Regeln lassen die MotoGP dumm aussehen

Randy Krummenacher: «Zu viele Kompromisse nötig»

Von Günther Wiesinger
2016 wird der Schweizer Moto2-Pilot Randy Krummenacher in die Supersport-WM wechseln. Im Interview mit SPEEDWEEK.com sprach er über die Gründe, warum ihm in der Moto2-WM nie der Durchbruch gelang.

Randy Krummenacher bestritt von 2007 bis 2010 die 125er-WM, zwei Jahre auf der Red Bull KTM, dann auf der Aprilia RS im Molenaar-Team. Es folgten fünf Jahre in der Moto2-WM, zuerst im Grand Prix Team Switzerland (2011, 2012), dann bei Technomag, Iodaracing und JiR.

Bis Valencia 2015 bestritt Krummenacher seinen 145. Grand Prix. Jetzt beendet oder unterbricht er seine GP-Karriere und kämpft für das italienische Kawasaki-Team Puccetti Racing in der Supersport-WM auf einer Ninja ZX-6R.

Sein Crew-Chief ist kein Geringerer als der Australier Andrew Pitt, der die Supersport-WM 2001 (auf Kawasaki) und 2008 (auf Honda) gewonnen hat.

Mit Kenan Sofuoglu hat «Krummi» einen prominenten Teamkollegen und Lehrmeister. Der Türke gewann die Supersport-Weltmeisterschaft 2007, 2010, 2012 und 2015 und bestritt 2011 die Moto2-WM im Schweizer Technomag-Team.

Der Zürcher Oberländer erklärte am Freitag im ersten Teil des Interviews, das eine Art Resümee zur GP-Karriere sein soll, er habe sich zum Beispiel von Crew-Chief Gary Reinders 2011 und 2012 zu viel gefallen lassen. «Ich habe mich verstellt. Denn ich dachte mir: Ohne dieses Team kann ich nicht Motorradrennen fahren. Deshalb habe zu allem ja und Amen gesagt. Das war mein grösster Fehler. Ich habe mich an diese Leute angepasst. Ich hätte ich selbst bleiben und sagen sollen, wie ich gewisse Sachen haben will. Bei KTM war ich sicher oft zu laut. Inzwischen weiss ich: Manchmal ist es besser laut zu sein, als gar nichts zu sagen.»

Randy, du hast 2011 in deiner ersten Moto2-Saison in Estoril gleich Platz 7 erreicht, dann Platz 5 in Barcelona, Platz 11 in Silverstone, Platz 9 in Assen, dann warst du vor Tom Lüthi Vierter auf dem Sachsenring, nur 3,4 Sekunden hinter Sieger Marc Márquez. Du bist als WM-Achter in die Sommerpause gegangen. Aber danach ist viel schief gelaufen?

Es ist einfach alles Scheisse gewesen. Ich musste mich von Manager Robert Siegrist trennen, und die Zusammenarbeit mit Crew-Chief Gary Reinders hat auch nicht geklappt.
Es sind einige Fehler passiert. Dadurch war mein Vertrauen nicht da.

Ist Reinders damals frühzeitig entlassen worden? Das stand zumindest mehrmals zur Diskussion?

Nein, er ist leider nicht hinaus geschmissen worden.

Nach zwei Jahren wurde das Grand Prix Team Switzerland, das nur für dich gegründet wurde, dann aufgelöst. Waren die ausbleibenden Erfolge schuld?

Nein, der offizielle Grund ist gewesen, dass Teambesitzer Marco Rodrigo Luis Salom in der Moto3-WM fahren lassen wollte. Er hat ihn unter Vertrag genommen, aber dann keinen Startplatz bekommen. Er hätte einen «commercial entry» akzeptieren und rund 200.000 Euro extra zahlen müssen. Das wollte er nicht akzeptieren. Deshalb hat er gleich ganz aufgehört.

Du warst in der 125er-WM erfolgreicher als Domi Aegerter und oft dicht an Tom Lüthi dran. Aber seit dem GP von Deutschland 2011 bist du meistens im Schatten deiner Landsleute gestanden. War das schwer zu ertragen?

Damit hatte ich nie Mühe, dass ich der drittbeste Schweizer war. Viel mehr Mühe hatte ich mit den Situationen, mit denen ich mich abmühen müsste.
Ich habe viel zu lang gebraucht, bis ich kapiert habe, dass es überhaupt nichts bringt, unter solchen Umständen Grand Prix zu fahren.
Ich hätte schon viel früher etwas anders machen müssen.
Aber das weiss ich erst jetzt. Ich kann es nicht mehr ändern. Ich will es auch nicht ändern, sondern ich will einfach die Zukunft besser gestalten.

Du bist 2013 bei Technomag gefahren, auch ohne durchschlagenden Erfolg. Aber du warst Sechster in Barcelona und Zehnter in Le Mans. Trotz dieser Lichtblicke war schon damals am Saisonende unklar, ob es in der Moto2-WM weitergehen würde.

Ja. Und es gab einfach immer so viele Kompromisse. Es ist einfach immer um den letzten Franken gegangen.
Du kannst nicht mit ewigen Kompromissen erfolgreich Grand Prix fahren.
Die Kompromisse gab es in Bezug auf Material, auf nicht genug Testfahrten und nicht genug Personal, weil sich dann der Chefmechaniker noch ums Data-Recording kümmern soll und auch noch den Fahrwerksmann machen kann... Also wurde ein Mann für drei Jobs engagiert. Lauter solche Sachen.
Das ist alles Scheissdreck. So macht der GP-Sport keinen Sinn.

War das bei Technomag auch so? Der Schweizer Rennstall betrachtet sich ja als Spitzenteam?

Bei Technomag wurde am Data-Recording-Techniker gespart, man hat einen von der Uni genommen, der keinen Plan von Data-Recording hatte. Ich musste ihm am Jahresanfang noch erklären, wie man eine Datei öffnet, damit ich meine Daten sehe.
Und der Chefmechaniker Santi Abat hatte keine Moto2-Erfahrung. Es waren nette Leute. Aber mit netten Leuten allein kann man nicht Erfolg haben.
Ich will niemandem einen Vorwurf machen. Die Voraussetzungen waren nicht so, wie sie hätten sein sollen. Und ich war damals noch nicht so weit, dass ich kapiert hätte, dass das ein Riesenfehler ist.

2014 bist du dann im Iodaracing-Team eine Suter gefahren. Auch ein Team mit Schmalspur-Budget.

Ja, bei Ioda hatte ich eine nette Crew, mit ihr habe ich heute noch Kontakt. Aber Sacchi war eine meiner grössten Enttäuschungen in meiner GP-Laufbahn. Er hat uns einfach über den Tisch gezogen. Ganz einfach.

Er hat dir ein Vorjahres-Motorrad hingestellt und fleissig dein Sponsorgeld einkassiert?

Ja, und mein Sponsorgeld ist nie für mich eingesetzt worden. Meine Mechaniker sind das ganze Jahr von Sacchi nie bezahlt worden.

Wie viel Geld musstest du in den letzten Moto2-Jahren immer als Mitgift abliefern? Da ging es um rund 500.000 Franken?

Ja, ich rede eigentlich nicht über Geld. Aber es lag immer in diesem Bereich.

Im JiR-Team von Luca Montiton hast du dich 2015 wieder wohler gefühlt? Immerhin gab es im Herbst auf der Kalex noch zwei Top-Ten-Plätze in Japan und Australien.

Ja, auf jeden Fall. Luca ist ein sehr fairer Teamchef. Ich bleibe weiter mit ihm in Kontakt. Ich werde auch im Sommer wieder bei ihm in Castelletto di Branduzzo trainieren. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis.
Aber ich habe mir mehr erwartet und gewollt. Auch Luca hat gesehen, dass es mit dem Budget, das wir hatten, nicht funktioniert. Wir haben dann zusammen versucht, für 2016 mehr Budget aufzutreiben. Aber das hat nicht funktioniert.
Ich hätte noch einmal mit dem gleichen Budget weiterfahren können. Aber ich war dagegen, ich habe gesagt: Das will ich nicht. Das bringt nichts. Ich mache lieber etwas, wo ich wirklich Resultate holen kann.
Auch wenn jetzt die Supersport-WM vom Prestige her weniger gross ist als der GP-Sport. Aber ich bin viel lieber mit einem Spitzenteam und einem konkurrenzfähigen Team und Motorrad in der Supersport-WM gut platziert als in der Moto2 hin und wieder in den Punkten.

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