KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Sandro Cortese in Not: Droht jetzt das Karriere-Ende?

Von Günther Wiesinger
Sandro Cortese

Sandro Cortese

Für den zweifachen Weltmeister Sandro Cortese ist in diesem Herbst eine Türe nach der andern zugefallen. Jetzt besteht keine realistische Chance mehr für einen Vertrag 2020.

Sandro Cortese steht womöglich an einem Scheideweg seiner Motorradrennfahrer-Karriere. Der 30-jähriger Berkheimer machte sich lange Zeit Hoffnungen auf eine weitere Superbike-WM-Saison im Giansanti-GRT-Yamaha-Team, für das er 2019 als Teamkollege von Marc Melandri den elften WM-Rang erreichte. Aber schließlich wurden dort der Amerikaner Garrett Gerloff (protegiert von Ex-Weltmeister Ben Spies) und Supersport-Vizeweltmeister Federico Caricasulo engagiert.

Danach sollte Cortese als Teamkollege von Loris Baz im Ten-Kate-Yamaha-SBK-Team fahren, aber er wurde immer wieder vertröstet, der Vertrag wurde ihm nie zugeschickt. Als Cortese nach dem Valencia-GP vor vier Wochen vorübergehend bei Marc VDS als Moto2-Fahrer neben Sam Lowes ins Gespräch kam, weil Weltmeister Alex Márquez zu Repsol-Honda wechselte, wurde Sandro aus den Niederlanden signalisiert: «Nimm dieses Angebot an, wenn es sich ergibt.»

Am Dienstag dieser Woche bekam Cortese von Ten Kate die Nachricht, man werde sich 2020 wieder auf einen Fahrer (Loris Baz) konzentrieren.

Selbst Yamaha-MotoGP-Renndirektor Lin Jarvis zeigte sich überrascht. «Ich dachte, es sei alles unter Dach und Fach mit Sandro und Ten Kate», gab sich Jarvis erstaunt, als sich Cortese über Vermittlung von Yamaha-SBK-Teamchef Andrea Dosoli erkundigte, ob er sich eventuell Hoffnungen auf einen Job als Yamaha-MotoGP-Testfahrer machen könne. Aber bisher will Yamaha in erster Linie die Japaner Nozane und Nakasuga testen lassen, dazu die vier MotoGP-Stammfahrer.

Unterdessen hatte Cortese auch Kontakt mit dem Team MIE Moriwaki Honda für die SBK aufgenommen, aber auch von dort kam inzwischen eine Absage.

Danach nahm Sandro Cortese Verhandlungen mit Barni Ducati auf. Er erkundigte sich, ob eventuell eine zweite V4-Panigale neben Leon Camier eingesetzt werden könnte, wie viel Geld er für so ein Projekt auftreiben müsste und ob Ducati und Dorna so ein Projekt unterstützen würden. Doch bisher drangen keine ermutigenden Nachrichten aus Italien nach Berkheim.

Denn es haben sich zwei neue Ducati-Teams für die Superbike-WM 2020 eingeschrieben: Neben dem Aruba-Werksteam (Davies, Redding), Barni (Camier) und Go Eleven (Rinaldi) noch Motocorsa und Brixx. Ducati stößt also an die Kapazitätsgrenzen. Sportdirektor Paolo Ciabatti ließ anklingen, zu einem so späten Zeitpunkt im Jahr könne man nichts mehr für Sandro tun. Denn die WM beginn bereits am 28. Februar in Phillip Island.

«Ich dachte, ein zweites Bike bei Barni könnte sich finanzieren lassen, wenn Ducati bei den Materialkosten ein Entgegenkommen zeigt. Die Teamkosten sind überschaubar, denn es finden nur noch drei Übersee-Events statt – in Australien, Katar und Argentinien», gab Cortese zu bedenken.

«In die Supersport-WM will ich nicht zurück, den ich will nicht noch einmal ein Jahr kostenlos fahren und nichts verdienen», betont der zweifache Weltmeister. «Das habe ich für 2018 hingenommen, als die Moto2-Pläne mit Intact, Forward und Kiefer geplatzt sind. Aber jetzt sehe ich keinen Sinn mehr darin, meine Ersparnisse zu opfern.»

Momentan sieht es nicht mehr nach einem Stammfahrervertrag für eine reizvolle Rennserie aus. «Und die MotoE kommt für mich nicht in Frage. Das ist nicht meine Welt und nicht das, was ich mit unter Motorrad-Rennfahren vorstelle», versichert Cortese, der 2012 die Moto3-WNM gewann und 2018 die Supersport-WM.

Der siebenfache GP-Sieger wirkt trotz der unerfreulichen Nachrichten gefasst. Er lässt den Kopf nicht hängen. «Das hat auch damit zu tun, dass ich allmählich an solche Situationen gewöhnt bin», erwidert Sandro. «Vor zwei Jahren ist der Deal mit Pickworth und Kiefer auch erst am 21. Dezember geplatzt.»

Damals ergab sich aber kurz nach Mitte Januar noch der Deal mit Kallio Yamaha für die Supersport-WM.

Sandro Cortese erholt sich von seiner Schulter-Operation, betreibt viel Therapie und lotet alle sinnvollen Möglichkeiten aus. «Es geht auch darum, meinen Namen im Gespräch zu halten für den Fall, dass irgendwo ein Platz frei wird», hält Sandro fest.

Der Schwabe überlegt momentan, ob er sich 2020 einfach als Ersatzfahrer bereithalten soll, falls ein Stammfahrer in der Superbike- oder Moto2 oder gar Supersportklasse ausfällt.

Gleichzeitig erkundigt er sich, ob irgendwo ein Testfahrer gebraucht wird. «Ich habe mich bei Yamaha auch schon erkundigt, ob ein Fahrer für die Langstrecken-WM gebraucht wird», verrät Cortese. «Dann könnte ich wenigstens in der Yamaha-Familie bleiben. Ich möchte vor Weihnachten noch darüber mit YART-Teamchef Mandy Kainz unterhalten.»

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