Marc Márquez: Wenn nur der Sieg genug ist

Kolumne von Michael Scott
Die ersten sieben Rennen 2015 sorgten für viele Überraschungen. Während Yamaha mit Rossi und Lorenzo sechs von sieben Rennen dominierte, raste Márquez von einer Niederlage zur nächsten.

Es ist ziemlich faszinierend, wie schnell Yamaha in dieser Saison Honda an den Rand gedrängt hat. Während Dani Pedrosa aussetzte und Marc Márquez mit monotoner Regelmäßigkeit von seiner Maschine flog, suchte das Yamaha-Duo sein Heil in der Flucht.

Sie setzen ihren Siegeszug scheinbar auch weiter fort. Lorenzo war in den letzten vier Rennen unschlagbar, aber der letzte Sieg in Barcelona war knapp. Wenn Rossi etwas gegen seine ewig schlechten Qualifying-Ergebnisse tun kann, wenn er neben oder eine Reihe hinter Jorge starten könnte, dann könnte sich das Blatt wenden.

In Barcelona hätte er in diesem Fall natürlich vermeiden müssen, dass er von Márquez getroffen wird. Die Honda streifte Lorenzo nur wie ein Windhauch, aber zwei Yamaha wären ein größeres Ziel gewesen.

Was ist im Winter passiert? Im letzten Jahr schien Márquez seine jugendliche Unbesonnenheit hinter sich gelassen zu haben. Er ging noch immer regelmäßig über das Limit im Training, aber er gewann 13 Rennen und sammelte nur in einem Rennen keine Punkte. Das war in Australien, wo er eines der zahlreichen Opfer der sich schnell ändernden Asphalttemperaturen war. Er stürzte auch in Misano und im strömenden Regen von Aragón, aber er rappelte sich auf und holte Punkte.

Vom Gnadenlosen zurück zum Krawallbruder

Er war noch immer der Gnadenlose, aber nicht mehr so manisch. Er krachte kaum mehr in andere Fahrer, sein Ruf wurde sogar besser. Das war ein Resultat seines Selbstbewusstseins.

In diesem Jahr wurde ihm sein Selbstvertrauen geraubt. Er wurde wieder zu einem Krawallbruder.

Auf die Frage, ob Marc beim Barcelona-GP wieder gefährlich gefahren wäre, war das Yamaha-Duo amüsiert. «Seht euch mein Gesicht an. Ich muss nicht einmal darauf antworten», sagte Lorenzo, während er mit ernster Miene nickte. Rossi kicherte als Reaktion auf diese Frage. «Marc ist sehr freundlich, er mag es, uns sehr nah zu sein. Manchmal würde er gerne in dein Bike schlüpfen.»

Es sind die Taten eines verzweifelten Mannes. Verzweiflung scheint das Motiv zu sein, das sich durch Márquez’ Saison zieht. Seine WM-Chancen werden mit jedem Rennen geringer.

Der erste Sturz kam in Argentinien, als Rossi ihm die Führung in der Endphase des Rennens entriss. Márquez brach auseinander, er prallte zweimal gegen Rossi. Mein ersten Mal ziemlich hart, beim zweiten Mal stürzte er. Der nächste Abflug folgte in Mugello. Es war ein einfacher Sturz, bei dem mit zu hoher Geschwindigkeit das Vorderrad wegrutschte.

Dann folgte die nächste Runde in Katalonien. Wieder kam es zu einer Berührung und einem Sturz. Man muss seine Entschlossenheit bewundern. Nur der erste Platz ist gut genug für ihn. Daran hat er sich gewöhnt – über Jahre hinweg. Paradoxerweise macht ihn das, im Kontext der Weltmeisterschaft, zu einem schlechteren Rennfahrer, was das Punkte sammeln angeht. Es gibt Gelegenheiten, bei denen es technische oder andere Umstände unmöglich machen, zu gewinnen. An diesen Tagen muss man sich mit Platz 2 oder schlechter abfinden. Man wird dann vielleicht als berechnender Fahrer abgestempelt, aber man häuft Punkte an.

Márquez’ fehlt das Yin zu seinem Yang

In diesem Jahr, nach sieben Rennen, hat Márquez nur einmal gewonnen. In Jerez akzeptierte er den zweiten Platz, nachdem er kurz zuvor am Finger operiert wurde. Doch drei Ausfälle bedeuten, dass er deutlich hinter Iannone und Dovizioso liegt, die kein Rennen gewannen. Er liegt tatsächlich nur einen Punkt vor Yamaha-Satelliten-Pilot Bradley Smith, der bisher beeindruckend konstant war. Auf diese Weise ist er das Yin zu Márquez’ Yang.

Abgesehen von Márquez' Fingerverletzung änderten sich 2015 die technischen Umstände. Yamaha hat mehr verstecktes Potenzial aus dem Reihenvierzylinder herausgeholt als Honda aus dem V4. Die Honda galt bis zu diesem Jahr als die bessere Maschine. Der V4-Motor ist kompakter als der Reihenmotor, daher bietet er mehr Variationen bei der Platzierung. Zudem braucht er keine Power raubende Ausgleichswelle. Doch das Paradox setzt sich fort. Irgendwie entstand ein Vorteil.

Der Unterschied am Kurveneingang

Der Unterschied ist in diesem Jahr in einem bestimmten Bereich zu beobachten – dem Kurveneingang. Dort leidet Honda, während Yamaha – mit der besseren Gewichtsverlagerung durch den breiteren Motor – eine signifikante Verbesserung erreichte.

Diese war sehr wichtig. Die Honda ist schneller und kraftvoller als die Yamaha. Doch Speed und Power sind nicht alles, wenn es um Rundenzeiten geht, wie Suzuki mit dem älteren Espargaró-Bruder und Rookie Viñales zeigt. In Barcelona erzielten sie die Startplätze 1 und 2.

Der Kurveneingang ist andererseits überlebenswichtig. Dort passieren fast alle Überholmanöver. Wenn man in diesem Bereich schwach ist, macht das sehr verwundbar. Ist es die Verwundbarkeit, die Marc nicht aushält?

Er sprach wiederholt darüber, dass er gezwungen ist, über dem Limit zu fahren, wodurch Unfälle passieren. Er hätte eine andere Wahl, aber die ist nichts für ihn...

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