Rossi und Viñales: Yamaha muss endlich besser werden

Von Günther Wiesinger
Yamaha-Star Valentino Rossi

Yamaha-Star Valentino Rossi

Nach einem mageren Jahr steigt das Yamaha mit neuem Schwung in die MotoGP-WM ein. 2018 fielen Japaner hinter Honda, Ducati und sogar Suzuki zurück.

Gestern wurde das neu formierte Monster-Yamaha-Team mit Valentino Rossi und Maverick Viñales in Jakarta/Indonesien vorgestellt. Altmeister Rossi wird 40 und jagt unermüdlich seinem zehnten WM-Titel nach. Seit 2009 ist er immer wieder gescheitert.

Vor einem Jahr durfte man davon ausgehen, dass das Movistar Yamaha MotoGP Team mit Valentino Rossi und Maverick Viñales über die schlagkräftigste Paarung in der Königsklasse verfügte, denn Lorenzo hatte 2017 bei Ducati zu oft enttäuscht. 2019 sieht alles anders aus. Yamaha hat ein schwaches Jahr mit einem Sieg und insgesamt nur zehn Podestplätzen hinter sich, bei Honda hat Márquez allein neun Rennen gewonnen, Cal Crutchlow eines. Und jetzt wurde noch der glücklose Dani Pedrosa durch Jorge Lorenzo ersetzt, der beim November-Test in Jerez mit Platz 5 dem Weltmeister (Platz 3) dicht auf den Fersen blieb.

Naja, schon die 2017-Yamaha machte den Stars oft Kopfzerbrechen, Honda und Repsol gewannen alle drei WM-Titel. Aber Yamaha feierte 2017 immerhin noch vier Siege (3x Viñales, 1x Rossi), viermal kamen beide Piloten gleichzeitig aufs Podest, dazu 2017 wurde der 500. GP-Sieg von Yamaha gefeiert.

2018 war das fünfte und letzte gemeinsame Jahr von Yamaha und Movistar. Das Yamaha-Werksteam hat nach dem Abgang von Lorenzo auf jeden Fall den bestmöglichen Ersatz engagiert, denn Viñales (er wurde am 12. Januar 24 Jahre alt) gehört zur jungen Generation, er hat schon 21 GP-Siege errungen, er war Moto3-Weltmeister 2013 und in allen drei WM-Klassen «Rookie of the Year», er war in der Vergangenheit stärker als die etwas gleichaltrigen Jack Miller und Alex Rins, die bei Honda, Suzuki und Ducati aufgebaut wurden und werden.

Valentino Rossi wird am 16. Februar 40 Jahre alt. Seit 2009 hat er keinen Weltmeistertitel mehr gewonnen, aber seine 115 GP-Siege sind legendär, auch wenn die Siegesserie beim Assen-GP 2017 abgerissen ist.

Wenn es nach der Papierform geht, werden Márquez, Dovizioso, Rossi, Viñales und Lorenzo den Titel 2019 unter sich ausmachen. Die Ducati Desmosedici war auch 2018 auf den meisten Strecken konkurrenzfähig, Dovi gewann 2017 sechs Rennen (so viele Rennen wie Weltmeister Marc Márquez) und im Vorjahr vier; er war zuletzt zweimal Vizeweltmeister. Alex Rins war 2018 bei den letzten zwei Rennen jeweils Zweiter, er könnte ein Überraschungsmann werden, wenn die Suzuki GSX-RR so konkurrenzfähig ist wie im Vorjahr.

Das Movistar-Yamaha-Team hat 2015 noch alle drei WM-Titel (Fahrer-, Konstrukteurs- und Team-WM) gewonnen, 2016 fiel nur der Team-WM-Titel ab, weil Pedrosa bei Honda schwächelte. 2017 und 2018 räumte Honda alle drei MotoGP-Titel ab. Vielleicht nahm Movistar auch deshalb Abschied.

Yamaha reagierte. Es existiert jetzt ein European Test Team mit Jonas Folger, Rossi-Schützling Franco Morbidelli bekam im neuen Petronas-Kundenteam eine 2019-Yamaha. Denn auch Honda, Ducati und KTM behandeln die Kundenteams liebevoll, Yamaha hingegen hat Johann Zarco verloren, weil er für 2018 keine aktuelle Werksmaschine erhielt.

Projektkleiter Tsuya entschuldigte sich

Valentino Rossi musste sich 2017 in der WM seinem neuen Teamkollegen Maverick Viñales geschlagen geben. 2018 hat er den spanischen Widersacher um 6 Punkte distanziert. Der WM-Endstand: 1. Márquez 321 Punkte. 2. Dovizioso 245. 3. Rossi 198. 4. Viñales 193. 5. Rins 169. 6. Zarco 158.

2017 brach ein offener Zwist zwischen Rossi und dem neuen Teampartner Viñales aus, aber die Misere 2018 brachte die beiden Yamaha-Stars einander näher. Sie litten und kritisierten die M1 gemeinsam. Rossi schimpfte, Yamaha habe bei der Umstellung auf die Einheits-Elektronik von Mganeti-Marreii 2018 alles verschlafen. Honda und Ducati hätten in diesem Bereich mehr Geld und mehr Manpower investiert.

Beim Österreich-GP 2018 entschuldigte sich Projektleiter Tsuya sogar öffentlich für das nicht konkurrenzfähige Material. «Unser Motorrad war meistens nur für die Ränge 5 bis 7 gut», jammerte Rossi. Tsuya wurde im Winter in aller Stille mit anderen Aufgaben betraut und abgesetzt. Und Rossi wünscht sich einen erfolgreichen Macher an der Spitze von Yamaha Motor Racing wie einst Furusawa, mit dem er von 2004 bis 2006 bei Yamaha drei Titel in Serie gewann.

Rossi schöpft aus der Konkurrenz mit Viñales viel Motivation. Er weiß, Yamaha muss für die Zukunft vorsorgen. Jorge Lorenzo hat er nach dessen MotoGP-Debüt 2008 viel erbarmungsloser bekämpft. Rossi hat damals sogar eine Mauer in der Box errichten lassen und dem Spanier die unterlegenen Michelin-Reifen zugeschanzt. Er selber sicherte sich die erfolgreichen Bridgestone-Pneus, mit denen Casey Stoner 2007 die WM gewonnen hatte.

Mit Movistar steigt eine große Marke aus dem GP-Geschäft aus, soe gehört zum größten Mobilfunkanbieter Spaniens, Telefónica, der auch in Südamerika ehebliche Marktanteile besitzt und 2014 bei Yamaha eingestiegen ist.

Bis Ende 2005 war Movistar/Telefónica Sponsor von Gresini-Honda, als mit Sete Gibernau große Erfolge erzielt wurden. Für 2006 wollte Movistar den aufstrebenden 250-ccm-Weltmeister Dani Pedrosa zu Gresini-Honda vermitteln, denn die Nummer 26 war schon in den kleinen Klassen (125 ccm, 250 ccm) von Movistar finanziert worden, davor schon im spanischen Movistar-Honda-125-Cup.

Doch HRC ließ nicht mit sich reden. Pedrosa wurde 2006 neben Hayden ins Repsol-Honda-Werksteam gesteckt, darauf zog sich Telefónica für viele Jahre völlig beleidigt aus dem Zweiradsport zurück. Die Millionen wurden fortan Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso zugeschanzt.

Auch nach der Verpflichtung von Lorenzo 2008 ließ sich der Mobilfunkgigant nicht überreden, erst 2014, nachdem zuvor für fast 20 Millionen Euro noch ein Radprofi-Rennstall gegründet worden war.

Vor der Saison 2014 wurde ein Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieben, der bis Ende 2018 läuft. Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Factory Racing, ließ durchblicken, man habe in der zweiten Jahreshälfte 2017 erste Gespräche über eine Vertragsverlängerung geführt, die aber nichts fruchteten.

In den ersten drei Movistar-Jahren gewann das Yamaha-Team den Titel 2015 mit Lorenzo, dazu zweimal die Team-WM, es gelangen 21 Siege und 71 Podestplätze.

Yamaha: Seie 1961 in der WM

Yamaha beteiligt sich seit 1961 als Hersteller an der FIM Motorrad-Weltmeisterschaft. Das heutige Werksteam existiert in dieser Konstellation seit 1999. Damals entstand mit Yamaha Factory Racing eine eigene Rennfirma nach dem Muster von HRC, bei Ducati Corse und Aprilia Racing wird es ähnlich gehandhabt. Vorher hatte Yamaha die Teamführung jahrelang an private Rennställe ausgelagert – an Agostini, Roberts, Rainey und so weiter.

Was die Hauptsponsoren betrifft, hat das Yamaha-Werksteam in der «premier class» eine bewegte Vergangenheit. So ist Sponsor Fiat zum Beispiel Ende 2010 ausgestiegen, trotz des Titelgewinns von Lorenzo, weil Rossi zu Ducati ging.

Übrigens: Yamaha erlebte in der MotoGP-Ära auch schmachvolle Jahre. Zum Beispiel 2003, damals gelang mit Marco Melandri und Carlos Checa das ganze Jahr kein Podestplatz. Checa landete in der WM auf dem siebten Rang, Melandri auf dem 15.

Die Yamaha-MotoGP-Fahrerpaarungen bisher:

2002: Carlos Checa, Max Biaggi
2003: Carlos Checa, Marco Melandri
2004: Valentino Rossi, Carlos Checa
2005: Valentino Rossi, Colin Edwards
2006: Valentino Rossi, Colin Edwards
2007: Valentino Rossi, Colin Edwards
2008: Valentino Rossi, Jorge Lorenzo
2010: Valentino Rossi, Jorge Lorenzo
2011: Jorge Lorenzo, Ben Spies
2012: Jorge Lorenzo, Ben Spies
2013: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2014: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2015: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2016: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2017: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2018: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2019: Valentino Rossi, Maverick Viñales

Titelgewinne seit 2002:

2004, 2005, 2008, 2009: Rossi
2010, 2012 und 2015: Lorenzo

Die Sponsoren seit 1999:

1999 bis 2002: Marlboro
2003: Fortuna
2004 und 2005: Gauloises
2006: Camel
2007 bis 2010: Fiat
2011 bis 2013: Yamaha Factory Racing
2014 bis 2017: Movistar

Die MotoGP-Erfolge von Yamaha seit 2002:

Anzahl Rennen: 343
Siege: 113
zweite Plätze: 115
dritte Plätze: 83
WM-Punkte: 8865
Anzahl Podestplätze: 311
Pole-Positions: 101
Schnellste Rennrunden: 81

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