KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Schock in der Formel 1: Weltmeister im Gefängnis

Von Mathias Brunner
Die GP-Fans müssen tapfer sein: Mit Abschluss des Nachsaisontests in Abu Dhabi 2022 müssen sie unerträgliche 92 Tage lang bis zum Beginn der Wintertests 2023 warten. Aber früher war alles schlimmer!

92 Tage lang hören wir Formel-1-Motoren vorwiegend aus der Konserve, und der Sport ist daran selber schuld: Beschränkungen in Sachen Testfahrten bedeuten eine Pause von rund drei Monaten zwischen dem Nachsaisontest von Abu Dhabi und dem Beginn der Wintertests 2023 in Bahrain, am 25. Februar.

Wer diese Pause nun schwer verdaulich findet, dem sei gesagt – früher mussten die Fans noch viel mehr Geduld aufbringen. Vom letzten WM-Lauf der Saison 1950 (Anfang September in Monza) bis zum Auftakt der darauffolgenden Saison 1951 in Monaco (Ende Mai) verstrichen, halten Sie sich gut fest, exakt acht Monate und 24 Tage!

Zugegeben, das war eben die Steinzeit der Formel 1, sagen Sie? Nein, viel Geduld mussten die Fans etwa auch von Adelaide 1987 (Mitte November) bis Rio 1988 (Anfang April) zeigen, da betrug der Abstand 124 Tage. Allerdings wurde damals frei getestet.

In den letzten Jahren hat sich etabliert, dass die Formel-1-WM Mitte bis Ende März in Australien oder Bahrain beginnt. Das war nicht immer so. 1965 und 1968 verbrachten die Formel-1-Stars Silvester in Südafrika, nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil exakt am 1. Januar die neue WM-Saison begann!

Und die Stars gingen damals auch nicht brav um zehn zu Bett, um fürs Rennen fit zu sein, und falls doch, dann ganz bestimmt in netter Begleitung. 1965 liessen es die Besten wie Jim Clark oder Jack Brabham bis in die frühen Morgenstunden krachen.

Selbst in den 1970er Jahren wurde früh begonnen – etwa am 9. Januar 1977 in Argentinien. Allerdings: Wer sich damals über einen frühen Saisonbeginn gefreut hat, der musste später Däumchen drehen. Vom ersten WM-Lauf 1965 in East London (Südafrika) bis zum zweiten Rennen in Monaco verstrichen fast fünf Monate! Noch im Jahre 1966 dauerte die rennfreie Zeit bis zum 22. Mai, dann erst fand der WM-Auftakt mit dem Strassenklassiger im Fürstentum statt.

So spät wurde keine andere Formel-1-Weltmeisterschaft entschieden: Am 29. Dezember 1962 wurde Graham Hill in East London (Südafrika) neuer Champion. Viel Zeit zum Feiern und Ausruhen gab es für den Vater von Damon Hill (der 1996 selber Weltmeister wurde) nicht: Denn am 5. Januar wollte Hill Senior bei einem nicht zur WM zählenden Formel-1-Rennen in Neuseeland antreten.

Direktflüge waren damals eine Seltenheit: Die Maschinen hatten einfach zu wenig Reichweite. Nach einem Zwischenstopp in Nairobi kamen Hill und sein Reisebegleiter Innes Ireland in Karachi an. Von dort sollte es mit einer Maschine der BOAC nach Sydney (Australien) weitergehen.

Leider verspätetete sich die BOAC (British Overseas Airways Corporation), was den pakistanischen Behörden die Gelegenheit gab, die Dokumente der Herren Hill und Ireland etwas genauer zu betrachten. Dabei stellte sich heraus: kein Zertifikat für eine Impfung gegen Gelbfieber. Worauf die beiden Formel-1-Piloten zu Silvester kurzerhand ins Gefängnis gesteckt wurden!

Ein Champion im Gefängnis: Können Sie sich den Wirbel vorstellen, der heute in den sozialen Netzwerken und in den Medien entstehen würde? Damals ging man mit dem Thema ziemlich entspannt um, vor allem auch deshalb, weil ausser der Familie von Graham keiner wusste, was in Pakistan abging.

Graham Hill erzählte später: «Es sah ziemlich grimmig aus – vor den Gitterstäben patroullierten Soldaten mit aufgesetztem Bajonett. Allerdings erwiesen sich die Pakistani als sehr zuvorkommende Gastgeber, von der Behausung mal abgesehen. Wir bestellten eine Flasche Brandy, die im Nu leer war, und dann gleich noch eine. Silvester verbrachten wir somit zwar hinter Gittern, aber in zunehmend guter Laune.»

Mit einem Tag Verspätung landete die BOAC dann doch noch, und zwei leicht ramponierte Briten wurden Richtung Sydney spediert.

Der Trip nach Neuseeland lohnte sich für Graham Hill nicht: Im Allrad-Renner von Ferguson schied er in der letzten Runde aus.

Für den Nachhauseweg wählte er eine Route, die nicht über Pakistan führte.

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