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Mike Leitner bei KTM: «Eine spannende Aufgabe»

Von Günther Wiesinger
Mike Leitner: Von Honda zu KTM

Mike Leitner: Von Honda zu KTM

Mike Leitner hat das Repsol-Honda-Team und Dani Pedrosa verlassen. Er wirkt ab sofort beim neuen MotoGP-Projekt von KTM mit. Er spricht von einer «gewagten Aktion» und freut sich auf die neue Herausforderung.

Dass für Mike Leitner (52) nach der Trennung von Repsol-Honda und Dani Pedrosa das KTM-Werk in Mattighofen (eine Autostunde von seinem Wohnsitz bei Bad Ischl entfernt) der erste Ansprechpartner für eine neue Aufgabe sein würde, konnte sich jeder halbwegs aufgeweckte Beobachter der MotoGP-Szene schon ausmalen, als Leitner im Oktober beim Australien-GP erklärte, er werde keinen neuen HRC-Vertrag unterschreiben.

«Ich wäre blöd, wenn ich mich nicht mit KTM unterhalten würde», räumte Leitner damals ein.

KTM kehrt bekanntlich 2017 in die MotoGP-Klasse zurück. Im Mai soll das von Ing. Kurt Trieb entwickelte 1000-ccm-V4-Triebwerk erstmals auf dem Prüfstand laufen. Inzwischen werden Stahlrohrgitterrahmen gebaut, wie sie KTM auch in der Moto3-WM verwendet. White Power wird die Federbeine und Gabeln liefern.

Für Herbst sind erste Roll-outs mit Alex Hofmann für sechs bis sieben Tage geplant. Für 2016 soll ein jüngerer, schnellerer Testfahrer engagiert werden, eventuell werden dann auch Wildcard-Einsätze abgewickelt.

Für 2017 ist ein Semi-Werksteam geplant, am liebsten mit einem existierenden Team, es ist von Avintia, Forward und Aspar-Martinez die Rede.

Es existiert aber auch ein Plan B, der den Einsatz eines eigenen Werksteams vorsieht – wie es Honda, Yamaha, Ducati und Suzuki vormachen.

Durch die langjährige erfolgreiche Partnerschaft mit Moto3-Teambesitzer Aki Ajo könnte sich eine Kooperation mit dem Finnen auch für die Königsklasse anbieten.

Ajo bildet für 2015 bereits ein Moto2-Team mit Kalex und Fahrer Johann Zarco; dazu hat er die nötigen Connections zu Red Bull und zu WP Suspension.

Für Mike Leitner beginnt am heutigen 15. Januar die Tätigkeit für das neue MotoGP-Projekt des KTM-Factory-Teams. Drei Monate Abstand wollte er nach der GP-Saison 2014 haben, zwei sind es geworden. «Ich bin so oft wie möglich Ski gefahren, zumindest immer am Vormittag», erzählte der ehemalige 125-ccm-GP-Pilot und zweifache österreichische 125-ccm-Meister im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Mike, das Thema KTM lag im Zusammenhang mit deiner beruflichen Zukunft schon im Oktober in der Luft. Aber du hast die Verhandlungen lange Zeit nur recht zaghaft bestätigt.

Ich erzähle nichts, bevor es nicht fix ist.
Und im Oktober war der KTM-Vertrag noch so weit weg von der Verwirklichung...

Aber KTM war natürlich von Anfang an eine Möglichkeit? Dein Knowhow nach elf Jahren mit Honda ist für KTM wertvoll. Und mit einem heimischen Werk in die MotoGP einzusteigen, bildet auch für dich eine einmalige Chance.

Ja. Nach der Saison 2014 habe ich mich ein paar Mal mit Pit Beirer von KTM getroffen. Im Dezember hat sich eine Einigung abgezeichnet. Mitte Januar geht meine Arbeit bei KTM jetzt los.

Wie wird dein Aufgabengebiet genau aussehen? Ich nehme an, du musst jetzt mithelfen, ein Testteam zusammenzustellen?

Es müssen noch einige Details besprochen werden. Momentan wird die Infrastruktur aufgebaut. Klar, es geht um den technischen Bereich.
Die nächsten Monate werden sehr intensiv. Ich gehe davon aus, dass ich fast jeden Tag ins Werk fahre und mithelfe, einfach mal eine Basis aufzubauen.
Es sind ja ungefähr schon 20 Leute mit dem MotoGP-Projekt beschäftigt.

Wie viele Techniker braucht KTM für das erste Roll-out und für das Testteam? Wann soll dieses erste Roll-out stattfinden?

Das Ziel wird sein, im September oder Oktober zu fahren. Aber für genauere Informationen ist Pit Beirer zuständig.
Ich fange mit dieser Aufgabe jetzt einmal an. Es wird einige Zeit dauern, bis wir genau abschätzen können, wie viele Mitarbeiter wir für welche Aufgabe benötigen.
Jetzt ist einmal wichtig, dass wir ein Motorrad auf die Schiene bringen, damit wir überhaupt testen können. Das ist vorläufig die Priorität. Es wird noch gezeichnet.

KTM-Firmenchef Stefan Pierer hat die ersten Prüfstandtests für die RC16-Motoren für Mai 2015 angekündigt. Pit Beirer sagt, man liege gut im Zeitplan, die Hardware für die Motoren trifft bereits in der Rennabteilung in Munderfing ein.

Ja, ich bin da noch gar nicht richtig auf dem Laufenden. In ein paar Tagen werde ich mehr wissen.

In der Moto3 ist KTM ein sehr ernsthafter Gegner für Honda. In der MotoGP-Klasse wird die Aufgabe wesentlich schwieriger, die Konkurrenz ist grösser, es fehlt am Know-how und wohl auch an den Riesenbudgets der Japaner?

Ja, es wird sehr schwierig. (Er lacht). Sehr schwierig.
Aber es geht jetzt um ein ganz anderes Aufgabengebiet.

Trotzdem will Firmenchef Stefan Pierer nach drei Jahren unter den Top-5 mitmischen.

Es ist ja super, wenn es im deutschsprachigen Raum so einen Hersteller wie KTM gibt. Was ist puncto GP-Sport sonst noch los?
Auch wenn das eine gewagte Aktion wird, wird es eine super interessante Geschichte werden. Das taugt mir, das reizt mich.
Von Null weg so ein Projekt zu starten und daran mitzuwirken, ist eine reizvolle Aufgabe.
Ich will helfen, wo ich helfen kann.

Was ist das schwierigste Kapitel bei so einem neuen MotoGP-Projekt? Motor? Chassis?

Es geht ums Gesamtpaket. MotoGP ist eine Paketfrage.
Du kannst über Motoren diskutieren, du kannst über Fahrwerke und Suspension diskutieren. Aber am Ende ist die entscheidende Frage: Wie gut ist die Harmonie aller entscheidender Faktoren?

Ducati hat 2007 mit einem Gitterrohrstahlrahmen die MotoGP-WM gewonnen. Aber heute sind an den Boxen bei allen Herstellern nur noch Alu-Chassis zu sehen. Hättest du KTM so einen Stahlrahmen empfohlen?

Es gibt da gewisse Aspekte zu berücksichtigen. Ich habe mich in letzter Zeit auch in der Motocross-Szene umgeschaut. Das ist zwar ein ganz anderes Thema.
Aber jetzt hat Ken Roczen in Amerika die Supercross-Championship gewonnen – mit einem Stahlrohrrahmen von KTM. Wenn das vor sechs Jahren einer prophezeit hätte, wäre er ausgelacht worden. Man hätte gesagt, du brauchst einen Alurahmen wie die Japaner.
Am Ende zählt das Paket.

Der ehemalige Aprilia-Renndirektor Jan Witteveen hat Ducati vor einem Jahr empfohlen, zum Stahlrahmen zurückzukehren, denn das sei die DNA von Ducati.

Ich habe mein ganzes Leben mit Alurahmen gearbeitet. Ich kann jetzt ganz schwer einschätzen, ob das ein vielversprechendes Konzept ist oder nicht.
Es ist auf jeden Fall eine riesige Herausforderung.
Und wenn ein Firmenbesitzer sagt: Für unsere Marke sieht die Strategie so aus, dass wir mit einem Stahlrahmen und WP Suspension einsteigen, dann ist das ein verständlicher Zugang.
In der MotoGP geht es ja auch ums Marketing.
Wenn ich mir die Firmengeschichte von KTM anschaue, so sind sie vielleicht in der Moto3-WM auch ein bisschen belächelt worden. Aber sie haben die ersten zwei WM-Titel gewonnen. KTM ist im Motocross erfolgreich, im Endurosport, sie machen bei der Dakar-Rallye einen sehr guten Job.
Der Slogan «Ready to Race» hat bei KTM einen grossen Stellenwert.
Aber wie schnell KTM in der MotoGP an Honda, Yamaha, Suzuki und Ducati herankommt, diese Frage kann vorläufig niemand beantworten. Das wird eine spannende Aufgabe.

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