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TourenwagenKolumne
DRM Kassel-Calden 1976: Profis blieben zuhause
​Die DRM (Deutsche Rennsport-Meisterschaft) begeisterte die Tourenwagen-Fans von 1972 bis 1985. Sie schrieb auch einige ziemlich schräge Kapitel-Rennhistorie – so wie in Kassel-Calden 1976.
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Peter Hennige unterwegs zum Sieg 1976 in Kassel-CaldenPeter Hennige unterwegs zum Sieg 1976 in Kassel-CaldenFoto: www.heere-photograpy.de
Peter Hennige unterwegs zum Sieg 1976 in Kassel-Calden© www.heere-photograpy.de
Was, bitte, war denn hier los? Die berühmten DRM-Teams blieben dem Rennen auf dem Flugplatz vor Kassels Toren fern. Es ging ums liebe Geld, wie konnte es anders sein?
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Doch auch wenn die großen Stars wie etwa Toine Hezemans, Bob Wollek mit ihren Porsche 934 oder Hans Heyer und Klaus Ludwig mit ihren Ford Escort nicht am Start waren – die Zuschauer kamen am 21./22. August dennoch auf ihre Kosten. Und es gab zwei Sieger, die ihre Chance in der Abwesenheit der großen Stars suchten und fanden. Wer heute in den Ergebnislisten des siebten Laufs zur DRM 1976 nach den üblichen Verdächtigen sucht, reibt sich verwundert die Augen: Kein Kelleners, Stenzel, Wollek oder Hezemans in der großen, kein Heyer, Obermoser oder Ludwig in der kleinen Division. Stattdessen? Doch davon später. Seit kurzer Zeit gab es die so genannte IPT (Interessengemeinschaft Produktionswagen-Teams), in der sich die Spitzenteams wie Kremer, GS, Loos, Zakspeed und Co. zur Wahrung ihrer Interessen zusammengeschlossen hatten. Ihnen ging es im Wesentlichen darum, ihren finanziellen Forderungen gegenüber den Renn-Veranstaltern gemeinsamen Nachdruck zu verleihen. Der Spaß mit den hochgezüchteten Gruppe 4- und den fürs nächste Jahr in Vorbereitung befindlichen Gruppe 5-Rennfahrzeugen hatte im Lauf der Jahre finanzielle Dimensionen angenommen, die es notwendig machten, an allen denkbaren Ecken Gelder loszueisen. Die professionellen Teams waren mittlerweile alle auf zahlungskräftige Sponsoren angewiesen. Aber schließlich, so sagten sich die Teams, müssen wir auch die Veranstalter an unseren Kosten beteiligen, denn sie sind es, die von unserer teuren Show profitieren. Grundsätzlich hatte sich dieses Geben und Nehmen ganz gut eingespielt. Doch mit der neuen Macht ihrer Gemeinsamkeit wollten die Teams die bisher geltenden Verhältnisse doch ein wenig geraderücken. Jetzt kommt Kassel-Calden ins Spiel. Wie üblich wurde zwischen dem Veranstalter und den Teams über die kommerziellen Bedingungen wie Start- und Preisgelder verhandelt. Anders als bisher üblich liefen diese Verhandlungen nicht mehr mit jedem Rennteam einzeln. Sondern die IPT legte gesamthaft Forderungen vor. Die Meinungen zu der Höhe der in Frage stehenden Posten drifteten weit auseinander. Man verhandelte sich um Kopf und Kragen und am Ende stand fest: Wenn wir die Gelder in der geforderten Höhe nicht bekommen, fahren wir nicht. Das hieß: Boykott! Die Verhandlungsführer des veranstaltenden ADAC Gaus Hessen blieben hart – und die Rennautos der prominenten Teams von Loos, Kremer, Zakspeed und Schnitzer in den heimischen Garagen. Die Rennen am 22. August entwickelten sich dann zum gefundenen Fressen zweier Piloten, die üblicher Weise doch der Prominenz zugerechnet wurden, und beide unterliefen sozusagen den Boykott der vereinigten Rennmannschaften: Weil sie diesem Kreis nicht angehörten, machten die beiden Porsche Carrera RSR-Fahrer Edgar Dören und Jürgen Neuhaus den Sieg unter sich aus. Geräuschlos ging deren Kopf-an-Kopf-Rennen allerdings nicht aus, denn der bis kurz vor dem Ziel führende Dören fühle sich unfair vom gewieften Fahrensmann Neuhaus von der Spitzenposition abgedrängt. Es blieb aber beim Ergebnis Erster Neuhaus, Zweiter Dören. Klarer ging die Sache in der kleinen Division aus. Peter Hennige, ansonsten im Zakspeed-Escort unterwegs, behauptete, er sei es seinem Sponsor schuldig, in Kassel anzutreten, scherte aus dem Boykott aus und lieh sich einen sehr potenten privaten Vierventil-2002. Der Gießener Geschäftsmann machte es auf dem 270 PS starken Heidegger-BMW zunächst einmal spannend, startete von der Pole-Position aus und legte in der zweiten Runde erst einmal eine stilistisch wertvolle Pirouette hin. Vom letzten Platz aus bahnte er sich danach jedoch souverän seinen Weg an die Spitze und siegte. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es bereits sein zweiter Sieg auf der nordhessischen Flugplatzpiste nach 1975 war. Und ein weiterer sollte im nächsten Jahr folgen, als er im Schnitzer 2002 Turbo alle drei BMW-Junioren Cheever, Winkelhock und Surer in dieser Reihenfolge auf die Plätze verwies. Den Sieg in 1976 genoss er mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Wegen seines Fehlverhaltens in Sachen Boykott schloss ihn Erich Zakowski für die Zukunft aus seiner Riege aus. Für den Gießener Peter Hennige sollte Kassel-Calden dennoch zu seiner persönlichen Erfolgsstrecke werden. Insgesamt gewann er dort vier Mal in Folge: 1974 beim Lauf zum Deutschen Rundstreckenpokal, in der DRM 1975 jeweils auf Ford Escort, 1976 und 1977 auf BMW 2002 bzw. 2002 Schnitzer Turbo.
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