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Andrea Iannone: Ist das der Anfang vom Ende?

Von Günther Wiesinger
Andrea Iannone

Andrea Iannone

Normalerweise ist von der B-Probe im Dopingfall Andrea Iannone keine Reinwaschung zu erwarten. Dem Aprilia-Werksfahrer droht ein tiefer Fall, eventuell sogar das Karriere-Ende.

Andrea «The Maniac» Iannone hat seinem Künstlernamen wieder einmal alle Ehre gemacht. Der Aprilia-MotoGP-Werksfahrer ist wegen eines Doping-Vergehens vom Motorrad-Weltverband FIM ab 17. Dezember für alle «Wettbewerbe und Aktivitäten» suspendiert worden. Er wartet jetzt die Öffnung der B-Probe ab, deren Ergebnis soll am 7. Januar vorliegen.

Eine wundersame Reinwaschung darf sich von dieser B-Probe niemand erwarten. Es ist eigentlich kein Doping-Fall aus dem Radsport, Skisport, aus der Leichtathletik oder sonst einer Sportart bekannt, bei dem sich das Ergebnis durch die Kontrolle der B-Probe verändert hätte. Oft wird deshalb darauf sogar verzichtet.

Das Warten auf die B-Probe gibt Iannone in erster Linie die Möglichkeit, eine Verteidigungsstrategie zu überlegen. Gleichzeitig können Aprilia Racing und Rennchef Massimo Rivola nachdenken, welche Konsequenzen bei einer positiven Dopingprobe gezogen werden. Und da bleibt wohl nur die Vertragsauflösung. Aprilia könnte dann Testfahrer Bradley Smith neben Aleix Espargaró ins Werksteam befördern.

Die Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM) fand bei einer Kontrolle beim Sepang-GP im November die Substanz «Exogenous Anabolic Androgenic Steroids» (AAS) im Urin von Iannone, die 2019 auf der Liste der verbotenen Mittel steht.

Iannone mimt das Unschuldslamm und vermutet, die anbolen Steroide seien über die Nahrungskette in seinen Körper und seinen Urin gelangt. Mit dieser Verteidigungsstrategie war schon der ehemalige Tour de France-Sieger Alberto Contador kläglich gescheitert. Er hatte öffentlich vermutet, ein Steak von einem mit Steroiden behandelten Rind verspeist zu haben.

Wir kennen von beschuldigten Sportlern aller Disziplinen die merkwürdigsten Ausreden. Der deutsche 5000-Meter Läufer Dieter Baumann klagte einst, die verbotene Substanz müsse sich in seiner Zahnpasta verborgen haben. Der aus Litauen stammende Radrennfahrer Raimondas Rumsas, der dann Frankreich wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetzt wochenlang im Gefängnis rumsaß, erklärte, die im Auto seiner Frau gefundenen Mittel seien für seine Schwiegermutter bestimmt gewesen. Der Belgier Frank Vandenbroucke erzählte der Polizei, die bei ihm aufgefundenen Doping-Substanzen seien als Leckerbissen für seinen Hund vorgesehen gewesen. Ein italienischer Radprofi erzählte zuerst, die Koka-Substanzen müssten ihm vom Zahnarzt mit einer Spritze verabreicht worden sein. Als der Dentist diese Version vehement in Abrede stellte, beschuldigte der Dopingsünder seine Tante, sie habe ihm einen Koka-Tee eingeflößt.

Iannone befindet sich also bei der Suche nach Ausreden in prominenter Gesellschaft. Auch sein Landsmann Marco Pantani und andere Radstars von Jan Ullrich («Ich habe nie betrogen») bis zu Lance Armstrong vertuschten die Doping-Vergehen jahrelang.

Fakt ist: Es gibt keine Substanz, die einen Rennfahrer schneller macht, es sei denn bei einem 24-h-Rennen, wenn man versucht, sich mit Amphetaminen aufzuputschen und länger wachzuhalten.

Andrea Iannone: Manager von Sünder Fenati

Falls Iannone wirklich überführt wird, könnte ihm vermutlich eine Partydroge zum Verhängnis geworden sein. Seit seiner Beziehung zur prominenten TV-Moderatorin und Model Belén Rodriguez gehört Iannone in Italien zu den Stammgästen am roten Teppich. Jetzt könnte am grünen Tisch seine Karriere beendet werden.

Kurios: Seit dem Sommer ist Iannone gemeinsam mit Vater Regalino und Bruder Angelo Manager von Romano Fenati. Der elffache GP-Sieger war vor einem Jahr um diese Zeit gesperrt – wegen der Attacke gegen Manzi im Moto2-Rennen von Misano.

Iannone gilt seit einiger Zeit als «enfant terrible». Pompöse Yacht-Ausflüge, Luxusreisen mit Privatjets, Bentley, Schönheits-Operation, prominente Liebschaften – seine Arbeitgeber müssen einiges in Kauf nehmen.

Das Fahrkönnen des Aprilia-Werkspiloten ist unumstritten. Er siegte viermal in der 125er-WM, achtmal in der Moto2 und einmal in der MotoGP, als er 2016 in Spielberg auf der Werks-Ducati die seit 2010 (seit Stoners Erfolgen) andauernde Durststrecke der Roten in der MotoGP mit einem glorreichen GP-Triumph beendete. Es gab aber immer wieder Aussetzer auf der Strecke, in Las Termas 2016 mit Dovizioso, dann mit Lorenzo in Texas. Schon in der 125er-WM verprügelte er in Misano Pol Espargaró.

Nach zwei Suzuki-Jahren mit je 3 Millionen Jahresgage landete Iannone 2019 für zwei Jahre bei Aprilia.

Er wirkte schon bei Suzuki oft extrem lustlos, wenn die Qualität des Bikes zu wünschen übrig ließ. Er handelte sich deshalb 2017 heftige Kritik von Kevin Schwantz ein.

Auch bei Aprilia stand «The Maniac» (der Verrückte) 2019 über weite Strecken klar im Schatten von Aleix Espargaró. Er sorgte aber mit Platz 6 für das beste Saisonergebnis des Werks aus Noale.

Falls auch die B-Probe positiv ausfällt, wird Iannone von der FIM gesperrt werden. Über die Dauer der Suspendierung kann nur spekuliert werden. Da es sich um den ersten Verstoß handelt, kann #29 mit einer gewissen Milde rechnen, wie Anthony West beim ersten Mal in der Moto2 im Jahr 2012. Aber West verlor damals alle Saisonergebnisse ab Le Mans im Mai, inklusive zweier Podestplätze.

Iannone blieb in Sepang und Valencia punktelos, er muss also keinen Punkteabzug befürchten.

In der Königsklasse betraf der bisher prominenteste Dopingfall den australischen Lucky Strike Suzuki-500-Werksfahrer Anthony Gobert. Er galt schon bei seiner Ankunft als notorischer Rauschgiftsünder. Auch sein Alkoholkonsum galt als legendär. Deshalb verlangte das Team eine Urinprobe. Gobert erschien beim Test mit einem in der Unterhose versteckten Ziploc-Beutel mit Fremdurin. Der Test fiel trotzdem positiv aus, Gobert wurde der Konsum von Marihuana nachgewiesen. Was Gobert nicht wusste: Marihuana kann auch nach 30 Tagen noch im Urin nachgewiesen werden.

Während die FIM offenbar meint, Iannone auch für den offiziellen IRTA-Test von 7. bis 9. Februar in Sepang sperren zu können, kann ihn der Weltverband nur für FIM-Veranstaltungen sperren; beim Sepang-Test handelt es sich aber um keinen FIM-Wettbewerb.

Auch Fenati durfte 2019 im Februar während seiner Sperre bereits die Moto3-Honda in Jerez testen.

Aber man kann davon ausgehen, dass sich Aprilia wegen Vertragsbruchs von Iannone trennt, wenn auch in der B-Probe verbotene Substanzen nachgewiesen werden.

Bem Sepang-Test fiel Iannone schon 2019 überwiegend aus. Nach einer weitgehend misslungenen Gesichts- und Kiefer-Operation beim Schönheits-Chirurgen machte sich der Italiener zum Gespött im Fahrerlager. Er litt unter so starken Schmerzen, dass er nur wenige Runden lang einen Sturzhelm tragen konnte.

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