diese entlegene Gegend der Welt holte und welche Anstrengungen nötig waren, um in all den Jahren mit den neuen GP-Austragungsorten von Sepang bis Doha/Katar Schritt zu halten, wo Geld keine große Rolle spielte. «Es war großartig zu hören, dass auch in diesem Jahr wieder einige GP-Fahrer betonten, Phillip Island sei die schönste Rennstrecke der Welt», strahlte Cameron, dessen Grand Prix-Event zwei Jahre lang der Corona-Epidemie zum Opfer gefallen war.

Bereits ab 31. März 1928 wurden auf Phillip Island auf einem nicht asphaltierten Straßenkurs erste Rennen gefahren, er war 10,4 km lang. 1935 wurde er auf 19,3 km erweitert. Aber nach 1941 wurde wegen der Kurs wegen der intensiven Staubentwicklung stillgelegt.

1952 begannen ein paar Enthusiasten mit dem Design des permanenten Phillip Island Circuits; aber erst im März 1956 folgte die Eröffnung. Später im Jahr fand das erste Motorrad-Club-Meeting statt. Die Piste wurde jedoch in erster Linie für Autorennen genutzt, das größte Zugpferd war ein Tourenwagen-Event namens «Armstrong 500».

Aber jeweils am Neujahrstag wurde der Victoria-GP für Motorräder durchgeführt, der spätere Weltmeister Tom Phillis gewann dort von 1959 bis 1961 zwölf Rennen auf Honda und Norton, er wurde zum «King of Phillip Island» ernannt.

Wiederaufbau 1962

1962 fand ein Besitzerwechsel statt, als die Piste von Len Lukey gekauft wurde, der gemeinsam mit PIARC ein Wiederaufbau-Programm startete. 1967 ging es mit neuen Rennen wieder los.

Eine neue goldene Ära bahnte sich an, doch Lukey starb 1978, dann wurde der Circuit wieder verwahrlost, es gab nur sporadische Race Meetings.

Bis heute erinnert die malerische «Lukey Heights» Kurve an deneinstigen Eigentümer.

Unvergesslich bleibt der erste Phillip-Island-GP 1989, mit einer Fünfergruppe mit Gardner, Schwantz, Rainey, Magee und Christian Sarron und Co. an der Spitze. Auf den schmalen Zufahrtsstraßen kamen 90.000 Zuschauer auf die Insel, so dass die Rückfahrt nach Melbourne wegen des Riesenstaus statt der üblichen zwei Stunden bis Montag 5 Uhr früh in Anspruch nahm.

Auch 1990 fand der Grand Prix wieder statt, neuerlich in den Klassen 125, 250 und 500 ccm. Danach wanderte der WM-Lauf nach Eastern Creek bei Sydney ab, weil im Staat Victoria damals schon ein Tabakwerbeverbot herrschte und in New South Wales noch für die Glimmstengel geworben werden durfte.

Das war reizvoll, denn damals existierte kaum ein Spitzenteam ohne Zigarettensponsor – von Marlboro, Rothmans, Barclay, Lucky Strike, HB, Parisienne, Chesterfield, West, Ducados, Fortuna und Cabin bis zu Camel.

Eastern Creek hielt sich danach von 1991 bis 1996 sechs Jahre lang als Austragungsort des  Australien-GP.

Mit Unterstützung der Regierung von Victoria gelang für 1997 die Rückkehr des GP-Events. Denn inzwischen wurde Geld in eine neue Boxenanlage investiert, und ab 1992 war nicht mehr die FIM, sondern die Dorna für die Vergabe der Austragungsrechte zuständig.

2019 wurde das 30-jährige GP-Jubiläum gefeiert.

1990 gastierte die Superbike-WM erstmals auf Phillip Island, seither trat die SBK jedes Jahr dort auf – mit Ausnahme von 1993 und 2021.

Während anfangs noch große Teile des Fahrerlagers nicht asphaltiert waren, weil die bäuerlichen Besitzer der Liegenschaft nicht dauernd frisches Geld investieren wollten, verlangte die Dorna nachdrücklich eine verbesserte Infrastruktur im Paddock. Man wollte die Teams nicht mehr in Zelten hausen lassen. Denn in Europa entstanden damals immer mehr moderne neue Strecken von Jerez über Catalunya bis zu Brünn, andere wurden adaptiert wie Misano und später Mugello oder der Österreichring.

«Es waren deshalb auch in Phillip Island signifikante Investitionen nötig», erinnert sich Fergus Cameron. «Aber die meisten Teilhaber waren in einem Alter, in dem sie kein Geld in eine Rennstrecke stecken wollten.»

2004 ging die Piste in den Besitz von Lindsay Fox über

Deshalb stieg 2004 der populäre Milliardär und Ex-Footballer Lindsay Fox mit seinem Unternehmen «Linfox Property Group Pty Ltd» als Investor ein. Er erwarb die Rennstrecke für einen kolportierten Kaufpreis von 13 Millionen australischen Dollar. Heute kümmert sich sein Sohn Andrew Fox um den Circuit.

Unter dem neuen Besitzer wurde sofort ein «AUS $2 million safety upgrade» durchgeführt, die Rennstrecke modernisiert und eine neue Boxenanlage errichtet.

Als MotoGP-Promoter tritt seit Jahren die Australian Grand Prix Corporation (AGPC) auf, die auch den Formel-1-GP in Melbourne veranstaltet.

Immer wieder wurde in den letzten Jahren diskutiert, wer die Investitionen an der Rennstrecke bezahlt, zum Beispiel auch den neuen Belag für 2013.

Immerhin bekamen die Australier einen 10-Jahres-Vertrag bis inklusive 2026.

Zu Beginn wollten die Politiker vom Phillip Island Circuit nicht viel wissen, die Eigentümer waren auf sich allein gestellt. Es handelte sich um Bauern aus der Umgebung, die in der 1980er-Jahren mühsam die erforderlichen 700.000 Dollar aufgebracht hatten. Fergus Cameron hatte damals nur 60 Tage Zeit, um mit diesem Syndicat den Kaufpreis aufzutreiben.

«Die Rennstrecke war eine Ruine. Die Gebäude waren heruntergekommen, die Fenster zerbrochen, überall weideten Schafe», erinnert er sich.

Das Rennstreckenareal erstreckte sich über unfassbare 121.000 Hektar. Das meiste davon war damals landwirtschaftliche Nutzfläche, die Rennstrecke völlig heruntergekommen.

Fergus Cameron, der selbst aus einem Farmbetrieb stammte, trieb innerhalb der geforderten 60 Tage genügend Geldgeber auf und übernahm 1985 den Phillip Island GP Circuit mit dem neu gegründeten Konsortium namens Placetac Pty Ltd.

Als Wayne Gardner 1987 als erster Australier die 500-ccm-World Championship gewann, entstand in Australien eine riesige Motorradsport-Euphorie. Sie fand ihren Höhepunkt, als Mick Doohan fünf 500-ccm-WM-Titel in Serie gewann. «Quick Mick» ist zudem der einzige GP-Pilot, der in Eastern Creek (1992, 1995) und Phillip Island (1998) siegte. Casey Stoner triumphierte dann von 2007 bis 2012 auf Phillip Island sechsmal hintereinander.

Dem pfiffigen Geschäftsmann Fergus Cameron war rechtzeitig zu Ohren gekommen, dass der Motorrad-Weltverband FIM 1989 der australischen Föderation einen Grand Prix zusagen werde.

Ingenieur und Rennpromoter Bob Barnard und seine Barfield Company wählten Phillip Island als Schauplatz aus. Die Piste wurde um 0,5 km auf 4,445 km gekürzt und um den stattlichen Betrag von A$ 5 Millionen aufgewertet und aufgerüstet. So brachte Bob Barnard die Anlage für den ersten Motorrad-GP 1989 auf Vordermann.

Ferguson: «Wir bekamen den Zuschlag für 1989, dann wurde sofort mit der Renovierung des Phillip Island Circuits begonnen. Aber das Wetter war im Juli, August und September 1988 so schlecht, dass wir die Arbeit ruhen lassen mussten, alles war verschlammt. Wir machten uns große Sorgen, ob wir für den Grand Prix im April 1989 bereit sein würden, denn wir hatten nur überschaubare finanzielle Ressourcen. Aber wir konnten alles rechtzeitig fertigstellen.»

Tatsächlich: Die Wiedereröffnung des Phillip Island Circuits fand pünktlich am 4. Dezember 1988 statt.

Fergus Camerons Frau Chris war in all den GP-Jahren als wichtige Person für die Administration und Logistik zuständig und wertvoller Bestandteil des Grand Prix.

Beim Motorrad-Grand Prix 2022 kamen die Camerons am Samstag in Begleitung von Craig Hemsworth, dem Vater der weltberühmten Schauspieler Liam und Chris Hemsworth, die zwei Kilometer von der Rennstrecke aufgewachsen sind, ins Fahrerlager. Auch Chris Hemsworth (er war mit Miley Cyrus liiert) kam diesmal wieder zum Grand Prix auf Besuch.

Erstmals seit 1989 erschienen Fergus und Chris Cameron diesmal am Sonntag nicht an die Rennstrecke, sie schauten sich die Rennen mit etwas Wehmut daheim im Fernsehen an.

Sie wohnen nur 10 Minuten vom Circuit entfernt, in derselben Straße wie Craig Hemsworth.

«Bisher hatten wir bei allen Grand Prix und Superbike-WM-Rennen immer einen Abend bei uns im Haus. Wir haben befreundete Teammanager und Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta, Race Director Mike Webb, Franco Uncini und so weiter zum Abendessen eingeladen», erzählten Fergus und Chris Cameron. «Es gab dann meistens einen Sing-Wettbewerb zwischen Australiern, Spaniern und Italienern. Das waren unterhaltsame Abende.»

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