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Toni Mang: «Bradl müssen die Leviten gelesen werden»

Von Sharleena Wirsing
Der fünffache Weltmeister Toni Mang weiß, warum Stefan Bradl trotz großem Talent noch nicht zu den Top-Piloten wie Márquez, Rossi, Pedrosa und Lorenzo aufschließen konnte.

In seiner äußerst erfolgreichen Karriere erzielte Toni Mang, der aus Inning am Ammersee stammt, fünf Weltmeistertitel. Der heute 64-Jährige ist der erfolgreichste deutsche Motorradfahrer. Er gewann 42 Grands Prix und stand insgesamt 84 Mal auf dem Podest. 1987 wurde er mit 38 Jahren noch einmal Weltmeister. So ging er in die Geschichtsbücher des Motorradsports ein.

Wer weiß besser als er, welche Details zum WM-Erfolg führen? Deshalb sprach SPEEDWEEK.com mit dem Bayern über den derzeit erfolgreichsten Deutschen: Stefan Bradl, der Moto2-Weltmeister von 2011.

Er ist eindeutig Mangs aussichtsreichster Nachfolger der letzten Jahre. Seit seinem MotoGP-Aufstieg 2012 liegen die deutschen Hoffnungen auf dem 24-Jährigen. Doch 2014 läuft es für den Zahlinger alles andere als rund. Nach neun Rennen liegt er nur auf Rang 9 der WM-Tabelle. Vor der Saison hatte sich Bradl Podestplätze und die Top-5 zum Ziel gemacht.

Der fünffache Weltmeister Toni Mang sieht mehrere Gründe für Bradls Tief: «Stefan braucht jemanden, der ihm beim Training wenn nötig die Leviten liest. Ich hatte das Glück, dass ich einen Trainer fand, der zwölf Jahre bei der Bundeswehr war, hundert Kilo hatte, zwei Meter groß war und auch als Sportlehrer Erfahrung hatte. Er hat mich richtig geschunden. Der hatte Sprüche drauf wie: ‹Wenn du nicht mehr kannst, dann kannst du das auch nicht mehr sagen› oder ‹Wenn du im Wasser nicht schwitzt, dann hast du nur gebadet.› Das ist wahr, wenn man richtig am Ende ist, kann man das auch nicht mehr sagen. Es gab kein schlechtes Wetter und wir haben Winter wie Sommer draußen trainiert. So ist das Training viel abwechslungsreicher und durch Schnee oder Eis auch viel härter. Natürlich muss man dabei auch menschlich zusammenpassen.»

Mang weiter: «Man muss als WM-Pilot trainieren, dass man auch etwas zustande bringt, wenn einem fast schwarz vor den Augen wird. Zudem muss das Training immer zur richtigen Zeit stattfinden, denn der Körper stellt sich auf diese intensive Beanspruchung ein. Man kann nicht im 9 Uhr morgens trainieren, wenn die Rennen immer um 14 Uhr nachmittags stattfinden. Der Körper reagiert auf Kleinigkeiten. Das unterschätzen einige. Auch mental ist es sehr wichtig zu wissen, dass man einen körperlichen Vorteil hat und einen Gegner besiegen kann, weil man noch mentale und körperliche Reserven hat. Achtzig Prozent des Erfolgs macht mentale Stärke aus.»

Mang: «Márquez steht mental über den anderen Fahrern»

Weltmeister Marc Márquez hat die Eigenheiten seines Körpers und den Einfluss auf die mentale Leistungsfähigkeit erkannt, versichert Mang: «Man muss ihn nur beobachten. Bereits vor zwei Jahren habe ich ihn einmal beim Essen getroffen. Eine Stunde vor dem Rennen aß er konsequent seine Pasta. Das Timing war perfekt. Es lieferte Energie für das Rennen, lag ihm durch den zeitlichen Abstand aber nicht im Magen. Sein Tagesablauf ist perfekt getaktet. Er weiß genau, um was es geht. Er steht mental über den anderen Fahrern, weil er weiß, dass er alles richtig oder zumindest nur wenig falsch macht. Dadurch hat er auch so viel Spaß und ist so locker. Dafür braucht man eine mentale Überlegenheit. Diese Sicherheit und dieses Vertrauen in sich selbst hat Stefan nicht. Wenn er diesen Sport professionell betreibt, müssen auch das Umfeld und die Lebensführung absolut professionell sein. Das muss er wissen und sich immer wieder klarmachen. Denn es macht den Eindruck, dass dabei noch Luft nach oben ist. Der Sport muss über allem stehen, auch über den finanziellen Anreizen. Geld darf einen nicht interessieren. Die Leidenschaft ist entscheidend.»

Sein Talent und seine Fähigkeiten hat Stefan Bradl bereits mehrfach gezeigt, aber um ganz vorne mitspielen zu können, fehlt dem Bayern der letzte Funke. «Stefan hat bereits bewiesen, dass er es kann. Er hat natürlich viel Talent, aber die letzten winzigen, aber entscheidenden Details fehlen. Man muss zu Änderungen bereit sein und wirklich hart arbeiten. Man muss sich nur Rossi ansehen. Er ist topfit. Das ist in diesem Alter noch viel schwieriger. Zudem hatte er schon unglaubliche Erfolge und muss auch nicht mehr wegen Geld fahren. Weltmeister werden spielt für ihn nicht mehr die entscheidende Rolle, aber er motiviert sich durch Spaß. Davon müsste sich Stefan eine Scheibe abschneiden. Ihm fehlt in den letzten Runden noch immer die Fitness. Es geht nicht um Kraft. Man braucht die Kondition für die Konzentration, denn diese ist unwahrscheinlich anstrengend. Im Grenzbereich fehlt ihm die Konzentration. Nur so kann man in den letzten zwei Runden noch eine Top-Zeit fahren.»

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