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Cyril Abiteboul (Renault): Neue Motorenregel sinnlos

Von Mathias Brunner
​Die Standfestigkeit wird 2018 wichtiger als je zuvor. Denn neu muss ein Motor sieben Grand-Prix-Wochenenden lang halten. Cyril Abiteboul, Geschäftsleiter von Renault Sport, stöhnt: «Wir haben Kopfweh.»

Renault ging mit grossen Erwartungen in die Saison 2017 und hat nur zum Teil überzeugt: Erst beim WM-Finale von Abu Dhabi konnten die Gelben den Rivalen von Toro Rosso den sechsten Schlussrang abspenstig machen.

Renault war in den ersten vier Fünfteln der WM ein Einwagen-Team: Der glücklose Jolyon Palmer konnte nur einmal punkten, alle anderen WM-Zähler fuhr der starke Nico Hülkenberg ein.

Cyril Abiteboul, Geschäftsleiter von Renault Sport: «Nico ist eine Führungspersönlichkeit. Als echter Leader reisst er uns mit. Er hat Charisma und zu Recht einen tadellosen Ruf. Aber gleichzeitig hat er wie wir in der Formel 1 etwas zu beweisen: Er hat einen guten Namen, aber er will nach vorne. Innerhalb der kommenden Jahre wollen wir gemeinsam in die Position kommen, Rennen zu gewinnen und Weltmeister zu werden. Nico Hülkenberg setzt Prioritäten und gibt eine Entwicklungsrichtung vor. Genau so einen Fahrer haben wir gebraucht.»

Renault zeigte zur neuen Turbo-Ära ab 2014 einen Waagrechtstart. Ausgerechnet die Turbo-Pioniere der Formel 1 fuhren hinterher, Mercedes-Benz hatte die Hausaufgaben viel besser gelöst. Der Renault-Motor war auch 2017 zu wenig kraftvoll, und die Standfestigkeit liess ebenfalls zu wünschen übrig.

Abiteboul ist der überraschenden Ansicht, ein Grund für die Misere liege beim früheren Renault-Teamchef Flavio Briatore, der seit 2009 gar nicht mehr für Renault tätig ist! Der 40jährige Franzose erklärte bei den Kollegen von AutoHebdo: «Die Motorenabteilung von Viry-Châtillon ist eine Mannschaft, die neu aufgebaut werden muss. Wir bezahlen heute anhaltend den Preis für die Entscheidung von Flavio Briatore 2007, hunderte von Leuten zu entlassen, als beschlossen wurde, die Motorentwicklung einzufrieren.»

«Das war in einem gewissen Masse ein Rückzug aus der Formel 1, während Mercedes mit Volldampf weitermachte, die Firma Ilmor erwarb und in die Zukunft investierte – mit Projekten für Strassenfahrzeuge, welche vorwegnahmen, was in der Formel 1 passieren würde.»

«Seit ich 2014 das Ruder übernommen habe», so Abiteboul weiter, «habe ich für Viry-Châtillon ungefähr hundert Leute engagiert. Wir haben die Verantwortung umverteilt. Die Leute müssen zusammen arbeiten und sich auch ohne Worte verstehen können.»

Das ist auch bitter notwendig, denn die Aufgaben für die Motorhersteller sind so knifflig wie nie zuvor.

Die Formel-1-Piloten werden in der kommenden Saison mit jeweils drei Antriebseinheiten haushalten müssen – und das, obwohl der WM-Kalender 2018 einen Grand Prix mehr umfasst als die WM 2017. Das sorgte nicht nur bei den Fans für Unmut, auch im Fahrerlager wurden viele kritische Stimmen laut.

Klare Worte fand Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner – nicht zuletzt, weil ein Versuch des Rennstalls aus Milton Keynes, das bisherige Limit von vier Motoren pro Fahrer und Saison beizubehalten, von Ferrari vereitelt wurde. Deshalb wetterte der Brite: «Das ist für mich total verrückt! Wir haben 2017 mit sechs Antriebseinheiten gerade so geschafft. Dass wir bei noch mehr Rennen auf drei Triebwerke heruntergehen, ist ehrlich gesagt einfach bescheuert. Denn wir sparen dadurch kein Geld.»

Zur Erinnerung: Eine moderne Antriebs-Einheit der Formel 1 ist reglementarisch in sechs Elemente aufgeteilt:
– V6-Verbrennungsmotor
– Turbolader
– MGU-H («motor generator unit – heat»; also der Generator für jene Energie, die beim Turbolader gesammelt wird)
– MGU-K («motor generator unit – kinetic»; also der Generator für die kinetische Energie, die beim Bremsen gesammelt wird)
– Batterie-Paket
– Kontroll-Elektronik 

Erlaubt sind 2018, einmal tief durchatmen: Drei Verbrennungsmotoren, drei MGU-H, drei Turbolader, aber nur zwei MGU-K, zwei Batterien und zwei Kontroll-Einheiten!

Sollte ein Fahrer mehr als diese Elemente brauchen, setzt es die üblichen Strafversetzungen, ein zweites neues Element führt automatisch zum Start am Schluss des Feldes.

Cyril Abiteboul: «Das erzeugt Kopfweh. Klar wussten wir, was auf uns zukommt, also haben wir unsere Pläne und Strategien entsprechend angepasst. Gegenwärtig deutet alles darauf hin, dass wir das schaffen.» Aber der Pariser schränkt bei der britischen Sky ein: «Das bedeutet jedoch nicht, dass ich das für den richtigen Weg halte. Und wir werden das bei den kommenden Diskussionen mit dem Autoverband FIA und Formula One Management auch zur Sprache bringen. Ich finde, eine solch strenge Motorenregel ist für alle sinnlos.»

Sinnvoll, aber nicht stilvoll ist der Kopfschutz Halo (Heiligenschein), mit dem 2018 alle Formel-1-Renner ausgerüstet werden müssen. Abiteboul meint: «Er ist schwer und unschön anzusehen, aber wir haben das alles ausführlich diskutiert. Die Entscheidung ist gefallen, der Halo ist aus Sicherheitsgründen notwendig, und auch unser Sport muss sich weiterentwickeln. Ich schätze, es wird Versuche geben, den Kopfschutz etwas raffinierter zu gestalten und besser ins Fahrzeug zu integrieren.»

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