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Max Verstappen und Esteban Ocon: Recht und Unrecht

Von Mathias Brunner
Max Verstappen und Martin Brundle

Max Verstappen und Martin Brundle

​Es ist einfach zu behaupten, Esteban Ocon habe sich in Brasilien wie ein Tölpel benommen und Max Verstappen wie ein wilder Stier. Recht und Unrecht ist bei ihrer Kollision nicht eindeutig zu verteilen.

Seit Force-India-Fahrer Esteban Ocon in Brasilien Renn-Leader Max Verstappen von der Bahn geräumt hat, diskutieren Fans und Fachleute kontrovers über die Schuldfrage. Ganz abgesehen von ihrer kleinen Schubserei nachher, welche noch mehr Wirbel erzeugt hat. Wie üblich in der Formel 1 gibt es nicht nur Schwarz und Weiss, sondern sehr viele Grautöne dazwischen, wie Sky-GP-Experte Martin Brundle festhält, der in 158 WM-Läufen alle Kniffe erlebt hat.

Der Sportwagen-Weltmeister von 1988 aus England sagt: «Ocon war zu diesem Zeitpunkt auf frischen, superweichen Pirelli unterwegs, dazu war er dank Mercedes-Power auf der Geraden schnell genug, um sich zu entrunden. Nichts im Reglement verbietet ihm das. Verstappen hielt zum gleichen Zeitpunkt scheinbar mühelos Distanz zu Lewis Hamilton.»

«Vielleicht hätte ein erfahrener Champion Ocon einfach vorbeigehen lassen; wozu ihn aufhalten? Sollten Estebans neue Reifen später abbauen und Max wieder auf ihn auflaufen, hätte Ocon ohnehin blaue Flaggen gezeigt bekommen. Aber wird dürfen in dieser Situation nicht vergessen: Verstappen und Ocon haben aus früheren Situationen in Nachwuchsklassen einige Hühnchen zu rupfen, und Max scheint noch nicht verinnerlicht zu haben, sich die richtigen Kämpfe auszusuchen.»

«In Kurve 1 hatte Ocon kurz die Nase vor. Aber Max ging mit mehr Schwung in die erstes Links und lag im Vorteil, dann bog er nach rechts ein, ohne Zweifel im Glauben, dass Esteban seine Attacke abgebrochen habe. Hatte Ocon aber nicht. Der Force-India-Fahrer lag im toten Winkel von Max, Verstappen konnte ihn unmöglich sehen.»

«Ocon ging nun der Raum aus, in einem letzten verzweifelten Versuch wollte er sich im Scheitelpunkt neben Verstappen setzen. Das war aussichtslos und unnötig. Wäre es um die Führung gegangen, so kämen wir zum Schluss: Max hätte ein wenig mehr Raum lassen sollen, aber Esteban lag hinten, muss das also mehrheitlich auf seine Kappe nehmen. Alles in allem ein Rennzwischenfall.»

«Wir haben jedoch das ungeschriebene Gesetz, wonach der Führende ein gewisses Vorfahrtsrecht besitzt, und ich kann Max Verstappen gut verstehen, wenn er sagt, er habe nicht mit einer Attacke von Ocon gerechnet. Die Strafe für den Franzosen, eine 10-Sekunden-Stop-and-go, geht für mich in Ordnung.»

«Im Motorsport geht es nicht immer darum, wenn du triffst, sondern auch darum, wem du aus dem Weg gehen solltest. Ich kann mir gut vorstellen, dass Max in einer vergleichbaren Situation in Zukunft mehr Raum lässt. Ich sehe aber keinen Verstappen, der etwas an seinem unnachgiebigen Fahrstil ändert.»

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