Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

2014: Ein ‹Opening› für Ducati?

Kolumne von Michael Scott
Was bringt die Saison 2014 für den abgeschlagenen MotoGP-Rennstall von Ducati? Darf man mit überraschenden Entscheidungen rechnen oder setzt sich das Trauerspiel fort?

Man sollte das Unerwartete immer begrüßen, doch die MotoGP-Saison 2014 scheint nicht viele Überraschungen zu bieten. Zumindest nicht an der Spitze, wo der fehlerlose Jorge Lorenzo und die M1 nach noch mehr Perfektion streben, um Titeldieb Marc Márquez und seine RCV zu schlagen.

Wenn man den Blick auf Ducati lenkt, dann erkennt man die Hoffnung auf Überraschungen. Können sie eine Veränderung erreichen? Wird die jüngste Eroberung, der Ex-Aprilia-Ingenieur Gigi Dall’Igna, der Zauberer sein, der die Misere der letzten Jahre vergessen machen kann?

Es sind deprimierende Zeiten für die italienischen Herausforderer und es zeichnet sich kein Wandel ab. Seit Stoner ging und Rossi kam, gab es keine Fortschritte. Valentino fand sich auf der stets anwachsenden Liste der Fahrer wieder, deren Karrieren während ihrer Zeit im roten Kombi stark litten.

Sogar äußerst loyale Sponsoren wie Marlboro vermitteln indes den Anschein, dass sie auf einen abfahrenden Zug aufspringen wollen. Das Ende dieser Zusammenarbeit wäre ein noch größerer Schlag, als der bisherige Verlust von Lichtgestalten, die nicht nur Top-Fahrer sondern auch den Erfinder der Desmosedici, Filippo Preziosi, und den erfolglosen deutschen Retter Bernhard Gobmeier, einschließen.

Ducati und die Open-Kategorie

Nun kamen Spekulationen auf, ob Ducati selbst den Notausgang wählt. Damit ist nicht der Abschied aus der MotoGP-Klasse gemeint, aber ein Abstieg in die neue Open-Kategorie. Dies würde bedeuten, dass die Italiener Honda und Yamaha das Feld der Werksmaschinen gänzlich überlassen. Die Werksteams müssen mit weniger Treibstoff und einer streng limitierten Anzahl an Motoren auskommen, die ab diesem Jahr erstmals ‹eingefroren› werden, was eine Weiterentwicklung während der Saison untersagt. Im Gegenzug erhalten die Werksteams Freiheit bei der Elektronik ihrer Maschinen. Ducati hat nun die Möglichkeit, sich auf einem niedrigeren Niveau mit den privaten Teams und den Production-Racern zu messen, weichere Reifen zu verwenden und in Ruhe zu entwickeln.

Ducati dementiert die Downgrade-Pläne und betont, dass sie für Yonny Hernandez bereits ein Bike nach dem Open-Reglement zur Verfügung stellen. Trotzdem gibt es Anlass zu Gerede, denn es wird vermutet, dass die Werkspiloten Andrea Dovizioso und Neuzugang Cal Crutchlow, abhängig von den Testresultaten, vielleicht auch auf die niedrigere Stufe wechseln. Dies würde den neuen Führungskräften zumindest etwas mehr Handlungsspielraum lassen, was auch die Chance einschließt, einen Neustart zu schaffen. Viele sehen darin die einzige Hoffnung für Ducati.

Das Jahr begann ohnehin mit einem Rückschlag: Zum ersten Mal in den 24 Jahren des traditionellen Marlboro «Wrooom», der Präsentation der Ferrari- und Ducati-Werksteams, wurde die Veranstaltung abgesagt. Wrooom war immer eine riesige Werbeveranstaltung, die mitten im Winter für abenteuerlustige Journalisten stattfand, die drei Tage voller Skifahren, Freiluftbars, viel Essen und häppchenweise preisgegebener ‹Neuigkeiten› schätzten. Genau diese wählten übrigens die unzähligen TV-Clips aus, die Michael Schumacher in Marlboro-Ferrari-Kleidung beim Skifahren zeigen, nachdem der Formel-1-Held und Motorradliebhaber sich bei seinem Skiunfall so schwer verletzt hatte.

Die Veranstaltung wurde im letzten August aus finanziellen Gründen abgesagt. Dies schützte Ducati auch vor Witzen, die sich auf den Hersteller und schnelle Bergabfahrten beziehen.

Dies hätte zum trockenen Humor des gut bezahlten Neuzugangs Cal Crutchlow gepasst. Sein Sinn für Humor wird in den folgenden Monaten wohl noch öfter auf die Probe gestellt werden. Am vierten Februar werden sich er und sein Teamkollege Dovizioso dem MotoGP-Zirkus auf dem Sepang Circuit anschließen. Es wird erwartet, dass sie dort die Werksmaschine und eine Open-Version der Ducati testen. Die endgültige Entscheidung wird wohl zum Großteil von der Performance der Software der Einheits-ECU abhängen, die sie dort erstmals testen werden.

Cal Crutchlow ist auf einen außer Kontrolle geratenen Zug aufgesprungen, der in die falsche Richtung rast. Die Unterschiede mögen in der MotoGP-Klasse gering sein, aber sie wirken in dieser exklusiven Umgebung umso größer. Zudem wird Ducatis größte Stärke, die Pferdestärken, von allen Kleinigkeiten, die diese Maschinen bis ins kleinste Detail verbessern, untergraben. Die japanischen Rivalen machen hierbei einfach einen sehr guten Job.

Die Vorteile der Open-Klasse

Falls sich Ducati für die Open-Klasse entscheidet, birgt dies mögliche Vorteile. Sie haben vier Liter Treibstoff mehr zur Verfügung und dürfen 12 statt fünf Motoren einsetzen. Auf diese Weise könnte Ducati die Stärke der Maschine ausspielen, indem sie noch mehr Power freisetzen.

Die größten Hoffnungen ruhen auf den letzten Personalwechseln, wobei die größte Veränderung an der Spitze stattfand. Der neue Boss ist der bärtige Gigi Dall’Igna, dessen Leistungen bei Aprilia beeindruckend sind. Er wird die technische und organisatorische Oberhand über Paolo Ciabatti, der letztes Jahr als Teammanager zurückkehrte, und Heimkehrer Davide Tardozzi haben. Tardozzi leitete das Superbike-Team über viele Jahre hinweg und feierte sieben WM-Titel mit Fahrern wie Fogarty, Bayliss, Corser, Toseland und Hodgson.

Durch eine Laune des Schicksals hatte Tardozzi Ducati verlassen, um das Superbike-Team von BMW zu leiten. Doch noch vor dem Ende des ersten Jahres wurde er entlassen. Sein Ersatz war Gobmeier, der zu Ducati kam, nur um dasselbe Schicksal zu erleiden.

Neue Gesichter, neue Hoffnungen, neue Resultate? Niemand wird darauf mehr gespannt sein, als der neue britische Fahrer und sein altgedienter früherer Yamaha-Teamkollege Dovizioso. Lasst uns hoffen, um unser und deren Willen, dass die neue Richtung ihnen helfen wird, sich wieder in den Kreis der konkurrenzfähigen Hersteller einzureihen.

So sehen die MotoGP-Teams für 2014 aus:

Nr. Fahrer (Nation) Team Motorrad
4 Andrea Dovizioso (I) Ducati Team Ducati *
5 Colin Edwards (USA) NGM Mobile Forward
FTR-Yamaha
6 Stefan Bradl (D) LCR Honda Honda *
7 Hiroshi Aoyama (J) Power Electronics Aspar Honda
8 Héctor Barbera (E) Avintia Blusens Kawasaki
9 Danilo Petrucci (I) Iodaracing Project ART-Aprilia
12 Leon Camier (GB) Iodaracing Project ART-Aprilia
17 Karel Abraham (CZ) Cardion Ab Motoracing Honda
19 Alvaro Bautista (E) Go & Fun Honda Gresini Honda *
23 Broc Parkes (AUS) Paul Bird Motorsport PBM-Aprilia
26 Dani Pedrosa (E) Repsol Honda Team Honda *
29 Andrea Iannone (I) Pramac Racing Ducati *
35 Cal Crutchlow (GB) Ducati Team Ducati *
38 Bradley Smith (GB) Monster Yamaha Tech 3 Yamaha *
40 Pol Espargaró (E) Monster Yamaha Tech 3 Yamaha *
41 Aleix Espargaró (E) NGM Mobile Forward
FTR-Yamaha
45 Scott Redding (GB) Go & Fun Honda Gresini Honda
46 Valentino Rossi (I) Yamaha Factory Racing Yamaha *
63 Mike di Meglio (F) Avintia Blusens Kawasaki
68 Yonny Hernandez (CO) Pramac Racing Ducati
69 Nicky Hayden (USA) Power Electronics Aspar Honda
70 Michael Laverty (GB) Paul Bird Motorsport PBM-Aprilia
93 Marc Márquez (E) Repsol Honda Team Honda *
99 Jorge Lorenzo (E) Yamaha Factory Racing Yamaha *
* Prototypen mit 20 Liter Sprit im Rennen

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