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Dirk Debus (Forward): «Stefan hat noch Reserven»

Von Günther Wiesinger
Dirk Debus mit Stefan Bradl

Dirk Debus mit Stefan Bradl

Der deutsche Data-Recording-Professor Dirk Debus lobt die Zusammenarbeit mit Stefan Bradl bei Forward-Yamaha. Er rechnet mit weniger Stürzen und mit dem Gewinn der Open-Class.

Stefan Bradl gelang an den drei Sepang-Testtagen im Forward-Yamaha-Team ein achter, ein elfter und ein achter Tagesrang, auch in der Endabrechnung resultierte Platz 8. Rückstand auf Marc Márquez: 1,427 Sekunden. Der Vorsprung auf den zweitbesten Open-Class-Fahrer (Héctor Barbera auf der Avintia-Ducati) lag bei 0,889 Sekunden.

Dirk Debus, Elektronik-Ingenieur und Mitbegründer der Firma «2d datarecording», ist bei Forward gemeinsam mit Tex Geissler für die Elektronik verantwortlich. Er hat schon für Asse wie Max Biaggi und Loris Capirossi gearbeitet und freut sich, erstmals mit einem deutschen MotoGP-Fahrer arbeiten zu können.

Dirk, Sepang war der erste richtige Drei-Tage-Test für Stefan Bradl bei Forward. Wie ist er aus deiner Sicht verlaufen? Du hast vermutet, die deutsche Sprache werde hilfreich sein. Hilft sie wirklich?

Ja, sie hilft. Auch wenn es Bayerisch ist... (Er schmunzelt). Ja, man tut sich leichter. Stefan, Tex und ich verstehen uns gut. Wir können viele Details rüberbringen, auch bei fahrerischen Hinweisen. Man kann rascher erklären, ob man etwas ernst oder spassig meint, damit es nicht als Kritik, sondern als Information aufgefasst wird. Das klappt sehr, sehr gut.
Stefan muss sich noch ans Motorrad gewöhnen, er fährt sehr sauber. Der Unterschied zur Honda ist krass.
Wenn du nur rumfährst, ist es nicht wild. Aber wenn du wirklich gute Zeiten fahren willst, musst du viele Details wissen. Deshalb haben wir am Motorrad bisher nicht so viel geändert. Wir haben nur zwei, drei Chassis-Änderungen probiert.
Bei der Traction-Control haben wir meist etwas gemacht und nachher geguckt, was er dazu sagt und sind dann wieder zurück auf den «base run». Nachher haben wir die nächste Änderung gemacht und wieder zurück.
Wir sind also nicht weiter, weiter, weiter gegangen, sondern haben uns auf Einzelschritte beschränkt, um Informationen zu kriegen, weil halt bei der Open-ECU auch vieles neu ist.
Für den zweiten Sepang-Test werden wir die Sachen, von denen wir meinen, sie besser sind oder ein Fortschritt, zusammenpacken und schauen, dass wir das Paket eine Stufe vorwärts bringen.
Wir haben uns darauf konzentriert, etwas zu finden, was am Scheitelpunkt der Kurve gut ist, damit sich Stefan dort sicher fühlt. Dann arbeiten wir Richtung Drive und Beschleunigung, damit wir da nicht zuviel Leistung wegnehmen, wenn das Hinterrad durchdreht. Gleichzeitig müssen wir dem Fahrer aber ein sicheres Gefühl geben, damit kein Highsider passiert.

Ihr habt auch die Schaltvorgänge optimiert?

Stefan ist von Honda ein sequentielles Getriebe gewöhnt. Aleix kam von einer Claiming-Rule-Aprilia, er kannte kein Seamless-Getriebe. Deshalb ist Stefan gewöhnt, dass er nur den Hebel nur anguckt – und der nächste Gang ist drin. Das war für Aleix nie ein Thema.
Colin Edwards kam von der CR-Kawasaki, deshalb hatte er an unserem Getriebe nichts auszusetzen.
Wir haben also für Stefan den Schaltwert eingestellt, ab welcher Kraft der Unterbrecher beim Schalten aktiviert wird. So konnten wir am Schaltvorgang ein paar Kleinigkeiten ändern, jetzt geht der Gangwechsel ein kleines bisschen schneller vor sich.

Bist du mit Bradls technischen Aussagen zufrieden?

Wir sind sehr zufrieden mit seinen Aussagen. Bei manchen Dingen ist Stefan extrem feinfühlig, er merkt viel und kann auch viel vermitteln, gerade was Reifengrip und Gewichtsbalance angeht.
Bei der Traction-Control liefert er bei manchen Dingen tolle Informationen, vor allem was die Unterschiede in den einzelnen Kurven über eine ganze Runde betrifft. Es gab auch ein paar Änderungen, die für uns am Computer sichtbar sind, bei denen er sagte, er spüre keinen Unterschied. Das müssen wir uns noch einmal in Ruhe anschauen.
Aber man muss nicht unbedingt alles spüren.

Du vermutest, dass bei Stefan Bradl der Unterschied zwischen der Qualifying-Zeit und den besten Rennrunden geringer sein wird als bei seinem Vorgänger Aleix Espargaró, weil der Spanier immer auf eine einzelne schnelle Runde hingearbeitet hat. Hat sich diese Vermutung bestätigt?

Das hat sich bewahrheitet. Wenn wir was gemacht haben, das bessere Zeiten ermöglichen sollte, dann kamen bessere Zeiten heraus. Wenn Stefan eine schnelle Runde gefahren ist wie die zwei schnellen Runden Freitagfrüh, dann waren sie identisch schnell.
Er hat bei diesem Run ungefähr die Hälfte von dem umgesetzt, was wir Donnerstagabend besprochen haben. Er ging dann gleich noch einmal mit einen neuen Hinterreifen raus und hat sich sofort wieder verbessert. Er hat alles umgesetzt, das war gut. Freitagnachmittag waren wir 1 bis 1,5 Sekunden schneller als die andern Fahrer. Das ist ein beruhigendes Gefühl.

Die Long-runs habt ihr euch für den nächsten Test aufgespart?

Ja, Stefan ist nie mehr als fünf oder sechs Runden gefahren, aber sehr viel mit alten, abgefahrenen Reifen, sie waren 20 Runden alt. Letztes Jahr waren unsere Fahrer mit solchen Reifen deutlich langsamer.
Stefan ist am Freitag am Schluss mit 18 Runden alten Reifen 2:00-min-Zeiten gefahren.

Stefan sagte, es sei eine gewisse Genugtuung, zwei Factory-Honda, eine Tech3-Yamaha und beide Suzuki besiegt zu haben.

Ich bin mit dem Ergebnis voll zufrieden. Die sieben Fahrer, die vor uns liegen, die wissen, wie es geht und haben super Material.

Stefan Bradl hat 2014 bei 18 Rennen sechsmal nicht gepunktet. Dein Ziel ist es, bei Stefan die Konstanz zu verbessern.

Ich glaube, dass er wesentlich weniger stürzen wird als im Vorjahr. Und ich hoffe, dass wir die Open-Class gewinnen.

Stefan sagte, es gehe ihm jetzt beim Fahren weniger durch den Kopf als in der letzten Saison. Sein Selbstvertrauen wächst. Du siehst sogar noch Spielraum für Verbesserungen?

Ja, ich habe ihm gezeigt, dass er an gewissen Stellen der Strecke viel zu langsam ist. Er hat geantwortet: «Danke, dass du das sagst, denn mit der Honda konnte ich in diesen Passagen gar nicht pushen, sonst wäre ich wieder irgendwo im Kiesbett gelandet.»

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