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Pit Beirer (KTM): «Eisdecke in der MotoGP ist dünn»

Von Günther Wiesinger
Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM

Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM

Das Red Bull-KTM-Werksteam geht «all in» und marschiert 2017 erstmals in allen drei GP-Klassen auf. KTM-Rennchef Pit Beirer äussert sich zur Fahrerwahl, zu den MotoGP-Zielen und verspricht eine rasche Steigerung.

KTM hat bei der Dakar-Rallye sieben Jahre gebraucht, bis der erste Sieg Tatsache wurde, in der US-Supercross-Szene dauerte es mehr als zehn Jahre bis zum ersten Titelgewinn. Es wurde fpr Amerika das ganze Konzept geändert und mit Roger De Coster als Teammanager neu aufgegleist, dann klappte es 2014 mit Ryan Dungey zum ersten Mal – im dritten Jahr der neuen Teamkonstellation.

KTM-Firmenchef Stefan Pierer möchte in der MotoGP-Klasse innerhalb von fünf Jahren gewinnen, aber er hat schon im August 2016 angekündigt: «Wenn es nötig ist, werden wir zehn Jahre mitfahren, bis wir MotoGP-Weltmeister sind.»

Auch Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, betrachtet das Engagement in der Königsklasse langfristig. «Wir bei KTM sind nicht bekannt dafür, dass wir in irgendeine Serie einsteigen, uns fürchten und wieder nach Hause laufen. Wir wollen jetzt seriös in die MotoGP-WM einsteigen. Wir haben uns sehr sorgfältig darauf vorbereitet und verfolgen einen langfristigen Plan.»

«Von der Leistungsdichte in der MotoGP haben wir jetzt den idealen Zeitpunkt für den Einstieg erwischt», schmunzelt Pit. «Aber wir sehen das als positive Herausforderung. Das Reglement hat sich durch die Einführung der Einheits-Elektronik 2016 in eine Richtung entwickelt, die das Feld enger zusammenrücken lässt. Klar, die MotoGP-WM ist ein schwieriges Feld, die Eisdecke, auf der wir uns bewegen, ist dünn. Wir wissen, was da los ist. Du musst irgendwann bis auf eine Sekunde an die Bestzeit rankommen, um eine anständige Performance abliefern zu können. Aber wir freuen uns auf diese Saison. Die letzten Tests in Australien sind sehr gut gelaufen. 1,3 Sekunden Rückstand – wir sind ganz gut unterwegs.»

Pol Espargaró war bisher jener Fahrer bei KTM, der schon nach fünf Runden auf jeder Strecke anständige Zeiten aus dem Ärmel schüttelte, Bradley Smith, auch noch von seiner Knieverletzung (Endurance-WM Oschersleben 2016) behindert, ging etwas behutsamer ans Werk, lag aber am dritten Tag in Sepang und Phillip Island jeweils dicht hinter dem Spanier, in Malaysia sogar gleichauf.
Pit Beirer: «Unsere Fahrer haben vielleicht unterschiedliche Fahrstile oder Herangehensweisen, aber im Endeffekt haben wir uns für diese beiden Jungs entschieden, weil sie das nötige Feuer in sich haben und etwas erreichen wollen, was sie in der MotoGP noch nicht erreicht haben. Es war uns ganz wichtig, nicht irgendwelche Champions im Endstadium ihrer GP-Karriere für KTM zu engagieren, für unser Projekt, in dem so viel Leidenschaft drinsteckt, bei dem die ganze Firma dahintersteht und mit dem wir wirklich etwas erreichen wollen. Wir haben mit diesen Jungs schon sehr früh für 2017 verhandelt. Aber das Verhandeln ging sehr schnell in Vertragsunterzeichnungen über. Denn wir haben gemerkt, die wollen noch richtig ran, die wollen in der MotoGP etwas erreichen. Da haben sich irgendwo Gleichgesinnte gefunden. Das war der eigentliche Schlüssel.»

Beirer weiter: «Wir wollten Fahrer, die schon MotoGP-Erfahrung haben, das war eine Grundbedingung für so ein neues Projekt. Es nützt uns zu diesem Zeitpunkt nichts, wenn wir jetzt einen jungen Moto2-Fahrer für die MotoGP-Klasse aufbauen und entwickeln. Wir brauchen Erfahrung, absolute Leidenschaft und Feuer bei den Piloten. Deshalb sind wir wirklich glücklich mit dieser Fahrerwahl, denn als wir uns für diese Fahrer entschieden haben, war es noch sehr früh in der Saison 2016. Aber wir sind nach einigen Monaten mit unserer Fahrerwahl noch glücklicher als vorher, da wir die Piloten jetzt besser kennengelernt haben. Wie sie ans Werk gegangen sind, als sie in Valencia im November erstmals auf unserem Motorrad gesessen sind, da verkamen sofort technische Ansagen über das Motorrad, auf die wir bei KTM rasch reagiert haben. Wir haben versucht, die Wünsche der Jungs zu erfüllen. So konnten wir innerhalb von drei Tests das Motorrad enorm verbessern und den Rückstand von 2,6 auf auf 1,3 Sekunden verkürzen. Wir sind also richtig happy, dass wir diese zwei Fahrer bei uns an Bord haben.»

Die Winglets wurden für 2017 verboten, jetzt experimentieren die meisten Hersteller mit anderen Lösungen, zum Beispiel mit innerhalb der Verkleidung angebrachten Flügeln, die vorne für mehr Abtrieb sorgen und die Wheelies vermeiden sollen.

«Ja, außen sind die Winglets nicht mehr erlaubt, deshalb werden sie irgendwo nach innen wandern», vermutet Pit Beirer. «Es wird sehr viel Energie reingesteckt, um den Wind nach innen zu lenken, um das irgendwie versteckt zu machen, bei der Konkurrenz mehr als bei uns. Aber wir haben vorläufig eine andere Aufgabe. Wir müssen zuerst einmal das Motorrad mechanisch perfekt hinbekommen, damit die Fahrer absolut happy sind. Die Flügel sind ein kleines i-Tüpfelchen, an denen wir zwar bereits tüfteln, aber das hat keinen Vorrang. In Australien beim Test haben wir gesehen, die besten Rundenzeiten wurden alle mit konventionellen Verkleidungen gefahren, auch bei Honda. Wir sind bei diesem Thema deshalb nicht wahnsinnig besorgt. Bei uns laufen die Versuche auch in diese Richtung – im Windkanal und im Design-Centre. Aber wir sind relativ stark darauf fokussiert, den Fahrern für Katar einen um einen Tick besseren Rahmen und einen besseren Motor zu liefern. Die Flügel stehen vorläufig in der zweiten Reihe.»

Was traut Pit Beirer seiner MotoGP-Truppe 2017 zu? «Wir werden schauen, das wir Richtung Punkte unterwegs sind. Das erste Top-Ten-Ergebnis haben wir im ersten Jahr als Ziel vor Augen. Aber wichtig wird sein, wo wir nach drei Jahren in der MotoGP stehen. Denn wir haben ganz klar die Aufgabe, uns im Feld weiter nach vorne zu arbeiten. Am Anfang werden wir uns ziemlich weit hinten anstellen müssen. Aber ich verspreche, wir werden uns nicht lange da hinten aufhalten. Wir werden uns Schritt für Schritt nach vorne ackern.»

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