Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

MotoGP-KTM: Wie sieht der Zeitplan jetzt aus?

Von Günther Wiesinger
Beim Saisonauftakt in Katar 2017 wird die KTM RC16 startklar sein. Die Fans hoffen sogar auf Wildcard-Einsätze 2016. Vorläufig ist das kein realistisches Szenario.

Am 31. Juli 2014 verlautbarte KTM-Firmenchef Stefan Pieter exklusiv über SPEEDWEEK.com den MotoGP-Einstieg des Mattighofener Werks für die Saison 2017.

Auch die wichtigsten Eckdaten nannte er: V4-Motor, Gitterrohrstahlrahmen, pneumatischer Ventiltrieb, Seamless-Getriebe, WP Suspension – alles «State of the art».

Nur in zwei Punkten weicht KTM jetzt von den ursprünglichen Plänen ab.

Erstens wird es kein Semi-Werksteam geben, zweitens sind bisher für 2016 keine Wildcard-Einsätze geplant.

«Denn wir brauchen keine Marketing-Aktivitäten, sondern genug Zeit, um beim Katar-GP 2017 gut vorbereitet am Start zu stehen», sagt Pit Beirer, Motorsport Director von KTM.

Und statt des Semi-Werksteams, das sich in der Moto3-WM mit dem Red Bull Ajo-Rennstall gut bewährt hat, wird KTM mit einem eigenen Werksteam in die Königsklasse einsteigen.

«Wir waren immer dann in einer Motorsport-Rennserie besonders erfolgreich, wenn wir alle Fäden selber in der Hand gehabt haben», stellte Pit Beirer fest.

Ausserdem wirkten die Teams, mit denen man Joint Ventures vereinbaren hätte können, nicht gerade verheissungsvoll: Forward Racing, Avintia Racing, Aspar Martinez, Iodaracing, AB Motoracing – alles keine Spitzenteams.

Und Teams wie Tech3 (Yamaha), LCR (Honda), Marc VDS (Honda), Gresini (Aprilia) sowie Pramac (Ducati) sind zu eng mit ihren bisherigen Partnern verbündet; sie wollten nicht auf die Risiko-Karte KTM setzen.

15 Monate nach der Ankündigung von Stefan Pierer spulte die neue KTM RC16 auf dem Red Bull Ring in Spielberg ihre ersten Runden ab. Für das Roll-out wurde Eurosport-Kommentator Alex Hofmann eingesetzt, der einen Vertrag mit der Marketingabteilung von KTM hat und bei den Europa-Rennen jeweils mit einer Superduke die Streckenvorstellung macht.

Als Testfahrer für 2016 wurde von KTM Mika Kallio engagiert.

MotoGP: Diesmal passiert alles in-House

Gegenüber dem gescheiterten ersten MotoGP-Projekt 2004 und 2007 und dem Einstieg 2017 bestehen gravierende Unterschiede.

Diesmal passiert fast alles In-House; auch der Gitterrohrstahlrahmen wird in der neuen Rennabteilung KTM Factory Racing in Munderfing konstruiert. Es werden keine externen Zauberer mehr geduldet, KTM verfügt über die Personalhoheit und hat sich im letzten Jahr von der Manpower her kräftig verstärkt.

Natürlich bildet jetzt auch die Firma WP Performance Systems GmbH ein wichtiges Bestandteil des MotoGP-Projekts von KTM.

Dieses ursprünglich niederländische Unternehmen wurde 1995 von KTM Power Sports übernommen, seit 2008 gehört die WP Performance Systems GmbH zur österreichischen Cross Motorsport Systems AG, einem Tochterunternehmen der Cross Industries AG, zu der auch die KTM Power Sports AG gehört. Seit 2009 wurde die Produktion aller WP-Komponenten von Malden/NL nach Österreich verlegt.

WP hat sich Schritt für Schritt an die Königsklasse herangewagt. 2012 wurde die Moto3-WM mit Sandro Cortese gewonnen, 2013 mit Maverick Vinales. Gleichzeitig wurde der Einstieg in die Moto2-Klasse vorbereitet. Johann Zarco gewann 2015 den ersten Moto2-WM-Titel für WP, Alex Rins liegt mit WP in der WM an zweiter Stelle.

Auch in der MotoGP hat WP bereits erste Fahrversuche hinter sich: 2013 bestritt Martin Bauer mit Wildcards die MotoGP-Rennen in Brünn und Valencia auf einer Suter-BMW. Danilo Petrucci testete WP beim Montag-Test 2013 in Misano auf der Suter-BMW von Iodaracing.

Seamless-Getriebe von X-trac

Bei KTM wurde in einer ersten Tranche Material für zehn RC16-Motoren bestellt; 2016 soll monatlich einmal getestet werden.

«Es ist mit einem weissen Blatt Papier begonnen worden. Vom Konzept her, wie man ein Kurbelgehäuse verschraubt oder so, gibt es sicher Ähnlichkeiten zu unserem 990-ccm-Motor von 2004. Sonst ist alles anders und alles neu», schildert Motor-Designer Ing. Kurt Trieb. «Wir hatten damals 84 mm Bohrung, jetzt liegt die maximale Bohrung laut Reglement bei 81 mm. Wir hatten damals einen Zylinderwinkel von 75 Grad, dazu eine Ausgleichswelle. Der neue Motor hat keine Ausgleichswelle, dafür einen entsprechend grösseren Zylinderwinkel.»

Da die Moto3-Triebwerke nur 13.500/min drehen dürfen und das MotoGP-Triebwerk wohl 16.000/min dreht, könne vom 250-ccm-Einzylinder gar nichts übernommen werden, betont Trieb.

Vorläufig wird die RC16 mit der diesjährigen Open-Class-Elektronik von Magneti Marelli gefahren. 2016 kommt die Einheits-Motorensteuerung, damit ist KTM eine grosse Sorge los.

Das Seamless-Getriebe wird bei X-trac in England bezogen. Dort kauft auch Ducati ein.

Ducati verfügt an der GP15 erstmals über eine gegenläufige Kurbelwelle, sie dreht sich also wie beim Yamaha-Reihenmotor gegen die Fahrtrichtung. Auch Aprilia tritt 2016 beim neuen V4-Motor mit einem Gegenläufer an. Ist das ein Rezept, das auch im Innviertel Anklang findet?

«Ein interessantes Konzept», räumt Ing. Trieb ein. «Aber wir haben das bisher nicht eingeplant. Meiner Meinung nach wäre dazu ein neuer Motor nötig oder eine Weiterentwicklung.»

Yamaha dominiert mit einem Reihen-Vierzylinder. Suzuki ist mit dem Reihenmotor jetzt erfolgreicher als mit dem alten V4-Konzept. Was spricht eigentlich für den V-Motor? «Er ist kompakter, auch der Massenausgleich spricht meiner Meinung nach für den V4», sagt Kurt Trieb. «Ich halte V4 für das richtige Konzept.»

Für den Sonntag beim GP von Österreich (14. August 2016) in Spielberg plant das Red Bull-KTM-Werksteam eine Teampräsentation, auch eine Demonstrationsrunde mit der RC16 ist bereits mit der Dorna vereinbart worden.

Die wahren KTM-Fans wollen nicht mehr bis Katar 2017 warten. Sie wünschen sich natürlich erste Wildcard-Rennen 2016.

Ing. Kurt Trieb lässt ein kleines Schlupfloch offen. «Ich denke, Wildcard-Einsätze 2016 werden sehr, sehr schwierig. Aber wenn alles super laufen würde...»

Ein Renndebüt 2016 in Spielberg schliesst Ing. Trieb kategorisch aus. «Spielberg kommt sicher zu früh.»

Schliesslich schwenkt der Konstrukteur auf die vorläufige Konzernstrategie ein. «Realistisch gesehen werden wir nächstes Jahr keine Rennen bestreiten können.»

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