Alex Baumgärtel (Kalex): Wie erklärt er die Erfolge?

Von Günther Wiesinger
99. Moto2-Sieg in Texas dank Tom Lüthi für Kalex

99. Moto2-Sieg in Texas dank Tom Lüthi für Kalex

Kalex dominiert das siebte Jahr hintereinander in der Moto2-WM. Geschäftsführer Alex Baumgärtel spricht über zufriedene Teams, starke Fahrer und den neuen Haupttreffer mit dem 2019-Motorrad.

Der deutsche Motorradhersteller Kalex engineering aus Bobingen hat zuletzt die Moto2-Fahrer- und Marken-WM sechsmal hintereinander gewonnen. Dazu kommt ein siebter Fahrer-WM-Titel mit Stefan Bradl 2011. Und die Erfolgsserie geht weiter. In Katar kamen zehn Kalex auf die ersten zehn Plätze, in Texas neun. Von neun möglichen Podestplätzen wurden 2019 acht errungen, nur Speed-Up-Fahrer Navarro (Platz 3 in Austin) funkte dazwischen.

Alex Baumgärtel, Designer und Geschäftsführer von Kalex, freute sich in Katar über den insgesamt 100. GP-Siege – 97 in der Moto2 und drei in der Moto3.

In Texas sorgte Tom Lüthi für 99. Moto2-Sieg von Kalex. «Wir versuchen, den 100. in Jerez zu erreichen», sagt Alex Baumgärtel im Interview mit SPEEDWEEK.com.

Alex, du hast etwas Bedenken wegen der neuen Dunlop-Reifengeneration, die beim Jerez-GP zum Einsatz kommt: Diese Reifen sind breiter? Können sie die Kräftverhältnisse wirklich verändern?

Bedenken habe ich keine, aber natürlich ist der Reifen einer der wichtigsten Faktoren in unserem Sport. Durch die geänderte Geometrie und dadurch geänderte Grip-Balance hat die neue Hinterreifen-Generation natürlich auch Auswirkung auf die Rundenzeit und wie das Motorrad dann gefahren und abgestimmt werden muss. Wenn man beim Fine-Tuning des Basis-Setups von einem Millimeter Vorspannung, Federate 1-2 N/mm Varianz oder Pivot einen Millimeter verschieben spricht, dann hat dieser neue Reifen mehr Einfluss. 1/10 Sekunde macht eine ganze Startreihe in der Moto2 aus. Ja, diese neue Reifen können schon etwas verändern. Das wird spannend sein zu sehen zu welchem Chassis-Konzept und Fahrstil diese Reifengeneration am besten passt.

Kalex hat in diesem Jahr bisher acht von neun Podestplätzen erobert. Wie ist diese Überlegenheit zu erklären?

Ich denke, zunächst einmal war unser erster Schuss ins Blaue bezüglich der Grundauslegung der Triumph-Moto2 nicht schlecht. Wir konnten unsere uns erlaubten zehn Testtage in 2018 sehr effektiv nutzen, hatten Glück mit dem Wetter und konnten dank der wertvollen Arbeit unserer Testfahrer Jonas Folger, Jesko Raffin und auch Nico Terol (er hat Jonas nach Kontakt mit einem Rebhuhn in Jerez ersetzt) uns in dieser Phase wertvolle Informationen erarbeiten.

Der neue Motor und die neue Elektronik haben die Dynamik und auch das Verständnis bezüglich Steifigkeiten stärker verändert als zu Beginn angenommen. Man muss schon etwas anders an die Sache herangehen als in der Vergangenheit.

Natürlich haben wir auch wieder starke Fahrer und Teams die mit unserem Produkt arbeiten, wir haben lange und gute Beziehungen zu unseren Kunden. Wir wissen wie die Crew-Chiefs und Fahrer ticken. Das hilft natürlich am Anfang eines neuen Projekts.

Tom Lüthi erwähnte, die neue Kalex sei sehr handlich und kompakt. Ist das ein Schlüssel zum Erfolg?

Wenn Tom das sagt, muss es stimmen, er ist der erfahrenste Fahrer im Feld. Aber Spaß beiseite, ja, bedingt durch den neuen Motor konnte man ein bisschen am Package feilen und etwas kompakter werden. Aber ob das alleine der Schlüssel zum Erfolg ist, wage ich zu bezweifeln. Ich denke eher: hart und effektiv arbeiten und möglichst wenige falsche Entscheidungen treffen.

Was hat sich für einen Hersteller wie Kalex durch die neuen Motoren geändert? Sind die Dreizylinder leichter? Sie haben mehr Drehmoment: Was musste man deshalb vermehrt berücksichtigen?

Durch den neuen Motor haben sich viele Parameter verändert: Gewicht (minimal), Trägheitsmoment der Kurbelwelle, Leistung (etwas mehr), Drehmoment (deutlich mehr). Das sind Faktoren für die Dynamik, die bei der Grundauslegung berücksichtigt werden müssen, z.B. Motorposition im Chassis.

Dann eben noch neu verteilte und zusätzliche Motoraufhängungspunkte im Rahmen. Darauf muss man seine Steifigkeits-Philosophie des Chassis anpassen.

Das alles hat dann wieder Auswirkung auf das jeweilige Basis-Set-up und den dazugehörigen Fahrstil, den jeder Fahrer in sich hat. Es gibt leider kein Geheimrezept, mit dem man alles erschlagen kann.

Zudem lassen sich bei einem neuen Projekt leichter gesammelte Ideen aus den vergangene Jahren umsetzen als bei einem laufenden Projekt wie in der Vergangenheit. Das gilt vor allem für das Package. Wo werden einzelne Komponenten (Batterie, Regler, ECU, Display usw.) angeordnet und wie?

Du hat vor dem KTM-Einstieg 2017 viel Respekt vor den Österreichern gehabt, aber Kalex ist überlegener als je zuvor. Erstaunt dich das? Wo liegt das Erfolgsgeheimnis? Zufriedene Kunden, dadurch viele Topfahrer?

Grundsätzlich haben wir vor jedem Respekt aber natürlich ist KTM eine andere Hausnummer als wir, Speed-up, Tech3, NTS oder Suter. KTM hat uns 2017 schon sehr unter Druck gesetzt, vor allem mit ihren Siegen in den letzten drei Rennen. Mit dem 2018er- Motorrad konnten wir uns aber wieder «freischwimmen».

Für 2019 konnte keiner Prognosen abgeben, jeder Hersteller hat bei Null angefangen. Viele echte Testtage fürs Chassis gab es nicht, viel davon war von der Elektronik dominiert. In den ersten drei Rennen in 2019 haben wir u.a. auch die Speed-up als wirklich stark gesehen. Die sind also auch gut aus den Startblöcken in die neue Saison gestartet. KTM tut sich anscheinend im Moment noch etwas schwerer, aber sie wissen, was sie tun, haben eine starke Entwickler-Mannschaft und ausserdem haben auch sie gute Fahrer. Sie werden mit Sicherheit erstarken.

Du brauchst nicht viele Fahrer, um zu entwickeln, viele Fahrer können auch verwirren. Wir sind froh darüber, auch mit dem Triumph-Motor ein Motorrad auf die Räder gestellt zu haben, das sich auf unterschiedliche Fahrstile abstimmen lässt und trotzdem noch schnell ist. Das war uns schon mit dem Honda-Motor gelungen. Das hilft natürlich gut dazustehen.

Ja, ich glaube wir haben zufriedene Kunden. Aber die sind nur zufrieden, solange das Produkt gut ist. Und du hast auch nur gute Fahrer, wenn dein Produkt gut ist. Gut entwickeln kannst du, wenn du ein gutes Vertrauensverhältnis zu deinen  Kunden hast. Und das haben wir uns über die Jahre aufgebaut.

WM-Stand Moto2 (nach 3 von 19 Rennen)

1. Baldassarri 50. 2. Schrötter 47. 3. Lüthi 45. 4. Gardner 38. 5. Alex Márquez 36. 6. Marini 27. 7. Navarro 24. 8. Bastianini 21. 9. Lowes 19. 10. Binder 14. 11. Locatelli 14. 12. Lecuona 13.

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