MotoGP: Pramac-Boss schießt gegen Ducati

Paolo Ciabatti (Ducati): Wird Jorge Lorenzo ein Flop?

Von Ivo Schützbach
Mit Superstar Jorge Lorenzo gibt es 2017 keine Ausreden mehr. Doch beim Australien-Test verlor der Spanier (Platz 8) satte 0,793 sec auf Marc Márquez.

Ducati Corse steht unter Druck. Wer einen dreifachen MotoGP-Weltmeister wie Jorge Lorenzo im Team hat, muss Topergebnisse liefern. Doch beim Phillip-Island-Test kamen die Werksfahrer Dovizioso und Lorenzo nur auf die Ränge 7 und 8. Wie schätzt Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti die Situation ein?

Paolo, einige Fans machen sich Sorgen, dass Jorge Lorenzo bei Ducati genau so untergeht wie Valentino Rossi 2011 und 2012. Was sagst du dazu?

Viele Motorsport-Fans vertreten immer energisch ihre Meinung, was man machen und was man nicht machen soll.
Ducati Corse heute ist anders aufgestellt als 2011, es arbeiten jetzt andere Leute dort. In erster Linie Gigi Dall’Igna als General Manager und Technical Director. Unser Motorrad ist heute weniger ungewöhnlich, als es 2010 und 2011 war. Damals benützten wir als Einzige einen Rahmen, der teilweise aus Karbonteilen bestand. Heute haben wir wie fast alle anderen einen Alu-Kastenrahmen.
Wir haben letztes Jahr bewiesen, dass wir mit zwei Fahrern gewinnen können, Dovizioso und Iannone – sie haben sehr unterschiedliche Fahrstile. Viele andere Rennen haben wir angeführt und waren konkurrenzfähig. In der Vergangenheit war nur Casey Stoner in der Lage, das Motorrad richtig zu nützen und zu gewinnen. Das ist heute anders.
Deshalb kann man keine Vergleiche ziehen aus dem, was 2011 passierte und wie es heute ist.

Du traust Jorge Lorenzo dieses Jahr also bessere Ergebnisse zu, als sie Rossi damals für Ducati erreicht hat?

Offensichtlich, ja. Als Rossi 2011 zu Ducati kam, waren die Erwartungen von beiden Seiten sehr hoch – sie gingen aber nicht auf.
Letztes Jahr waren wir der Meinung, dass wir bereit sind, die Meisterschaft zu gewinnen. Wenn du das erreichen willst, brauchst du einen der Super-Top-Fahrer. Einen, der in der Lage ist, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Das waren in der jüngeren Vergangenheit nur Stoner, Rossi, Márquez und Lorenzo.
Als wir im Januar 2016 entschieden, was wir tun werden, waren realistisch gesehen nur Lorenzo und Márquez für 2017 verfügbar. Stoner hatten wir damals unter Vertrag, unglücklicherweise will er aber keine Rennen mehr fahren. Und Valentino konnten wir auch abhaken, er ist bei Yamaha konkurrenzfähig und hat sich für sie entschieden. Er ist schon jetzt eine Yamaha-Legende.
Mit Jorge ergab sich eine Chance, diese nützten wir.

Seit 2016 haben wir eine Einheits-Elektronik in der MotoGP. Hilft diese neueren Herstellern wie Suzuki, Aprilia und KTM, die Lücke zur Spitze zu verringern?

Honda, Yamaha und Ducati haben über die Jahre sehr ausgefeilte Elektronik-Software entwickelt. Ein neuer Hersteller muss sehr viel Zeit und Geld investieren, um den gleichen Level zu erreichen.
Dass jetzt alle die gleiche Software verwenden, ist für diese Hersteller ein Vorteil. Und vergiss nicht die Satelliten-Teams.
So wird dafür gesorgt, dass die Meisterschaft in der Balance bleibt, was Kosten und Performance betrifft.
Wir bei Ducati wünschen uns, dass andere Hersteller in die MotoGP kommen und konkurrenzfähig sind. Je schwieriger es ist, Erfolg zu haben, desto mehr Wert besitzt dieser Erfolg. Suzuki hat sehr gute Arbeit geleistet, Aprilia gute. KTM ist in der ersten Saison, ihre Leistungen müssen wir abwarten.

Gigi Dall’Igna hat von Ducatis Zukunftsplänen erzählt, eine Moto3-Maschine zu bauen. Liegt es damit nicht auf der Hand, auch ein Serienbike zu bauen, das tauglich für die neue Supersport-300-WM ist?

Nein. Das ist nicht mein Aufgabengebiet, aber ich sehe nicht, dass Ducati in näherer Zukunft in den Markt hubraumschwacher Sportbikes einsteigt.
Wir sind ein Premium-Hersteller, wir müssen dort bleiben, wo wir momentan sind.
Was die Kosten betrifft, lässt sich ein Prototyp auch leichter bewerkstelligen, ein Motor mit Desmodromik ist nicht die günstigste Lösung. Wenn das Moto3-Projekt zustande kommt, sehen wir in der Desmodromik unseren Vorteil. Wäre die Desmodromik in Moto3 nicht erlaubt, würden wir die Klasse nie in Betracht ziehen.
Wir wollen mit der Moto3 junge Fahrer in die Weltmeisterschaft bringen und diese mit langfristigen Verträgen an uns binden. Wenn sie dann bereit sind für die MotoGP, können wir auf sie zurückgreifen, ohne verrückte Gehälter bezahlen zu müssen. Das ist unser Hintergedanke für das Moto3-Projekt.
Technisch scheint die Moto3 keine extrem schwierige Übung zu sein, momentan haben wir aber keine Ressourcen dafür. Wir buttern alles in die MotoGP- und Superbike-WM, um dort Jahr für Jahr besser zu werden. Wenn wir die Ziele dort erreicht haben, den Titel zu gewinnen, dann ziehen wir Moto3 in Betracht.

In den Wachstumsmärkten in Asien und Südamerika besteht viel Interesse an Sportmotorrädern mit 250 oder 300 ccm. Warum reizt euch das nicht?

Alle Ducati-Modelle bewegen sich in Märkten, von denen wir glauben, dass wir unsere Vorzüge zum Ausdruck bringen können: Design, technische Ausgereiftheit und Performance.
Ducati geht es nicht darum, ein Massenhersteller zu werden. Wir bauten letztes Jahr 55.000 Motorräder und wollen diese Menge 2017 steigern. Wir werden aber nie 200.000 Maschinen bauen.
Mit dieser Mission vor Augen macht es keinen Sinn, ein kleines Sportmotorrad in großer Auflage zu produzieren. Solche Motorräder rechnen sich erst, wenn sie massenhaft produziert werden.

Gesamtwertung MotoGP-Test Phillip Island nach 3 Tagen

1. Maverick Viñales, Yamaha, 1:28,549 min
2. Marc Márquez, Honda, 1:28,843
3. Dani Pedrosa, Honda, 1:29,033?
4. Jonas Folger, Yamaha, 1:29,042
5. Cal Crutchlow, Honda, 1:29,101
6. Alex Rins, Suzuki, 1:29,103
7. Andrea Dovizioso, Ducati, 1:29,248
8. Jorge Lorenzo, Ducati, 1:29,342
9. Jack Miller, Honda, 1:29,358
10. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:29,361
11. Álvaro Bautista, Ducati, 1:29,411
12. Valentino Rossi, Yamaha, 1:29,470
13. Andrea Iannone, Suzuki, 1:29,547
14. Danilo Petrucci, Ducati, 1:29,615
15. Johann Zarco, Yamaha, 1:29,670
16. Héctor Barberá, Ducati, 1:29,791
17. Pol Espargaró, KTM, 1:29,857
18. Loris Baz, Ducati, 1:29,977?
19. Bradley Smith, KTM, 1:29,978
20. Scott Redding, Ducati, 1:30,005?
21. Karel Abraham, Ducati, 1:30,142
22. Sam Lowes, Aprilia, 1:30,200

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