KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Giovanni Cuzari (Forward): «Ich will Stefan aufbauen»

Von Günther Wiesinger
Athinà-Forward-Yamaha-Teambesitzer Giovanni Cuzari hält trotz des verpatzten Saisonstarts grosse Stücke auf Stefan Bradl. «ich habe einen Diamanten in den Händen», betont er.

Giovanni «Gio» Cuzari ist Besitzer des Athinà Forward-Yamaha-Teams, das für 2015 klare Zielsetzungen hatte: Stefan Bradl sollte die Open-Class gewinnen – wie sein Vorgänger Aleix Espargaró 2014.

Doch der letztjährige WM-Neunte blieb bisher hinter den Erwartungen, er hat erst einen WM-Punkt kassiert, er wurde in Austin von Jack Miller und in Mugello von Nicky Hayden aus dem Rennen befördert.

Es gab immer wieder Lichtblicke, aber auch schlimme Rückschläge, es kam zu Defekten in den Trainings und vor allem zu mühseligen Set-up-Problemen mit der Einheits-Elektronik von Magneti Marelli, die Bradl oft den Mumm raubten.

Im Interview mit SPEEDWEEK.com nimmt Immobilien-Unternehmer Giovanni Cuzari zur Situation mit Stefan Bradl und zur erfreulichen Entwicklung von Rookie Loris Baz, der schon zehn Punkte eingesammelt hat und in Le Mans und Mugello auf Platz 12 ins Ziel fuhr.

Giovanni, wie schwierig war es für dich bei den ersten sechs Rennen, die Ergebnisse von Stefan Bradl zu akzeptieren, nachdem ihr 2014 die Open-Class nach Belieben dominiert habt?

Die Situation in der Open-Class lässt sich 2015 nicht mit 2014 vergleichen.
Der Hinterreifen hat sich verändert, der superweiche Hinterreifen der Open-Fahrer ist jetzt härter als im Vorjahr, weil es keine Claiming-Rule-Bikes mehr gibt. Ausserdem hat sich die ECU völlig verändert. Wir haben seit Sepang eine neue Version, die wesentlich komplizierter ist. Und in Le Mans gab es noch einmal ein Update. Das heisst: Wir können die zwei Jahre nicht vergleichen.
Dass die Honda-Motorräder konkurrenzfähiger geworden sind, darf man auch nicht vergessen. Und Ducati hatte 2014 erst ab Aragón Open-Maschinen, jetzt sind die seit dem ersten Rennen dabei – und stark.
Honda arbeitet seit dem Winter intensiv an der ECU, Yamaha unterlässt es. Sie verfolgen die Entwicklung von Marelli im Moment nicht, sie konzentrieren sich auf die Factory-Klasse mit Rossi und Lorenzo. Vielleicht haben sie Recht damit.
Aber für uns ist die Situation dadurch nicht so leicht wie im letzten Jahr.
Wir haben mit Stefan Bradl einen neuen Fahrer, der für mich persönlich stärker ist als Aleix, das habe ich schon oft genug erwähnt, Stefan war Weltmeister.
Doch wir müssen uns vor Augen halten: Stefan kommt von Honda, er ist dort drei Jahre lang eine Werksmaschine gefahren, er ist durch die beste Elektronik verwöhnt. Jetzt macht er sein Bestes, aber wir haben eine andere Elektronik zur Verfügung.
Stefan weiss inzwischen, dass wir nicht dumm sind und dass wir uns ernsthaft anstrengen. Aber: Die Voraussetzungen haben sich verändert seit 2014.

Héctor Barbera führt in der Open-Class. Er hat 16 Punkte auf dem Konto, Loris Baz als Zweiter zehn.

Ja, und wir fragen uns zum Beispiel, warum Ducati an den Open-Motorrädern das Seamless-Getriebe verwenden kann, aber Honda und Yamaha nicht.

Kann sich daran während der Saison 2015 noch etwas ändern?

Ich hoffe. Wir hatten einige Meetings mit dem Topmanagement von Yamaha. Sie haben uns einige Dinge versprochen. Deshalb bin ich ziemlich sicher, dass wir bei den restlichen Rennen gute Leistungen bringen können.

In Mugello sah es so aus, als hätte das Team für Stefan Bradl beim Set-up für die Traction-Control eine bessere Basis gefunden. Vom FP2 bis zum Warm-up lief alles problemlos. Aber das Rennen ging wieder schief.

Für mich ist Stefan ein wirklich schneller Fahrer. Im Moment müssen wir mit dem vorhandenen Material das Beste geben. Ich frage Stefan jeden Tag mehrmals: Stefan, was kann ich tun, um dir zu helfen?
Ich bin nicht im Paddock, um einen Fahrer zu zerstören. Wir wollen Stefan nach der schwierigen zweiten Saisonhälfte 2014 wieder aufbauen. Das ist unser grundlegendes Interesse. Ich verdiene in der MotoGP-WM kein Geld.
Ich habe nur das Interesse, mit unserem Team etwas aufzubauen.

Loris Baz hat als Rookie schon zehn Punkte kassiert, war hat im Rennen von Mugello sogar die Open-Class gewonnen. Immerhin ein Trost.

Ehrlich gesagt, ich bin happy mit der Performance von Loris. Aber wir waren zuversichtlich, was Loris betrifft. Er ist zwar sehr, sehr gross, aber er ist ein guter Fahrer, er ist ein Fighter.

Kann Forward 2015 die Open-Class noch gewinnen? Vielleicht mit Baz statt Bradl?

Wir haben noch zwölf Rennen vor uns. Ich bin zuversichtlich.
Ich weiss und bin davon überzeugt, dass ich mit Stefan einen riesigen Diamanten in den Händen habe. Wenn er mehr Vertrauen zum Motorrad findet, kann er alle restlichen Fahrer in der Open-Kategorie zerstören.

Du ?möchstest Stefan Bradl auch 2016 im Team haben. Aber Lin Jarvis von Yamaha hat kürzlich erwähnt, für Yamaha liege die ideale Zahl von MotoGP-Fahrern bei vier. Das heisst: zwei von Movistar, zwei von Tech3. Wie sieht die Situation für 2014 aus?

Ich kann nicht behaupten, dass ich sicher bin, auch 2016 Yamaha-Motorräder zu bekommen. Aber wir bemühen uns, Teil der Yamaha-Familie zu sein.
Ich bin sicher, dass wir dem Yamaha-Management gezeigt haben, dass wir uns ernsthaft bemühen. Wir erledigen unsere Aufgaben bestmöglich, wir zahlen unsere Rechnungen.
Ich habe den Eindruck, dass sie Interesse haben, mit uns weiterzumachen.

Davide Brivio und Romano Albesiano haben anklingen lassen, dass Suzuki und Aprilia 2016 noch keine neuen Kundenteams ausrüsten werden. Eher 2017.

Ja, sie werden erst 2017 verpflichtet sein, ein Kundenteam auszurüsten, wenn Nachfrage besteht.
Wenn ich 2017 theoretisch eine Suzuki möchte, dürfen sie nicht ablehnen. Und auch KTM kommt 2017 in die Weltmeisterschaft.

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