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Ferrari in Brasilien: Der frühere Speed ist wieder da

Von Mathias Brunner
Ferrari ist in Brasilien bei der Musik

Ferrari ist in Brasilien bei der Musik

​Die Pole-Position-Serie von Ferrari riss in Texas ab, im GP waren Vettel und Leclerc schwach. Die Konkurrenz munkelte: Weil die Italiener Leistung herunterfahren mussten. In Brasilien liegt Ferrari wieder vorne.

In Texas war Ferrari-Teamchef Mattia Binotto nach einer zahnlosen Vorstellung seiner Renner richtig stinkig: «Ich habe hier einige Aussagen von Gegnern gehört über eine technische Direktive und die angebliche Auswirkung auf unser Auto. Ich bin von einigen Kommentaren sehr enttäuscht. Um genau zu sein, hatte Seb am Samstag gute Chancen, hier die Pole zu erringen, die Abstände waren klein, es hat nicht viel gefehlt. Charles verlor das dritte Training, wir mussten einen anderen Motor einbauen, der weniger Leistung abgab. Wir hätten also durchaus auf dem üblichen Niveau fahren können.»

Binotto spielte vor allem darauf an, was im Fahrerlager seit längerem herumgereicht und von Max Verstappen offen ausgesprochen wurde: Ferrari muss einen Kniff gefunden haben, um auf den Geraden so atemraubend schnell zu sein. Verstappen meinte auf die Frage des niederländischen TV-Senders ZiggoSport nach dem USA-GP, wie er sich das schwache Abschneiden von Ferrari erkläre: «Das passiert eben, wenn man nicht mehr trickst.»

Verstappen spielt auf die technische Direktive Nummer 35/19 der FIA an. Red Bull Racing war beim Autoverband vorstellig geworden und hatte gefragt, ob eine bestimmte Art der Benzinversorgung legal sei. Solche Anfragen der Rennställe kommen fast täglich vor. Ebenso üblich ist es, dass die Regelhüter der FIA daraufhin eine Antwort an alle Teams senden, mit einer Klärung, was als legal und was eben als illegal eingestuft wird. Die von der FIA unbestätigte Unterstellung lautet, dass Ferrari möglicherweise in Sachen Benzinfluss eine Grauzone im Reglement nutzte, um in bestimmten Situationen durch mehr Spritfluss mehr Leistung und damit bessere Beschleunigung zu erzeugen. Die Gegner können sich den gewaltigen Speed der roten Renner auf den Geraden nur zum Teil erklären. Ein windschlüpfiges Auto ist eines, aber Motorleistung etwas Anderes. Die FIA hat immer betont, dass der Ferrari legal sei. Sie wollte aber ein mögliches Schlupfloch im Reglement stopfen.

Binotto in Texas: «Im Rennen waren wir schwach, aber das lag nicht am Speed auf den Geraden. Solche Aussagen sind falsch und nicht gut für den Sport. Da sollten einige Leute mit ihren Worten vielleicht ein wenig vorsichtiger umgehen. Diese Direktive ist die 35. des Jahres, so wie üblich werden wir die zuhause im Werk in aller Ruhe anschauen. Wir haben aufgrund dieser Direktive an unserem Motor überhaupt nichts geändert.»

Die grosse Frage vor dem GP-Wochenende in Brasilien lautete: Was würde auf dem langen Vollgasstück passieren, von der Juncao-Linkskurve den Berg hoch zurück zu Start und Ziel?

Sebastian Vettel am Donnerstag in Brasilien: «Was Austin angeht: Vom angeblich weniger leistenden Motor habe ich nichts gespürt. Aber wir sind mit mehr Abtrieb gefahren als üblich. Es hat sich gezeigt, dass wir auf den Geraden nicht mehr so schnell sind, in den Kurven aber weniger auf die direkten Rivalen verlieren als sonst. Das Eine hängt eben mit dem Anderen zusammen. Im Rennen war ich dann wegen der Aufhängung schnell raus, aber die mässige Leistung von Leclerc lag an anderen Faktoren als am Motor. Die Gründe dafür müssen wir anpacken.»

Erste Antwort haben wir am ersten Trainingstag von Interlagos erhalten: Der gewohnte Speed von Ferrari auf den Geraden, er ist wieder da. An rohem Speed haben die Italiener die Nase vorn.

Im Dauerlauf sieht es ein wenig anders aus: Da lag Mercedes im Schnitt zwei Zehntelsekunden vor Red Bull Racing-Honda und Ferrari, die beiden auf Augenhöhe.

Ferrari scheint wieder dort zu sein, wo sie vor Texas waren: Schneller als die Gegner auf den Geraden, langsamer in den Kurven. Wieviel vom Speed-Plus auf den Geraden auf den Motor und wie viel auf flacher gestellte Flügel zurückgeht, das ist schwer zu sagen.

Fazit: Ferrari wird am Samstag ein Wörtchen um die Pole mitreden, im Dauerlauf aber bauen die Reifen gemessen an Mercedes zu stark ab. Das ist allerdings eine Momentaufnahme vom Freitag. Am Sonntag wird es bei schönem Wetter wärmer sein.

In Mexiko hatte sich Ferrari-Teamchef Mattia Binotto zum Grummeln der Gegner geäussert. «Jedes Team arbeitet hart, um sich Vorteile zu erarbeiten. Als die neue Turbohybrid-Ära 2014 begann, hatten wir nicht den besten Motor, also haben wir die Ärmel hochgekrempelt. Heute liegen wir vorne, und darauf dürfen wir stolz sein. Früher hatten andere Hersteller Vorteile, aber ich habe damals nichts von irgendwelchen Anschuldigungen gehört. Es wäre schön, wenn wir keine solchen Kommentare lesen müssen.»

Was die Möglichkeit eines Protests angeht so meint Binotto: «Wir sind da ganz entspannt. Ein Protest gegen Ferrari? Ja, gerne! Dann hört vielleicht mal das ganze dumme Gerede auf. Alle reden immer vom Motor. Aber ein Teil des Speeds auf den Geraden geht auch auf die Windschlüpfigkeit unseres Autos zurück. Wenn du weniger Abtrieb hast, so hast du auch weniger Luftwiderstand.»

«Wenn ich höre, dass unsere Top-Speed hinterfragt wird, dann kann ich nur erwidern: Na und? Wir hinterfragen auch nicht die Kurventempi der Anderen. Sind sie in den Kurven so schnell, weil sie tricksen? Das glauben wir nicht. So wenig, wie wir auf den Geraden tricksen.»

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