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Afrika in Südamerika

Kolumne von Yörn Pugmeister
Carlos Sainz kann den Sieges-Champagner schon riechen!

Carlos Sainz kann den Sieges-Champagner schon riechen!

Das hier ist jetzt reinstes Afrika, sprach Carlos Sainz und festigte seinen 1. Platz

Allah schuf die Wüsten, auf dass er einen Garten habe, in dem er sich ergehen könne. So sagen die Muslime. An die Atacama- Wüste dürfte Allah gartenmässig weniger gedacht haben. Diese Gegend in Chile ist noch wüster als die Sahara, öder als die großen arabischen Einöden. Sie ist wirklich nichts als wüst, trocken und staubig. Gemeinhin treibt der Wind dort Sandteufel vor sich her.Ein idealer Platz, um Mondlandungen zu simulieren, wie es die Amerikaner vor ihrer Luna-Expedition auch taten: Wie im Mondstaub bleiben Fußabdrücke in der krustigen Sandoberfläche stehen-über Jahre. Reifenspuren auch, denn es regnet alle drei Jahre mal, meist aber nie.Über allem steht fast immer ein hitzeblauer Himmel.

Dem war heute nicht so: Schwer hing ein graues Oben tief über einem windstillen Unten. Schon wenige Kilometer hinter dem Küstenstreifen, an dem grüne Hinweistafeln Tsunami-Fluchtwege ins höhere Land aufzeigen, starrten tote Büsche aus Ockersand. Anfangs war es nur trüb bei 15 Grad, dann begann es leicht zu nieseln, sogar Tropfen fielen.

Carlos Sainz, hellster Stern am Volkswagen-Himmel, startete auf Grund seiner gestrigen Bestzeit als Erster, Dieter Depping als Zweiter. Es war geplant, dass der zum Wasserträger ausersehene Deutsche die hinter ihm gestarteten VW-Kollegen Mark Miller und Giniel de Villiers abwarten und dann erst Gas geben würde. Nani Roma, den letzten Mohikaner von Mitsubishi, mußte er bei dieser Aktion auch vorbeilassen. Das war so angedacht bei den Obersten im ungemein nüchternen Touareg-Lager. Bei VW ist statt Euphorie kühle Konzentration angesagt, zu lebendig schwelt noch die Erinnerung an die Dakar 2007 , als zwei Touareg führten und Mitsubishi siegte, ohne eine einzige Etappe gewonnen zu haben.

Nach 218 Prüfungskilometern querte der erste blaue Blitz, Mark Miller, die Panamerica und zugleich Nationalstraße 5, um sich danach noch weitere 230 zu geben: Aus der Wüste hinaus, durch zwei Flüsse hindurch, hinunter ans Meer, am Strand entlang, durch Felsen und wieder hinein in den Sand. Carlos Sainz folgte mit 4. 34 min Abstand.

Erst fast 20 Minuten nach dem ersten Blauen schoss dort Nani Roma in Mitsubishi-Rot-Grün vorbei, recht dicht gefolgt vom dritten blauen Touareg von Giniel de Villiers. Aber nicht ein weiterer Volkswagen wie zu erwarten folgte an diesem Punkt - man hätte Dieter Depping sehen wollen- aber Robbie Gordon hummerte entlang unter V8-Gebrüll. Depping und Co Timo Gottschalk hatten sich verfranzt, waren in einen völlig falschen Canyon eingebogen und verloren dadurch viel Zeit. Statt ihrer krachte Krysztof Holowczyc zügig im Nissan Navarra über den Schotter, die X-Raid BMW des Russen Leonid Novitskij in rot und der blaue X 3 CC von Orly Terranova folgten Wimpernschläge später. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge trafen die Herren am Ziel ein, das wirklich afrikanisch wirkt inmitten eines riesigen Berg- und Dünenkessels: Sainz war wie durch ein wunder Erster, Miller Zweiter , Robby Gordon Dritter und de Villiers hinter Terranova nur Fünfter.

Die Vorbeifahrt jener schnellen Hunde war ziemlich herrlich anzusehen gewesen, aber einer war gar nicht zufrieden mit dem, was danach geschah. Dirk von Zitzetwitz, Co-Pilot des heute in der Etappe Fünftplatzierten: „ 80 Kilometer nach Beginn der Spezialen habe ich einen Navigatiosfehler gemacht, bin in ein falsches Tal eingebogen.Ich merkte das erst spät, wir mussten zurück. Der Schnitzer kostete uns ca. 15 Minuten“. Er war sauer, sein Fahrer noch sauerer – es ist nun einmal so, die Dakar verzeiht nicht den kleinsten Irrtum. Trostreich für Volkswagen ist es immerhin, dass weiterhin drei Touareg vorne liegen vor Nani Roma, der sich 58 Minuten hinter dem Ersten eingerichtet hat und mehr als eine halbe Stunde hinter de Villiers. Dieter Depping ist leider nicht mehr bei der Musik, denn 100 Kilometer vor dem Ziel zerschmetterte er einen Querlenker auf einem Felsen und musste ewig bauen – der Rahmen seines Boliden bekam auch ordentlich was ab. Dieter: „Genau weiß ich es noch nicht, aber zwei Stunden haben wir schätzungsweise verloren“.

Robby Gordon ist derzeit Fünfter, Argentiniens grosse Hoffnung Terranova besetzt den siebten Platz.

Morgen geht es in die Höllenschleife: 670 Kilometer um Copiapo. Betrachtet man die sandgefüllten Berge rings um das heutige Biwak, die ekelhaft rutschigen Couloirs und die hohen Dünen, in die die Piloten morgen aufbrechen werden, hört man dazu noch den inzwischen pfeifenden Wind und sieht die Staubteufel tanzen – Carlos Sainz hat mit seinem Kommentar zum südamerikanischen Afrika sicher recht.

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