Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Scott Redding: «Ein Stück Scheiße kann nicht glänzen»

Von Günther Wiesinger
Scott Redding hat die Schnauze voll von den Problemen bei Aprilia. «Wir vertuschen die Probleme, statt sie zu lösen. Es ist ein Witz», wettert er.

Nach dem enttäuschenden 20. Platz beim GP von Österreich nahm sich Aprilia-Werkspilot Scott Redding (25) kein Blatt vor dem Mund. Bei jeden Grand Prix, bei dem sein Landsmann Sam Lowes letztes Jahr über Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano und das Team hergezogen war, machte Scott aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr.

«Es war ein verdammtes, ein schreckliches Wochenende. Denn wenn die Wetterverhältnisse die Motorräder enger zusammenbringen, kann ich mein fahrerisches Potenzial zeigen. Dann werde ich daran erinnert, wie gut ich sein kann», sagte Redding. «Ich habe die Situation in dieser Saison bisher akzeptiert, weil wir bisher keine wirklich nasse Trainingssession hatten. Aber in Spielberg habe ich gesehen, dass ich immer noch mit den Top-Piloten mithalten kann. Aber dann wurde die Piste wieder trocken, und dann war ich wieder chancenlos.»

Zur Erinnerung: Scott Redding («Ich bin dumm wie Hundescheiße») preschte im nassen FP2 auf den zweiten Platz, im feuchten dritten Training steuerte er die Aprilia auf die dritte Position.

Aber im trockenen Qualifying und im Rennen blieben ihm jeweils nur der 20. Platz.

«So ein Rennen bricht dir das Herz. Denn ich habe die ganze Zeit viel riskiert und das Maximum gegeben», ergänzte der Engländer. «Aber es wird nicht leichter. Ich kann auf manchen Pisten mit meinem Teamkollegen mitfahren, zum Beispiel in Brünn. Aber dann komme ich nach Spielberg und kann ihm nicht einmal das Wasser reichen.»

«Jedes Mal wenn ich auf das Motorrad steige, ist es anders», schildert der Brite. «Es gibt immer ein Problem mit irgendetwas. An jedem Wochenende. Ich habe mich bemüht, das zu akzeptieren und damit fertig zu werden. Aber es ist im Moment ein Desaster. Ich bin mit dieser Situation nicht glücklich. Das Wochenende in Österreich war ein ’reality check’ für mich. Es tut weh, wenn man einfach nur herumrollen kann.»

«Jetzt muss ich zum nächsten Grand Prix in Silverstone fahren, vor allen Leuten lächeln und ankündigen, dass ich eine gute Performance abliefern werde. Dabei ist das alles ‚bullshit’. Du kannst gar nichts ausrichten. Du kannst ein Stück Scheiße nicht zum Glänzen bringen. Aber das ist es, was ich versuche. Ich weiß, es hört sich derb an. Ich sollte das nicht sagen. Aber es ist so. Du willst etwas Durchschnittliches gut aussehen lassen», stellte Scott fest.

«Ich kann nur hoffen, dass wir in dieser Woche beim Test in Misano etwas finden. Wir haben einen neuen Motor. Aber was wird er bringen? Das ist etwas, wonach ich seit fünf Rennen gefragt habe. Ich hoffe, dass der Motor besser ist. Aber wenn wir keinen Unterschied sehen, weiß ich nicht, mit welcher mentalen Einstellung ich in England antreten werde. Das ist nicht das, wie ich mir den Rennsport vorstelle.»

Redding weiter: «Das hat nichts damit zu tun, dass ich bei Aprilia nach dieser Saison gehen muss. Die Jungs bemühen sich ja alle. Aber es ist ein Witz. Es gibt so viele Dinge, über die ich nicht reden darf und die in einem Team mit diesem Level nicht passieren sollten. Aber sie passieren. Ich bin nach Spielberg gekommen, wo ich in den letzten Jahren immer schnell war, eine Piste, die zu meinem Stil passt. Ich rechnete mir Chancen auf ein gutes Ergebnis aus. Aber es war vom ersten Training an die Hölle.»

«Am Samstagabend fanden wir heraus, dass wir vom Beginn ein Problem mit einem Sensor hatten. Dadurch wurden falsche Daten von der Suspension verarbeitet und übermittelt. Aber wir sind in der MotoGP. Aprilia ist ein Werksteam. Wie kann so etwas passieren? Ich hatte in Österreich das ganze Wochenende Probleme mit der Elektronik. Wir konnten sie nicht lösen. Wie sollte ich also Hoffnungen auf ein anständiges Resultat haben? Ich habe gar keine Hoffnung mehr. Und das macht alles so schlimm», seufzt der vierfache GP-Sieger.

«Sogar der Test in Misano ist ein verdammter Witz. Wir sollten drei Tage testen. Dann waren es nur noch zwei. Dann war irgendetwas nicht organisiert, also blieb nur noch ein Tag. So geht es in diesem Team zu. Aber wir brauchen diesen Test. Es ist ein Witz. Wir müssen den neuen Motor probieren, aber wir haben nur einen Tag dafür. Mir bleibt nichts anderes als die Hoffnung.»

«Ich hatte mit der Aprilia im Frühjahr Mühe. Ich wollte das beiseiteschieben und vergessen. Das ist mir gelungen. Aber dann merkst du, wie gut du abschneiden könntest, aber du kannst kein gutes Ergebnis erreichen. Dadurch kommst du in eine Abwärtsspirale.»

«Ich bin in Spielberg im Qualifying rausgefahren mit einem Medium-Reifen und war langsam. Ich spürte Probleme, die ich das ganze Wochenende nie gespürt habe. Nachher bin ich im Rennen losgefahren und hatte wieder Probleme, die vorher zwei Tage lang nicht aufgetaucht sind. Ist das Motorrad so schlecht, dass 3 Grad Temperaturunterschied alles verändern? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich mit diesem Bike nie einen Rhythmus finde. Es wäre besser, wenn ich nur das FP1 fahren würde, dann zwei Tage später das Warm-up und das Rennen. Wenn ich auf die restlichen Trainings verzichten würde, hätte ich wahrscheinlich die gleichen Resultate.»

«Ich habe mich beschwert und beschwert, dass die Suspension zu weich abgestimmt sei. Irgendwann haben sie die Federn in der Gabel geändert. Aber ich bin nicht schneller geworden, weil dann ein anderes Problem aufgetaucht ist. Das ist alles, was wir machen: Wir decken Probleme zu, wir vertuschen sie – statt sie zu lösen und vorwärts zu marschieren.»

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