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Dieter Braun (80): Erinnerungen an eine andere Zeit

Von Günther Wiesinger
Dieter Braun kämpfte mit einem 350er-Yamaha-Twin gegen 500er-Vierzylinder und sogar gegen 750er. Und er erinnert sich an Gegner, die beim Hubraum und der Anzahl der Gänge tricksten.

Anlässlich seines 80. Geburtstags blickt der zweifache Motorrad-Weltmeister Dieter Braun im Gespräch mit SPEEDWEEK.com auf einige einprägsame Ereignisse seiner langen Karriere zurück, die ihm zu insgesamt 14 GP-Siegen und 49 GP-Podestplätzen in vier Klassen verhalf (125, 250, 350 und 500 ccm).

Der populäre Schwabe zählte als Privatfahrer zu den erfolgreichsten Rennfahrern seiner Ära. Er bekam von Yamaha nie Werksmaterial, doch sein Chefmechaniker Sepp Schlögl gehörte zu den besten Zweitakt-Tunern seiner Zeit und trug einen wichtigen Anteil zum Erfolg bei.

Der redegewandte Dieter Braun unternahm mit Schlögl alles Mögliche, um zu konkurrenzfähigem Material zu kommen. Es wurde sogar eine Eigenbau-SMZ 250 gebaut und eine Production-Yamaha TD 250 mit Wasserkühlung ausgestattet.  

Dieter, du hast die Werksfahrer in allen Klassen herausgefordert. Manchmal auch in der 500er-WM, wo du aber meist mit einem privaten 350er-Twin gegen die Werks-500-ccm-Vierzylinder von MV Agusta und Yamaha gekämpft hast.

Ja, wir haben die 350er nicht einmal aufgebohrt. Ich bin bis heute der einzige Rennfahrer, der mit einer 350er bei einem Grand Prix in seiner schnellsten Rennrunde mehr als 200 km/h Schnitt erreicht hat.

Es waren andere Zeiten. Die Unterschiede zwischen den Werksmaschinen und den Motorrädern der Privatfahrer waren eklatant. Man konnte mit einer 350er Dritter und Vierter in der Halbliter-WM werden – wie Kneubühler und Gould 1972. Bo Granath steuerte die Zweizylinder
-Zweitakt-Husqvarna auf den fünften WM-Rang.

Ja, wir haben uns die Arbeit für das Aufbohren der 350er erspart. Wenn du zu wenig Hubraum gehabt hast, bist du nicht kontrolliert worden. Aber wenn du ein schnelles Motorrad hattest, wurde gleich immer geschrien: «Kubik, Kubik!»

Zum Beispiel 1973, als Sepp Schlögl deinem luftgekühlten 250er-Production-Racer eine Wasserkühlung baute. Diesen technischen Luxus hatten damals nur die Werks-Yamaha von Teuvo Länsivuori und Jarno Saarinen, denen du den WM-Titel weggeschnappt hast.

Ja, 1972 wurde nur die käufliche 350er-Yamaha mit Wasserkühlung ausgeliefert. Deshalb wurden wir verdächtigt, mit der 350er zu fahren. Aber wir hatten natürlich nur 250 ccm.

Ich habe dich 1973 auch in Hockenheim gesehen beim Formel-750-FIM-Cup. Suzuki trat mit den 750er-Vierzylindern auf und mit dem Fahrertrio Stan Woods junior, Jack Findlay und Barry Sheene. Du und John Dodds habt euch mit den 350er-Yamaha nicht abschütteln lassen.

Ja, die 750er-Suzuki hatten damals nur Mords-PS. Sie sind aber bei den Bremsen und beim Handling erst in den folgenden Jahren besser geworden. Sie mussten durch das höhere Gewicht und den höheren Speed deshalb früher bremsen als ich.

50 Prozent vom den, was sie mir auf den Geraden abgenommen haben, habe ich beim Anbremsen reingeholt und die restlichen 50 Prozent bis zum Rausfahren aus der Kurve.

Du hast beim Rausfahren aus der Zielkurve in Hockenheim 1973 mehrmals die linke Hand Richtung Sitzbank von Sheenes 750er gestreckt und angedeutet, du möchtest dich gerne von ihm auf der Geraden ziehen lassen.

(Er lacht). Ja, denn die Suzuki sind mir auf den Geraden beim Beschleunigen gnadenlos weggezogen, als wenn ich ein Niemand wäre.

In den 1970er-Jahren wurde viel getrickst und wenig kontrolliert. Der später tödlich verunglückte Otello Buscherini fuhr auf dem Straßenkurs in Opatija eine Werks-Malanca 125, die sieben statt der erlaubten sechs Gänge hatte. Im Bergaufstück ist dir aufgefallen, dass er am Schluss immer noch einen Gang raufgeschaltet hat, wenn du im sechsten warst. Er wurde disqualifiziert.

Ja, er hatte ein Sieben-Gang-Getriebe drinnen. Aber ich habe nie gegen einen Gegner Protest eingereicht. Er muss von einem anderen Fahrer angeprangert worden sein.

Auch beim Sachsenring-GP 1971 nicht. Ich bin ja beim 250er-Start als Letzter weggekommen, weil mein Motorrad das Gas nicht angenommen hat. Ich habe durchs Feld fahren müssen und bin rasch bis zu Marsovszky vorgekommen. Ich habe jedoch rundenlang gebraucht, bis ich an ihm vorbeigekommen bin. Phil Read und Rod Gould sind mir in dieser Phase immer wieder davongefahren.

Marsovszky hat nämlich die 350er-Zylinder draufgehabt. Das habe ich beim Beschleunigen gemerkt. Ich habe ihn oft beim Reinfahren in die Kurve überholt. Aber beim Gasgeben hat er mich auf der kürzesten Geraden sofort wieder überholt.

Es konnte bei einem 250er gar keinen so großen Leistungsunterschied geben. Aber nach einer paar Runden habe ich ihn beim Reinfahren in die Stadt überholt, er konnte mir dann auf diesem kurvenreichen Abschnitt nicht nachfahren. Es hat jedenfalls zum Vorbeikommen nicht mehr gereicht.

Als ich freie Fahrt hatte, bin ich ruck-zuck zu den in Führung liegenden Phil Read und Rodney Gould vorgestoßen und konnte sie überholen.

Nach dem Rennen hat sich Marsovszky bei mir entschuldigt und mich gefragt, ob ich jetzt böse bin. Ich habe geantwortet: «Nein, aber schön war das nicht.»

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