Haas-Sponsor Rich Energy: Antrag auf Zwangsauflösung?

Von Mathias Brunner
​Neuer Wirbel um Haas-Geldgeber Rich Energy: Nach dem verlorenen Copyright-Prozess gegen Whyte Bikes ist eine Strafe unbezahlt. Nun kann der Kläger einen Antrag auf Zwangsauflösung stellen.

Bevor in Silverstone die Formel-1-Renner auf die Bahn gingen, war der Fall Rich Energy das dominierende Thema im Fahrerlager. Nicht einmal Haas-Teamchef Günther Steiner weiss, wie es mit dem Energy-Drink-Hersteller weitergeht, ob das Abkommen als Hauptsponsor des US-amerikanischen GP-Rennstalls nun beendet ist oder nicht. Der Südtiroler am Donnerstag: «Ich darf mich zum Fall nicht äussern, aus rechtlichen Gründen. Wir fahren hier mit der üblichen Lackierung, nächste Woche sehen wir weiter.»

Begonnen hatte alles mit einem überraschenden Tweet, wonach die Zusammenarbeit mit dem Haas-Rennstall beendet werde, «wegen mangelnder Leistungen». Dann eine Erklärung der Rich-Energy-Aktionäre: Die Nachricht der Trennung von Haas gehe zurück auf «das Vorpreschen eines Mitarbeiters», der als «rogue» bezeichnet wird, also als ein Schurke oder Schelm.

Der umstrittene Tweet hatte Sprengkraft: «Heute hat Rich Energy den Vertrag mit Haas beendet, wegen mangelnder Leistungen. Wir wollten Red Bull Racing schlagen; in Österreich noch hinter Williams zu liegen, das ist nicht akzeptabel. Die Politik und die Einstellung politischer Korrektheit der Formel 1 hemmt unser Geschäft. Wir wünschen dem Team alles Gute.»

Aber die Aktionäre teilten mit: «Wir glauben voll und ganz an das Haas-Team und an seine Leistungsfähigkeit. Wir haben uns diesem Engagement verschrieben und stehen dazu. Wir glauben auch an die Formel 1 als Plattform unserer Marke. Das schurkische Vorgehen ist sehr peinlich. Wir sind dabei, diese Person von allen Verantwortlichkeiten zu entbinden. Diese Person mag künftig für sich sprechen, aber sie repräsentiert nicht die Meinung der Firma. Wir bedauern den besagten Tweet, sie stammt aus einer nicht authorisierten Quelle. Wir bedanken uns für die Geduld von Haas, während wir uns intern um diese Angelegenheit kümmern.»

Jetzt ging es erst richtig los. Rich-Energy-CEO William twitterte: «Das ist eine aberwitzige Stellungnahme von Minderheits-Aktionären, die mit Red Bull und Whyte Bikes kuscheln, lächerlich. Ihr Versuch eines Umsturzes ist fehlgeschlagen. Ich kontrolliere das Vermögen von Rich Energy, und ich habe die Unterstützung aller wichtigen Aktionäre.»

Der Bezug auf Whyte Bikes geht zurück auf einen Rechtsstreit mit dem englischen Fahrradhersteller. Anfang 2019 hat das Formel-1-Team von Gene Haas das Design seines neuen Renners vorgestellt: Die US-Amerikaner treten im Schwarz und Gold von Energy-Drink-Hersteller Rich Energy an, die Lackierung erinnert stark an frühere GP-Boliden von Wolf oder Lotus. Die Fans haben grösstenteils positiv auf die neue Lackierung reagiert, die Begeisterung der Firma Whyte Bikes hielt sich in Grenzen – der britische Spezialfahrrad-Hersteller ist der Ansicht: Rich Energy habe das Firmenlogo mit dem Hirschgeweih schlicht geklaut.

Rich Energy zeigt deshalb einen Hirsch als Markenzeichen, weil CEO William Storey aus Richmond stammt, einem Stadtteil im Südwesten des Zentrums von London. Im Richmond Park, dem grössten königlichen Park des Grossraums London, sind oft Hirsche zu sehen.

Whyte Bikes ging vor Gericht und hat nun Recht erhalten: Richterin Melissa Clarke vom Obersten Gerichtshof in London kommt zum Urteil – Haas-Sponsor Rich Energy habe das Hirschgeweih-Logo geklaut.

Das Urteil bedeutet: Rich Energy darf das Geweih als Logo nicht weiterverwenden.

Richterin Clarke erklärte in der Urteilsbegründung, es handle sich um eine klare Copyright-Verletzung. Sie räumt Whyte Bikes das Recht ein, auf Schadenersatz zu klagen. Der Fahrradhersteller verwendet sein Logo seit 2008, Rich Energy seines seit 2015. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.

Sean Kelly, der in Diensten der Firma Staxoweb Ltd. für Rich Energy das Logo entworfen hatte, stand im März vor Gericht. Er gab zu Protokoll, er habe ausführlich im Netz recherchiert, um Ähnlichkeiten mit anderen Geweih-Logos zu vermeiden. Kelly hat beteuert, Whyte Bikes sei nicht seine Inspiration gewesen.

Richterin Clarke kauft ihm das alles nicht ab. «Im besten Falle waren die Erklärungen des Angeklagten verwirrt und widersprüchlich. Ich halte weder Herrn Kelly noch Herrn William Story von der Firma Rich Energy für glaubwürdige Zeugen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass sie nicht die Wahrheit gesagt haben, wenn sie angeben, dass sie das Whyte-Logo nicht kannten. Ich halte es für sehr wahrscheinlicher, dass sie das Logo kopiert haben.»

Beim Urteil vom Mai verfügte die Richterin auch: Rich Energy, CEO’ William Storey sowie Logo-Designer Staxoweb müssen an Whyte Bikes Gerichtskosten in Höhe von 35.416 Pfund bezahlen, bis 11. Juli 2019 (39.453 Euro). Aber das ist nicht passiert.

Gemäss britischem Recht hat der Kläger Whyte Bikes nun die Möglichkeit, einen Antrag auf Zwangsauflösung von Rich Energy zu stellen, um an sein Geld zu kommen. Der Fahrradhersteller prüft die weiteren Schritte.

Rich Energy hat derweil einen Brief von Haas-Anwalt Jeremy Courtenay-Stamp veröffentlicht. Das Schreiben ist an Neville Weston gerichtet, einen Minderheitsaktionär von Rich Energy. Courtenay-Stamp schreibt darin: «Haas wird sich erst dann mit einem neuen Management von Rich Energy auseinandersetzen, wenn es einen klaren Beweis dafür gibt, dass Herr Storey von seinen Aufgaben entbunden und ein neuer Geschäftsleiter eingesetzt ist. Wir sehen derzeit keinen Weg, wie Sie Herrn Storey die Kontrolle über die Firma entreissen können.»

Der bärtige William Storey hatte dazu genüsslich geschrieben: «Die Palastrevolution ist missglückt.»

Der nächste Wirbel um Rich Energy ist programmiert. Der Rückzieher von als Haas-Sponsor kam eine Woche nach einem Gerichtsurteil, wonach der Getränkehersteller über den 18. Juli hinaus das Geweih-Logo nicht mehr verwenden darf.

Darüber hinaus ist Rich Energy aufgefordert worden, bis zum 1. August Details zum Abkommen mit Haas, zur Finanzlage und zur Produktionskapazität offenzulegen.


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