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Malaysia-GP: Smogalarm, Schulen geschlossen

Kolumne von Günther Wiesinger
Vor dem Malaysia-GP in Sepang herrscht in Kuala Lumpur Smogalarm. Die Auswirkungen sind weitreichend, die Werte werden längst als gesundheitsgefährdend eingestuft.

Auch wenn man mehrmals im Jahr nach Malaysia oder in ein benachbartes Land in Südostasien reist, zumindest in den asiatischen Metropolen wie Kuala Lumpur, Djakarta, Singapur, Bangkok, Peking oder Shanghai bekommt man kaum noch einen blauen Himmel oder Sonnenlicht zu sehen.

Jahrelang wurde das Problem von den Politikern und Behörden verdrängt. Die «Emerging Markets» (die aufstrebenden Wirtschaftsregionen) wetteiferten um zweistellige Wirtschaftswachstumsraten. Viele Produktionsstätten von Textilien, Autos, Rennrädern, Mountainbikes, Motorrädern, Rollern, Smartphones, Fernsehern, Computern und so weiter wurden von Europa nach Asien verlagert, nach Tawain, Vietnam, Südkorea und sonstwohin.

Selbst die Formel 1 wurde nach Singapur, Kuala Lumpur und Südkorea und Shanghai exportiert, der MotoGP-Zirkus zumindest nach Malaysia.

Und jetzt das!

Auf der Titelseite der in Kuala Lumpur erscheinenden Tageszeitung «News Straits Times» wird heute in fetten Lettern gewarnt: «Danger on a whole new level.» Das heisst: Gefahr auf einer völlig neuen Höchststufe.

Hier geht es aber nicht um Terrorismus oder eine Kriegsgefahr, sondern simpel um den Smog und die Umweltsünden in Malaysia.

Ein Gesundheitsexperte der Vereinten Nationen warnt vor einem starken Anstieg von Gesundheitsrisiken und chronischen Krankheiten, er spricht von Lungenkrebs, Gehirnschlag, Herzinfarkt, Lungenkrankheiten und Atemwegbeschwerden.

Es wird das dauerhafte Tragen der N95-Masken empfohlen, die 95 Prozent der Schmutzpartikel wegfiltern können. Aber das stellt keine Patentlösung dar, denn bei Kleinkindern existieren keine passenden Grössen, die wirklich Schutz bieten, ältere Menschen und schwangere Frauen könnten damit Atembeschwerden bekommen, wird in öffentlichen Hinweisen der Behörden gewarnt.

Aber am besten sei es, momentan in Malaysia gar nicht ins Freie zu gehen, also Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen, schlagen die Behörden vor.

Am Dienstag blieben landesweit 3019 Schulen für rund 3 Millionen Schüler geschlossen. Der «Air Pollutan Index (API) blieb trotzdem auf einem ungesunden Niveau. Wenn der API bei 0 bis 50 liegt, wird die Luftqualität als gut eingestuft. Ein Wert von 51 bis 100 gilt noch als moderat. Am Dienstag wurden aber bei einem halben Dutzend Messstationen Werte von 153 bis 165 gemessen. In Serembam stiegen die Werte sogar auf bedrohliche 196 bis 198.

Bei 200 sprechen die Behörden von ungesunden Zuständen, bei 300 wird es «sehr ungesund», bei 300 sogar gesundheitsgefährdend.

Aber es ist keine Besserung in Sicht. «Die Luftqualität beharrt auf einem ungesunden Level», gab das malaysische Umweltministerium preis.

Inzwischen wird eine magere Obsternte erwartet, die Qualität der Früchte lässt bereits zu wünschen übrig, die Einnahmen der Bauern werden stark sinken, warnte Minister Tan Sri Alfred Jabu.

Zehntausende Malaysier verdienen ihren Lebensunterhalt durch Fischfang. Sie können teilweise wegen der schlechten Sicht nicht mehr in See stechen. Manche mussten sich für ihre Fischkutter GPS-Geräte anschaffen. Auch die Seefahrt in der berühmten Strasse von Malacca ist betroffen.

Auch rund um den Flughafen und die kaum 8 km entfernte Rennstrecke ist die Sicht immer wieder stark beeinträchtigt.

Schade. Malaysia ist in all den Jahren seit 1991 ein Fixpunkt im GP-Kalender geworden. Die jahrelangen Umweltsünden sind keinem europäischen Mitglied des GP-Trosses verborgen geblieben.

Jahrzehntealte Trucks qualmen unter Hinterlassung von üblen Diesel-Rauschwaden über die Autobahn, die 30 Jahre alten Autos der Einheimischen verbrauchen doppelt so viel Sprit wie die modernen, der öffentliche Verkehr existiert nur in Ausnahmefällen, und wenn, dann wird er mit 40 Jahre alten Autobussen abgewickelt. Die Fabrikschlote qualmen wie bei uns in den 1960er-Jahren.

Beim Umweltbewusstsein hinken die Tigerstaaten dem alten Europa drei Jahrzehnte hinterher. Es wird rücksichtslos Urwald gerodet, es werden Ackerflächen nieder gebrannt, um Platz für Wohnäuser, Industrieanlagen oder Autobahnen zu schaffen, Umweltsünden, wohin man blickt.

Es wird mindestens zehn Jahre dauern, bis diese Sünden erfolgreich bekämpft werden können.

Und es wird kostspielig werden.

Wenn nichts geschieht, werden bald auch die wundervollen Urlaubsdestinationen wie Koh Samui und andere Ferienparadiese betroffen sein.

Dann werden die Gesundheitskosten in die Höhe schiessen, das Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen werden sinken.

Früher oder später wird kein Geld mehr für motorsportliche Grossveranstaltungen und für den Bau und Betrieb von Rennstrecken wie Sepang vorhanden sein.

Das wäre schade. Denn die Begeisterung für den Motorsport ist in dieser Region beispielhaft und überwältigend.

Der Sepang International Circuit ist von seiner schieren Grösse beispielhaft, die gesamte pompöse Anlage ist atemberaubend.

Momentan im wahrsten Sinne des Wortes.

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