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MotoGP und Kunstrasen: Diskussion neu entflammt

Kolumne von Michael Scott
Stefan Bradl wurde der Kunstrasen 2013 in Sepang zum Verhängnis, in Aragón kamen Rossi und Iannone deswegen zum Handkuss. Die Meinungen gehen auseinander.

Aragón. Regen in der Halbwüste. Die Konditionen waren so schlecht, dass sie Márquez dumm dastehen lassen könnten. Und Pedrosa. Und zwei weitere Berühmtheiten aus dem MotoGP-Zirkus: Rossi und Iannone.

Der sogenannte «Maniac-Joe» war der Erste, der stürzte und ausfiel. Er hatte extremes Glück. In den ersten paar Runden lag er an zweiter Stelle, bis er zu weit rausfuhr und über die Markierungen rutschte. Es hätte fast an keinem ungünstigeren Ort passieren können... An einer Stelle, an dem die Grenzen der Strecke mit künstlichem Grass markiert waren. Es war nass und unglaublich rutschig. Seine Ducati schlug es sofort auf die Seite.

Zuerst hielt er sich daran fest und kam wieder auf die Strecke zurück, während er um die Kontrolle über das Motorrad kämpfte. Aber sein Plan ging nicht auf, sodass das Ergebnis unvermeidbar war. Er stürzte. Dieses Mal rutschte er in die Richtung von echtem Rasen. Die Ducati warf ihn ab und überschlug sich neben ihm. Sie kam ein bisschen mehr als einen Meter nahe, bevor sie auf ihm landete.
Nicht viel später erlitt Rossi dasselbe Drama. Er versuchte Pedrosa zu überholen, als dieser versehentlich dafür sorgte, dass Rossi einen weiten Umweg machen musste. Ebenfalls auf einem Stück Kunstrasen. Dahinter war ein asphaltiertes Auslauffeld, wo Rossi sich hätte retten können. Aber als die Yamaha dort ankam, lag sie schon auf der Seite.

Auch der Misano-Sieger wurde gewaltsam abgeworfen und hatte Glück, dass die 160-kg-Maschine nicht auf ihm landete.
Alles in allem kamen die beiden Fahrer und die MotoGP selbst glimpflich davon. Sie können sich die Reaktionen vorstellen, wenn einem der beiden, besonders Rossi, etwas Fatales passiert wäre. Und wenn es den Kunstrasen nicht gäbe, wären beide möglicherweise gar nicht gestürzt.

Casey Stoner war gegen Kunstrasen

Gott sei Dank wurde die Schärfe aus den unvermeidlichen folgenden Debatten genommen, obwohl alle Fahrer, mit denen ich gesprochen habe, dasselbe sagten: «Das ist ein Thema, dass bei der Safety Commission immer und immer wieder aufkommt.»

Danach hörte man verschiedene Meinungen, obwohl in einer Probeabstimmung die Mehrheit Casey Stoner zustimmte, der vor einigen Jahren seiner Meinung Ausdruck verlieh, als Auslaufzonen mit Kunstrasen häufiger wurden.

Der Australier war ausdrücklich gegen sie, weil es bedeutete, dass ein Fahrer einen Fehler machen, von der Fahrbahn abkommen und die Situation retten konnte und danach wieder die Möglichkeit hatte, ins Rennen einzusteigen. Mit einem undefinierten Limit werden die Fahrer dazu eingeladen, zu hart zu pushen, ohne dafür eine richtige Strafe zu erhalten.

«Ich glaube, wenn du einen Fehler machst, solltest du bestraft werden», sagte der kompromisslose australische Champion damals. In anderen Worten, man sollte stürzen.

Eine krasse Einstellung, aber eine, die von Nicky Hayden geteilt wird. «Die Strecke muss irgendwo Grenzen haben», sagte der Amerikaner.

Wenn das nicht der Fall ist, ist das ein unfairer Vorteil. Das war ein besonders akutes Problem beim vorigen Rennen in Misano, wo die vergrösserte künstliche Auslaufzonen verschiedenste Möglichkeiten bietet, das Limit zu überschreiten, ohne dafür bestraft zu werden und sogar Abkürzungen zu nehmen.

Ich bin mir nicht sicher, wie viele Fahrer auf diese Art und Weise unerlaubte Übungsrunden hatten, aber in der Moto2 wurden nicht weniger als sechs Fahrer dafür bestraft und mussten sich eine Position zurückfallen lassen. Drei davon sogar einen Platz, nachdem die karierte Flagge gehisst worden war. Der ewig-glücklose Jonas Folger erlitt sogar eine Durchfahrtsstrafe, nachdem er es nicht geschafft hatte, sich schnell genug zurückfallen zu lassen.

Okay, geht halt nicht anders. Die Strecke muss irgendwie ein Ende haben. Aber wenn diese Grenze nasses künstliches Gras ist, scheinen die Strafen ein bisschen zu hoch.

Es gibt auch noch ein anderes Problem mit diesem Ersatzrasen. Nämlich eines, auf das Stefan Bradl letztes Jahr in Malaysia traf.
Der Bayer rutschte damals im FP4 in der langsamsten Kurve der Strecke aus, während er immer noch auf dem Asphalt war. Und zwar passierte ihm ein normalerweise harmloser Lowsider. Er und sein Bike rutschten ganz normal weg und er konnte erwarten, dass er unversehrt aus der Situation herauskommen würde. Aber seine Honda riss mit der Fussraste das zweite Stück des lose zusammengefügten Kunstrasens auf, bevor der auf dem Hosenboden rutschemde Fahrer mit den Füssen voran auf diese Stelle traf. Bradls Fuss samt Knöchel wurde beim Aufprall auf das hochragende Stück Rasen umgeknickt, ein Knöchelbruch war die Folge. Bradl verpasste zwei Rennen! Nicht schön – und völlig vermeidbar.
Es war trotzdem ein aussergewöhnliches Ereignis. Manche Fahrer ziehen den Kunstrasen anderen Alternativen vor. Zum Beispiel Kies. Nochmals Hayden: «Kies sorgt dafür, dass es dich immer und immer wieder überschlägt. So brichst du dir die Knochen. Es ist besser zu rutschen, sogar auf Kunstrasen, auch wenn es dein Leder ruiniert.»

Kunstrasen wird auch auf Sportfeldern benutzt. Deshalb die Zitate des britischen Fussballspielers George Best als auch vom amerikanischen Kollegen Joe Namath und vom Baseball-Pitcher Tug McGraw, als sie gefragt wurden, welches Material ihnen lieber sei: «Ich weiss es nicht. Ich rauche normalerweise kein künstliches Gras.»

Die Hauptfunktion des Kunstrasens an der Rennstrecke ist, dass er eher dekorativ als funktionsfähig ist. So sollte es nicht sein.
Immerhin ist künstliches Gras immer noch besser als künstliche Bäume.

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