DTM-Chef Aufrecht: Dann bleiben uns die Zuschauer weg

Von Andreas Reiners
Hans Werner Aufrecht

Hans Werner Aufrecht

DTM-Chef Hans Werner Aufrecht im Interview mit SPEEDWEEK.com über die Kritik an einigen Neuerungen, die Expansion nach Asien und in die USA und einen Wunschfahrer.

Herr Aufrecht, sind die Strafen, die momentan für viel Verwirrung sorgen und zu Kritik der Fahrer führen, eine Baustelle?

Da muss ich ein paar Dinge klarstellen: Ich glaube nicht, dass Gary Paffett in Brands Hatch glücklicher gewesen wäre, wenn er eine Durchfahrtsstrafe erhalten hätte. Ich war gegen Durchfahrtsstrafen, weil uns diese Strafe das Rennen kaputt macht. Ich wollte, dass wir abgestufte Strafen finden. Das ist jetzt der erste Versuch. Ich kann verstehen, dass der Fahrer über eine Fünf-Sekunden-Strafe nicht glücklich ist. Aber er muss auch darüber nachdenken, was er im letzten Jahr bekommen hätte.

Die Fahrer beschweren sich aber darüber, dass zum Beispiel das gezielte Verlangsamen um 0,5 Sekunden sehr schwer umzusetzen sei…

Das können die mir nicht erzählen. Es ist einfach umzusetzen. Und die Sicherheit geht vor. Es sind Menschen damit beschäftigt, Autos zu bergen. Wer da volle Kanne vorbeifährt, ist rücksichtslos. Und denen müssen wir beibringen, dass Rücksichtslosigkeit im Leben bestraft wird. Im normalen Leben gibt es eine Ohrfeige, bei uns eine Sekundenstrafe.

Ist denn bei einer Laptime Penalty, bei der die Fahrer teilweise um fünf Sekunden verlangsamen müssen, auf der Strecke die Sicherheit gewährleistet?

Wir haben die Möglichkeit geschaffen zu überholen. Dann sollen sie einfach überholen. Das gilt sowohl für Paffett als auch für alle anderen. Am Ende des Jahres werden wir feststellen, dass es sich ausgleicht.

Es ist also kein Thema, dass diese Strafen in absehbarer Zeit wieder abgeschafft werden?

Wir haben im Vorstand und Beirat das Thema in Spielberg diskutiert. Und wir sind einstimmig dafür, dass es so bleibt, wie es ist. Einstimmig. Und die Beiräte, die die Chefs der Fahrer sind, müssen es den Fahrern beibringen.

Kritik gab es auch am neuen Zeitplan…

Damit wäre ich auch nicht einverstanden. Nur: Was wir nicht wollen ist, dass alle Autos perfekt an den Start gehen. Wir haben im letzten Jahr gesehen, dass die Autos auf das Qualifying vorbereitet werden und nach dem Qualifying auf das Rennen. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass dem Zufall mehr Tür und Tor geöffnet wird. Wir wollen, dass der Kampf nicht am Laptop passiert, sondern auf der Strecke. Dafür müssen wir sorgen, weil das unseren Zuschauer fasziniert. Der hat nichts davon, wenn die Teams dauernd dafür sorgen, dass in einem Bereich gefahren wird, in dem kein Kampf stattfindet. Die Hauptaufgabe der Ingenieure war es, die Stopps so zu legen, dass ihre Fahrer immer freie Fahrt haben. Das ist der größte Gegner.

Man kann dagegen anführen, dass es an einem Rennwochenende darum geht, dass dann auch gefahren wird…

Das wird überbewertet. Wir hatten sicher am Freitag Zuschauer da. Aber uns geht es darum, am Sonntag ein faszinierendes Rennen zu sehen. Wir alle im Vorstand glauben, dass wir auf einem richtigen Weg sind. Und was wir bisher gesehen haben, gibt uns Recht.

Wie groß ist der Anteil, dass man Spannung haben will, und wie groß der, dass man Kosten sparen will?

Das ist beides wichtig. Die Faszination vor Ort ist für mich aber das entscheidende Thema. Wenn wir unsere Zuschauer nicht mehr faszinieren, brauchen wir auch die Kosten nicht mehr zu reduzieren. Dann ist das Thema sowieso gegessen, dann bleiben uns die Zuschauer weg.

Wie lange wird es dauern, bis die Zuschauer zurück vor den Fernseher und zurück an die Strecke kommen?

Ich glaube, dass dies sehr schnell passiert. Wobei ich denke, dass sich die Quoten, die wir hatten, anders aufteilen und wir vielmehr im Internet haben werden. Und wir dankbar sein müssen für die Quoten, die wir heute haben. Wir werden aber ganz große Steigerungsraten haben.

Die DTM geht nach Asien und in die USA. Wie sind da die nächsten Schritte?

Nach der Vertragsunterzeichnung werden in Japan bald die ersten Autos fertig. Im Sommer beginnen dort die Tests. Mit den US-Herstellern werden wir das erste Treffen am Norisring haben. Da werden wir den Verantwortlichen zeigen, wie unsere Autos aussehen. Ich denke, der Meinungsprozess der Hersteller wird dort Ende des Jahres abgeschlossen sein. Dann gehe ich davon aus, dass wir dort auch ein positives Zeichen der Hersteller bekommen werden. Ich denke aber nicht, dass die Japaner vor 2015 nach Deutschland kommen werden. Die machen zuerst ihre Hausaufgaben. Bald wird sich entscheiden, welcher Hersteller wohin geht. Ich wünsche mir, dass möglichst viele in die DTM kommen. Ich wünsche mir aber auch, dass möglichst viele nach Japan oder in die USA gehen.

Was halten Sie von einem Weltfinale, in dem alle drei Sieger der Serien gegeneinander fahren?

Wir schauen jetzt erst einmal, dass wir unsere jetzigen Planungen mit Leben erfüllen. Das wird bis Ende 2015 so sein. Was wir uns bis dahin noch alles einfallen lassen? Da lassen Sie sich mal überraschen.

Wie sieht es mit den neuen Motoren aus?

Die Japaner fangen mit den neuen Motoren bereits an, die werden nicht mehr mit ihrem Achtzylinder fahren. Wir gehen davon aus, dass das künftige Reglement Ende Juni festgezurrt ist, so dass die Hersteller mit dem Bau der Motoren anfangen können. Wenn wir positiv rechnen, sind die Ende 2015 fertig. Ich gehe davon aus, dass wir 2016 mit neuen Motoren fahren.

Wenn Sie sich einen prominenten Fahrer aussuchen dürften, der in die DTM kommt: Wen würden Sie nehmen?

Valentino Rossi ist sicher ein toller Name. Es gibt viele Fahrer: Sebastièn Loeb oder Michael Schumacher - es gibt wunderbare Namen. Aber im Moment bin ich glücklich, wenn unsere jungen Fahrer so weitermachen. Ich bin sicher, dass die DTM ein wichtiger Meilenstein ist, dass die guten Fahrer in die Formel 1 gehen können. Wenn diese Chance da ist, ist es ein Ansporn, hier zu zeigen, was man kann. Das hat das Beispiel Paul Di Resta gezeigt. Das hohe Niveau hat nur einen Nachteil: Es macht die Fahrer teuer. 

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