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Lucio Cecchinello (LCR): «Wir wollen Ducati besiegen»

Von Günther Wiesinger
Die beiden CWM-LCR-Honda-Fahrer Cal Crutchlow und Jack Miller blieben beim ersten Sepang-Test hinter den Erwartungen. «Ich mache mir Sorgen», gibt Teambesitzer Cecchinello zu.

Das neu formierte CWM-LCR-Honda-Team von Lucio Cecchinello wurde am späten Mittwochabend in London vorgestellt, wo sich auch der Firmensitz von Hauptsponsor und Online-Aktienhändler CWM befindet.

CWM-CEO Anthony Constantinou hat das LCR-Team schon 2014 in Assen, Brünn und Silverstone gesponsert und jetzt für ein Jahr die Namensrechte des Traditionsrennstalls gekauft, für den in den letzten drei Jahren Stefan Bradl unterwegs war.

Mit Cal Crutchlow, WM-Fünfter 2013 auf Tech3-Yamaha, und Jack Miller, Moto3-WM-Zweiter 2014 auf Red Bull-KTM, verfügt der Honda-MotoGP-Rennstall erstmals über zwei Fahrer.

Mit den Rängen 11 und 20 blieben Crutchlow und Rookie Miller beim Sepang-Test vor zwei Wochen noch hinter den Erwartungen.

SPEEDWEEK.com hat mit Lucio Cecchinello über die Erwartungen für die Saison 2015 gesprochen.

Lucio, bei Jack Miller war es klar, dass man Geduld haben muss, denn er kommt von 250 ccm und 55 PS auf die 250 PS starke 1000-ccm-Maschine. Aber von Cal Crutchlow hätte man in Sepang mit der Factory-Honda mehr erwartet als einen elften Rang?

Ja, mir ist aufgefallen, dass beide Fahrer etwas Mühe hatten, sich an das Honda-Motorrad zu gewöhnen.
Bei Jack haben wir gewisse Schwierigkeiten erwartet. Aber wir müssen bei ihm ruhig und geduldig bleiben, denn wir haben den ganzen Winter hindurch gesagt, dass wir bei ihm keine Eile haben, dass wir ihn nicht pushen sollten. Wir müssen ihm die Möglichkeit geben, viele Runden zu fahren, ohne Risiken einzugehen. Bei ihm geht es noch nicht um die besten Rundenzeiten.
Trotzdem war Jack mit dem Open-Bike nur eine Zehntelsekunde langsamer als Nicky Hayden und schneller als die andern Open-Fahrer von Honda, die viel mehr Erfahrung mit den grossen Maschinen haben.
Cal Crutchlow hat gesagt, er wolle sich nach mehr als zwei Monaten Pause nicht verletzen und keine grossen Risiken eingehen.
Wenn wir die Zeiten anschauen, dann war er mit gebrauchten Reifen sehr stark. Aber wir haben trotzdem noch Probleme bei ihm.

Cal sagte, er kann mit neuen Reifen nicht schneller fahren als mit stark gebrauchten. Er hat Mühe mit den hitzebeständigen Hinterreifen, die Bridgestone seit einem Jahr einsetzt. Sie vermitteln ihm nicht genug Vertrauen.

Ja, ja. Exakt. Wir müssen sehen, welche Tendenz sich beim nächsten Test ab 23. Februar in Malaysia bei ihm abzeichnet.
Dann werden wir erkennenn, wie gross die Schwierigkeiten sind, in denen wir stecken.
Cal hat aber normalerweise beim ersten Test nach der Winterpause immer Mühe, wieder in Fahrt zu kommen.
Wir geben ihm also Zeit, mehr Vertrauen zu gewinnen.
Wir wissen, dass er Potenzial hat, er ist stark, er ist schnell, er ist mental stark. Wir lassen ihn mit dem Motorrad arbeiten. Er muss seinen Fahrstil an die Honda anpassen.
Cal hat gemerkt, dass er bei der Honda einen Gripmangel in Schräglage hat. Darüber hat sich auch Stefan Bradl letztes Jahr manchmal beschwert.

Cal Crutchlow hat 2013 mit der Tech3-Yamaha vier Podestplätze erzielt. Aber er brauchte im Vorjahr mit den hitzebeständigen Reifen von Bridgestone bis Oktober, ehe er sich mit der Werks-Ducati zurechtfand. Er war oft eine Sekunde langsamer als Dovizioso und regelmässig langsamer als Iannone. Beunruhigt dich das? Befürchtest du, dass er auch bei Honda lange braucht, bis er richtig schnell ist?

Natürlich mache ich mir Sorgen. Ich weiss, wie schwierig es ist, mit einem Motorrad schnell zu fahren. Ich habe Bedenken, dass Cal mehr Zeit braucht als erwartet. Das heisst auch, dass ich mich sehr anstrenge, ihn zu unterstützen und ihm Motivation zu geben. Ich gebe ihm alles, was er braucht, um seine Leistung bringen zu können.

Es sieht so aus, als würden sich 2015 die üblichen Top-4 plus die beiden Ducati-Piloten Dovizioso und Iannone um die besten sechs Plätze streiten. Dahinter reihen sich zehn Fahrer ein, die um die weiteren Top-Ten-Plätze rittern. Das sind die beiden Tech3-Fahrer Pol Espargaró und Smith, Bradl, die Honda-Factory-Fahrer Crutchlow und Redding, die beiden Suzuki von Aleix Espargaró und Vinales, dann zum Beispiel die Ducati von Barbera, Petrucci und Hernandez.

Ja, richtig, das ist eine Möglichkeit. Aber wenn sich die Reihenfolge so ergeben würde, wären wir nicht zufrieden.
Wir streben bessere Resultate an. Wir wollen mit Cal zumindest das Ducati-Werksteam besiegen.

Einige Fahrer mussten in Sepang einsehen, dass die Honda nicht einfach zu fahren ist: Cal, Scott Redding, Hayden, Jack Miller. Viele Fahrer schauten in den letzten zwei Jahren auf die Resultate von Marc Márquez und meinten, die Honda sei mit Abstand das beste Motorrad.

Ja, so ist es. Und ich glaube, Honda hat eingesehen, dass sie arbeiten müssen, um das Motorrad auch für andere Piloten fahrbarer zu machen, damit nicht nur Marc damit glänzen kann, während alle anderen Mühe haben. Die Kommentare von Cal wurden bei Honda gehört.

Im Vergleich zu Cal hat Jack Miller recht achtungsvoll abgeschnitten. Aber das neue Open-Paket von Honda hat noch Kinderkrankheiten?

Ja, wir hatten Probleme mit der neuen Open-ECU. Jack hat geklagt, dass er hinten nicht genug Traktion hat. Er sagt, das Hinterrad dreht sehr stark durch. Honda muss gemeinsam mit Marelli daran arbeiten, die Einheits-ECU zu verbessern. Honda macht sich klare Sorgen deswegen, weil diese Motorensteuerung 2016 auch in den Factory-Bikes eingebaut werden muss. Sie ist dann Pflicht für alle.

Nächstes Jahr wird es keine Open-Bikes mehr geben. Wird dein CWM-LCR-Honda-Team 2016 zwei Factory-Bikes Jahrgang 2016 erhalten? Oder nur eines, weil Honda maximal vier einsetzt, davon zwei bei Repsol – und eines dem Marc VDS-Team versprochen wurde?

Ich glaube, es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Ich diskutiere mit Honda. Sie haben den Plan, Jack für 2016 ein besseres Motorrad zu geben. Gleichzeitig hoffen wir, dass wir unser Projekt mit zwei Fahrern inklusive Cal auch 2016 fortsetzen können. Ich hoffe deshalb, dass wir nächstes Jahr zwei gute Factory-Honda erhalten.

Jack Miller möchte deine Vorgaben verwirklichen, also in der Endabrechnung unter die Top-Ten fahren und die Open-Class gewinnen. Einfach wird diese Aufgabe nicht – gegen Bradl auf der Forward-Yamaha und gegen Barbera auf der Avintia-Ducati?

Ja. Ich denke, es wird für Jack sehr schwierig, bester Open-Class-Fahrer zu werden.

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