Paul Sannen Motorhomes: Konzepte für das Fahrerlager

Von Günther Wiesinger
Eines der Motorhomes von Paul Sannen

Eines der Motorhomes von Paul Sannen

Die Motorhomes von Paul Sannen sind vor allem aus den Fahrerlagern des Motorrad-Sports bekannt. Derzeit entwickelt das Unternehmen Konzepte, die auch in anderen Bereichen des Motorsports Beachtung finden könnten.

Seit vielen Jahren sind die Motorhomes, Trucks und Trailer der belgischen Firma «Paul Sannen Luxury Motorhome Rental» Bestandteil der Paddocks in der MotoGP-, Superbike- und Motocross-WM. In der Vergangenheit waren Fahrer wie Colin Edwards, Nicky Hayden, Ben Spies, Stefan Bradl, Tom Lüthi und Scott Redding Kunden von Sannen. Heute sind es Stars wie Cal Crutchlow, Franco Morbidelli, Johann Zarco, Aleix Espargaró, Andrea Dovizioso, Danilo Petrucci, Alex Lowes, Eugene Laverty, Tony Cairoli und Tim Gajser.

Der umtriebige und geschäftstüchtige Paul Sannen leidet zwar stark unter der Coronakrise. Aber er hat sein Business diversifiziert und auf andere Branchen ausgeweitet; deshalb hofft er, in der Saison 2020 finanziell mit einem blauen Auge davonzukommen.

Sannen blickt bisher auf insgesamt 584 zufriedene Kunden, er pocht auf 22 Jahre Erfahrung und betreibt seine Geschäftstätigkeit in 29 Ländern, in Amerika und in Europa. Er ist mit Colin Edwards genauso befreundet wie mit Tony Cairoli und Ex-Radstar Tom Boonen. Seine Firma in Mol beschäftigt 20 Mitarbeiter, auf seinem Firmengelände beherbergt er sogar den Workshop des Petronas Yamaha-Teams. «Die Motocross-Strecke von Lommel ist nur 5 km entfernt», sagt Sannen.

Die Leih-Motorhomes haben einen Kaufpreis von 250.000 bis 800.000 Euro. Vor jedem Event wird das fahrbare Haus gereinigt, mit gefülltem Kühlschrank im Paddock geparkt und nach dem Event von einem Chauffeur wieder abgeholt.

In der MotoGP wird es im Schnitt für zehn Wochenenden gebraucht, in der MXGP-WM sind es mehr, denn 2020 waren (inklusive MXoN) 15 Europa-Rennen angedacht. Es dient den Stars zum Übernachten, als Rückzugsort und auch zur Einnahme von Mahlzeiten oder für wichtige Meetings. Die Fahrer gehen dadurch auch den Verkehrsstaus am GP-Weekend aus dem Weg. Die MotoGP-Fahrer bezahlen im Schnitt € 55.000.- Miete für ein Jahr.

Manche GP-Kunden haben Exklusiv-Verträge, dann wird das Gefährt an den rennfreien Wochenenden nicht für andere Zwecke verwendet. Bei einem entsprechenden Rabatt können die Motorhomes von Sannen sonst auch für andere Anlässe vermietet werden. Für die Filmindustrie, für Autorennen, für den Radsport an Profiteams oder für Pferdesport-Events.

Im Motorsport existiert eine breite Palette von Veranstaltungen, bei denen die fahrbaren Sannen-Paläste zu sehen sind. Die Flotte von Motorhomes, Support Trucks, Service Trucks, Race Trailers, Office & Meeting Room Trucks und Hospitality Trucks werden den Kunden in folgenden Serien angeboten: Ferrari Challenge, Lamborghini Trophäe, Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM), Formel 1, MXGP, World Rally Championship (WRC), World SBK und dazu bei Events der UCI (Union Cycliste Internationale), FEI (Fédération Équestre Internationale) sowie der Filmindustrie.

«Unser vertrauensvolles Familienunternehmen bietet vielfache Dienstleistungen an», sagt Paul Sannen. «Wir liefern bei großen Events jeden erdenklichen Service und Support und sind bei der Organisation im Entertainment-Business behilflich.»

Firmenchef Paul Sannen erläuterte im Interview mit SPEEDWEEK.com sein nicht alltägliches Geschäftsmodell und mit welchen neuen Ideen er sich über die Krise hinwegrettet.

Paul, du hast viele prominente Kunden im Motorsport. Wie geht es dir ohne Events?

Gesundheitlich geht es mir gut. Aber meine Mutter ist vor wenigen Wochen mit 82 Jahren gestorben. Sie war in einem Altenheim. Ob wir sie wegen oder mit Corona verloren haben, das lässt sich hier in Belgien nicht sagen.

Was unser Motorhome-Rent-Geschäft betrifft, so suchen wir nach neuen Lösungen. Wir haben 28 Exemplare dieser großen Motorhomes und Trucks und Trailer. Wir erleben schwierige Zeiten.

Aber wenn die Motorsportsaison im September irgendwie beginnen kann, lässt sich die Phase bis dahin überbrücken. Wir sollten finanziell stark genug sein, um dieser Krise zu widerstehen.

Jetzt macht sich bezahlt, dass wir uns nie auf einen einzelnen Geschäftszweig wie zum Beispiel MotoGP konzentriert haben.

Ja, ich erinnere mich. Als Stefan Bradl als LCR-Honda-Pilot zu deinen Kunden zählte, hatte er ein Motorhome, in dessen Bett schon Supermodel Claudia Schiffer ausgeruht hatte.

Ja, wir haben Kunden in der Filmindustrie. Dazu haben wir viel Umsatz mit Gentlemen-Rennen im Autosport, zum Beispiel mit Kessel Ferrari in der Schweiz und mit der Ferrari Challenge. Wir waren auch in der Lamborghini Challenge dabei, in der Blancpain Series, wir waren bei einigen 24-h-Rennen dabei, in Le Mans, Spa-Francorchamps, sogar in Tschechien.

Dazu haben wir Motorhomes für Filmaufnahmen vermietet. Auch im Radsport sind wir aktiv, beim Giro d’Italia, bei der Tour de France, da vermieten wir Motorhomes an die Profiteams von Bahrain Merida, Sniper, für den Profi Maurice De Bekker und so weiter.

Was passiert im Filmbusiness mit den Motorhomes? Da werden sie nur als Aufenthaltsorte am Set gebraucht?

Ja, wir parken sie am Set. Die Schauspieler relaxen drin. Die Filmszenen werden ja zuerst mit Doubles geprobt. Und wenn alles passt, die Kamerapositionen und so weiter, gehen die Stars raus. Sie mieten dann entweder Motorhomes oder Trailer.

Aber im Motorsport steht jetzt alles still?

Teilweise ist es seltsam. Wir haben gerade Buchungen für das Goodwood Festival of Speed bekommen. Und es gab Bookings für den Porsche-Cup in Spanien. Sehr merkwürdig. Aber wir sind kulant. Wenn die Events verschoben werden, verschieben wir auch unsere Vereinbarung mit den Kunden.

Wenn die WM-Saison wieder startet, könnte die Nachfrage steigen. In so einem geräumigen Luxus-Motorhome im Paddock wäre für die Stars die Ansteckungsgefahr sicher geringer als in einem Hotel samt Restaurant und Frühstücksbuffet.

Ja, die Fahrer können sich vom Rest des Paddocks auf diese Weise gut absondern.

Wir bereiten uns auch auf einem anderen Gebiet für den WM-Neustart vor. Da die üblichen Team-Hospitalitys verboten werden sollen, habe ich jetzt Trailer vorbereitet, die von einer Person in 30 Minuten aufgebaut und dann für die Gastronomie der Teams vermietet werden könnten.

Klar, die MotoGP-Teams hätten dann ihre große Gebäude nicht mehr. Aber wir können den ganzen Trailer hydraulisch bedienen. Wir vermieten diese Trailer momentan an die Spitäler in Belgien für Covid-19.

Bei normalen Bedingungen kannst du darin 40 bis 45 Personen verpflegen. Mit den Abstandsregeln natürlich entsprechend weniger.

Und da die MotoGP-Teams sowieso mit maximal 25 beziehungsweise 40 Personen arbeiten müssen, sollte der Platz reichen. Ich werde diese Trailer der Teamvereinigung IRTA für die Rennställe anbieten. Im Moment habe ich fünf Stück davon.

Ich lese ja jeden Tag SPEEDWEEK.com. Deshalb weiß ich seit gestern, auf welche Personenzahl die Teams verringert werden.

Aber bisher sind alle Grenzen geschlossen. Man weiß nicht einmal, ob im Sommer die Grenzen zwischen Deutschland und Österreich geöffnet werden, eventuell nur für den Tourismus.

Ja, ich bin mir bewusst, dass vor September nicht viel passieren wird im Motorsport. Im besten Fall im August.

Aber sobald wir wenigstens hier in Belgien wieder mehr Reisefreifreiheit haben, werden wir mit unseren Fahrzeugen zu Schlössen und Burgen fahren, die Weinverkostungen durchführen. Das sind keine riesigen Winzer, aber wir können den Geschäftsleuten, die nicht ins Ausland reisen dürfen und trotzdem ein entspanntes Wochenende genießen wollen, unsere Luxus-Motorhomes anbieten und sie in Fünf-Sterne-Campings parken. Dann können diese Kunden wie in einem Hotel wohnen, aber unter Einhaltung der Abstandsregeln wie zuhause.

Viele dieser Unternehmer haben Ferienhäuser in Österreich, in der Schweiz oder in Spanien. Aber dort können sie vorläufig nicht hinreisen. Diesen Menschen können wir ein reizvolles Angebot machen. Sie können in unseren komfortablen Motorhomes wie in einem Haus wohnen. Sie können sie auch an einem See oder Fluss parken und können raus aus der Großstadt.

Wir sitzen auf keinen Fall still. Wir reagieren mit frischen Ideen auf diese Krise, deren wirtschaftliche Folgen bisher niemand wirklich abschätzen kann.

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