Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

2. Training Mexiko – Vettel (1.) über Alonso: «Idiot»

Von Mathias Brunner
​Zweites Training zum Grossen Preis von Mexiko im Autódromo Hermanos Rodríguez: Sebastian Vettel fährt Bestzeit, vier Tausendstel vor Weltmeister Lewis Hamilton, dann ärgert er sich über Fernando Alonso.

In der WM geht es vorrangig um die Frage: Rosberg oder Hamilton? In Mexiko geht es derzeit bei den Piloten mehr um die Frage: Wie bekomme ich meine Reifen zum Arbeiten? Am Morgen war es im Autódromo Hermanos Rodríguez recht klamm, die überaus schmutzige Rennstrecke war auch keine Hilfe. Dennoch purzelten die Zeiten: Max Verstappen war vor einem Jahr Schnellster im ersten Training, mit 1:25,990 min. Nun ist am Morgen hier Lewis Hamilton Bestzeit gefahren, mit 1:20,914 min! Grund: Vor einem Jahr war der Asphalt noch ganz neu, zudem sind die Autos seither markant schneller geworden. Und Pirelli brachte weichere Reifen nach Mexiko als vor einem Jahr.

Seit dem kühlen Morgen hatte sich die Bahn ein wenig aufgeheizt: immerhin 36 Grad, bei 16 Grad Lufttemperatur. Alle Rennställe fragen sich, wie sie den superweichen Reifen zum Halten bringen sollen: Im ersten freien Training überhitzte der weichste Pirelli-Reifen in Mexiko nach kurzer Zeit.

Gute Nachricht für alle Verstappen-Fans: Nach der brennenden Bremse im ersten freien Training konnten die fleissigen Mechaniker von Red Bull Racing den Wagen rechtzeitig für die zweiten 90 Minuten reparieren. Wegen des Defekts hatte der Spanien-GP-Sieger 40 Minuten Fahrzeit verloren.

Im vergangenen Jahr fiel auf: Nur am Mercedes waren die Reifen nach einer Runde im optimalen Betriebsfenster, alle anderen mussten ihre Walzen ganz behutsam aufwärmen.

Sebastian Vettel meldete sich prompt am Funk: «Ich habe Probleme mit dem Aufwärmen der Reifen, die Piste baut zu wenig Grip auf.»

Als seine Pirelli dann endlich auf Temperatur waren, fuhr der vierfache Weltmeister Bestzeit, 51 Tausendstelsekunden schneller als sein Ferrari-Stallgefährte Kimi Räikkönen.

Aufregung auf den Tribünen im tollen Stadionteil nach zehn Minuten: Dreher von Lokalheld Sergio Pérez. Zum Glück wurde nur der Stolz des Mexikaners beschädigt, er konnte sofort weiterfahren.

Pistenzaungast Martin Brundle von der britischen Sky fiel in der Kurvenkombination 10/11 auf: «Die Red Bull Racing-Piloten lassen das Heck raushängen, als gäbe es kein Morgen. Die Fahrer müssen mit ihren Autos wirklich kämpfen, um die Kraft ihrer Renner auf die Bahn zu bringen und gleichzeitig die Hinterreifen nicht zu ruinieren. Das ist eine ganz knifflige Aufgabe. Der Mercedes von Lewis Hamilton flitzt hier wie auf Schienen durch!»

Zu Beginn des zweiten freien Trainings bestätigte sich der Eindruck vom Morgen: WM-Leader Nico Rosberg ist mit der Balace seines Autos noch nicht zufrieden. Der Abstand von einer Sekunde nach 30 Minuten Training erlärte sich aber vorwiegend durch die Reifenwahl: Hamilton auf weich, Rosberg auf mittelhart.

Inzwischen musste Haas-Fahrer Romain Grosjean aus seinem Auto steigen: Unterboden demontiert, Problem mit der Energierückgewinnung, vermutlich im Bereich der Batterie. Das war vom Timing her überaus unglücklich, denn der Genfer wollte eben einen Dauerlauf beginnen. Esteban Gutiérrez’ Wagen wurde derweil umgebaut – Lenkprobleme, Handling unbefriedigend.

Stand nach 30 Minuten: Hamilton vor Rosberg, dann Sainz, Ricciardo, Vettel, Räikkönen, Alonso, Hülkenberg, Bottas und Pérez.

Dann legte Vettel auf dem superweichen Reifen (rot markiert) nach – 1:19,790 min, neue Bestzeit, mehr als eine Sekunde schneller als Hamilton am Morgen. Dies nach zwei sehr vorsichtigen Aufwärmrunden.

Nico Rosberg zeigte auf der weichsten Mischung eine unsaubere Runde. Ergebnis: Sechs Zehntel langsamer als Vettel im Ferrari.

Dann kam Lewis Hamilton – 13 Tausendstel langsamer als Vettel!
Mindestens auf weichen Reifen machte Ferrari einen hervorragenden Eindruck und scheint hinter Mercedes-Benz zweite Kraft zu sein. Wenn Hamilton und Rosberg auf einem gut balancierten Auto eine fehlerfreie Runde hinbekommen, sollten sie am Samstag die erste Startreihe im Sack haben. Zumal Fernando Alonso weiss: «Am Samstag fährt Mercedes immer die Leistung hoch.»

Lewis Hamilton verfeuerte mit einem Riesenverbremser einen Satz Reifen, danach überfuhr er einen Vogel, der es sich auf der Bahn gemütlich gemacht hatte. Anschliessend steigerte sich Hamilton, war aber noch immer hinter Vettel – dieses Mal vier um Tausendstelsekunden! Wie wenig das ist? Keine 20 Zentimeter oder ein Viertel der Zeitspanne, wenn Sie blinzeln ...

Die Mercedes-Piloten übten Starts. Lewis Hamilton war ziemlich zufrieden, Nico Rosberg nicht – zu wenig Schub.

Stand nach einer Stunde: Vettel einen Hauch vor Hamilton, Rosberg mehr als vier Zehntelsekunden zurück, dann Räikkönen, Ricciardo, Hülkenberg, Verstappen, Bottas, Sainz und Alonso.

Mercedes kämpfte mit einem Problem, das alle haben: verkehrsfreie Runden im Dauerlauf. Rosberg war auf den weichsten Reifen unterwegs, die Walzen bauten ab, da ist es ein wenig schwierig, Position zu halten, wie das sein Renningenieur Tony Ross forderte.

Auch Red Bull Racing-Pilot Max Verstappen klagte: «Der Wagen zieht nach links, die Reifen sind hinüber.» Ex-Force-India-Fahrer Paul Di Resta: «Nach dem Effekt des Körnens, wenn sich also auf der Reifenoberfläche kleine Gummikügelchen bilden, ist der Verschleiss so gross, dass der Reifen nur noch abbaut und auch Temperatur verliert. Ab diesem Punkt ist es hoffnungslos.»

Auch in Mexiko gilt: Wer sein Reifen-Management im Griff hat, der darf sich gute Chancen auf ein schönes Rennergebnis ausrechnen.

Wessen Reifen abbauen, wird zur fahrenden Schikane – wie Fernando Alonso für Sebastian Vettel. Der Deutsche schimpfte über den Spanier: «Was für ein Idiot!»

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