Lucio Cecchinello: Wechselt LCR-Team zu Suzuki?

Von Günther Wiesinger
LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello dementiert die Gerüchte, er werde 2017 zu Suzuki wechseln. «Aber ich weiss, dass sie ein Kundenteam suchen», sagt Lucio.

In den letzten Tagen war mehrmals zu hören, das LCR-Honda-Team von Lucio Cecchinello könnte für 2017 zu Suzuki wechseln und dort das erste Kundenteam der Japaner in der MotoGP-Viertakt-Ära bilden.

Der siebenfache GP-Sieger und ehemalige 125-ccm-GP-Pilot tritt in der MotoGP-Klasse seit 2006 mit Honda-Material an.

Und es ist offensichtlich, dass LCR mit dem Honda-Material in den letzten zwei Jahren nicht restlos zufrieden war, die Ergebnisse sprechen Bände. Auch in Le Mans kam Cal Crutchlow zu Sturz, er belegt mit fünf Punkten nur den 20. WM-Rang.

Im Vorjahr waren die Honda-Motoren zu stark, jetzt fehlt es an Beschleunigung, Honda hat sich zu spät um die neue Einheits-ECU gekümmert, weil die Open-Class vernachlässigt wurde, der Sepang-Test im Februar 2016 war ein einziges ein Dilemma, selbst Marc Márquez wählte 2015 ein falsches Chassis und musste in Assen wieder auf die alte 2014-Version zurückkehren. Und bei den ersten Rennen 2016 bemängelte Cal Crutchlow, der Michelin-Vorderreifen sei für das Honda-Chassis zu weich.

Fakt ist: LCR-Honda hat in den letzten fünfeinhalb Jahren nur zwei Podestplätze errungen: 2013 mit Bradl in Laguna Seca (Platz 2), 2015 mit Crutchlow in Las Termas (Platz 3).

Ein Wechsel zu Suzuki wäre also kein empfindlicher Rückschlag.
Doch Lucio Cecchinello beteuert im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, es bestehe kein Kontakt zu Suzuki. Nach mehrfachem Nachfragen zeigt sich aber: Wo Rauch ist, ist auch Feuer.

Dass Cecchinello momentan die Honda-Pferde nicht scheu machen will, ist verständlich. Denn er braucht bei den restlichen 13 WM-Rennen 2016 den vollen Technik-Support von Honda.

Lucio, an der Suzuki-Geschichte ist wirklich nichts dran? Es würde aus vielerlei Gründen Sinn machen.

Es ist nicht wahr, dass ich mit Suzuki verhandle. Doch es entspricht der Wahrheit, dass Suzuki die Teilnahme an der MotoGP-WM erweitern will, also ein zweites Team sucht. Doch ich habe nicht mit ihnen gesprochen.

Mich belastet das ein bisschen, weil ich von diesen Gerüchten auch schon gehört habe. Es gab auch schon einen Artikel darüber. Da habe ich gelesen, dass ich nächstes Jahr auf Suzuki umsteige und mit Johann Zarco antrete. Aber das stimmt nicht.

Aber du warst mit dem Honda-Material 2015 nicht konkurrenzfähig. Auch jetzt ist die RC213V nicht sehr schlagkräftig. Kommen da nie Umstiegsgedanken auf? Du schliesst trotzdem einen Wechsel zu Suzuki aus? Du könntest eine echte 2017-Werksmaschine bekommen, es bestünde weniger Druck als bei Honda?

Zu diesem Zeitpunkt ist eines sicher: Wir haben einen Vertrag mit Cal Crutchlow für die Saison 2017.

Ist dieser Vertrag kugelsicher? Oder hast du eine Option auf ihn? Gibt es eine Ausstiegsklausel?

Ja, es existiert ein Ausweg für uns für den Fall, dass wir mit ihm nicht weitermachen wollen. Das geht nur, wenn Cal Ende Juli in der WM nicht unter den ersten neun der Gesamtwertung ist.
Aber wie auch immer: Es wäre momentan nicht seriös von meiner Seite, wenn ich den Vertrag wegen mangelhafter Ergebnisse auflösen würde, während unser Motorrad momentan definitiv nicht konkurrenzfähig ist.

Für mich steht zu 99,99 Prozent fest, dass wir mit Cal weitermachen wollen.

Und mit Honda?

Wir sind von Honda immer grossartig unterstützt worden, besonders in der letzten Zeit, die für uns sehr schwierig war, auch wegen der Geschichte mit Sponsor CWM und so weiter.

Wenn mir Honda 2015 nicht geholfen hätte, wäre es finanziell für mich sehr schwierig geworden. Deshalb habe ich kein Interesse an Suzuki, Ducati, Yamaha oder was auch immer.

Woran ich natürlich interessiert bin: Ich möchte wieder ein Zwei-Fahrer-Team haben wie 2015. Deshalb diskutiere ich jetzt mit der Dorna für 2018. Denn die natürliche Weiterentwicklung für unseren Rennstall wäre es, künftig wieder mit zwei MotoGP-Fahrern anzutreten. Denn ich habe für 2015 in riesiges Investment getätigt. Alles in unserem Hauptquartier ist auf zwei Fahrer ausgerichtet. Und diese Infrastruktur möchten wir möglichst bald wieder nützen.

Und wenn du diesen zweiten Platz für 2018 bekommst, aber Honda nicht sechs Fahrer ausrüsten will? Überlegst du dann einen Wechsel zu Suzuki?

Lass uns dieses Gespräch zu diesem Thema im Jahr 2017 weiterführen. Jetzt ist es zu früh, um über 2018 zu diskutieren.
Trotzdem möchte ich sagen, dass ich seit vielen Jahren in der MotoGP-WM bin. In dieser Zeit habe ich oft gehört, dass Honda diese oder jene Anzahl von Bikes nicht auf die Piste schicken wird. Manchmal hiess es: Honda wird nicht mehr als sechs oder sieben Bikes machen. Oder es hiess: Honda wird maximal vier Motorräder einsetzen, am Schluss waren es sechs.

Eines ist klar: Suzuki hat jetzt zwei Fahrer. Laut Reglement müssen sie nach dem ersten Jahr, das war 2015, bis zu vier Fahrer ausrüsten, wenn die entsprechende Nachfrage besteht. Momentan dürften sie deine Anfrage also gar nicht ablehnen. Zumindest solange sie kein anderes Kundenteam beliefen.

Ja, sie könnten nicht Nein sagen. Exakt. Das stimmt.

Deine Priorität lautet also: 2017 weiter mit Cal Crutchlow und Honda?

Meine Priorität besteht darin, als seriöser Geschäftsmann zu handeln und zu arbeiten.

Ich habe in den letzten Jahren in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine bedeutende finanzielle Unterstützung durch Honda erhalten. Ich habe auch in den drei Jahren mit Projekt mit Stefan Bradl von Honda eine erhebliche Unterstützung bekommen. Für mich hat so eine Unterstützung einen gewissen Wert. Immer wenn ich Hilfe von Honda gebraucht habe, habe ich diesen Support erhalten. Das war besonders Ende 2015 so und auch in diesem Jahr.

Honda hat LCR immer unterstützt. Denn ich bin nicht Superman. Ich betreibe ein sehr, sehr schwieriges Spiel. Ohne Hilfe von Honda könnte ich das nicht schaffen.

Deshalb ist es mein vorrangiges Ziel, weiter mit Honda zusammenzuarbeiten. Das ist meine erste Option. Falls mir Honda mitteilt, sie wollen weniger Bikes einsetzen, wenn sie zum Beispiel 2018 nicht zwei LCR-Fahrer ausrüsten können, dann werde ich mir andere Gedanken machen müssen.

Deine enge Zusammenarbeit mit HRC war auch stark mit der Person Nakamoto verknüpft. Aber der Japaner verabschiedet sich bald aus der MotoGP-Szene.

Ja, in Japan ist es Vorschrift, dass man mit 60 Jahren in Pension geht. Ausserdem ist es bei HRC in der Vergangenheit immer so gewesen, dass die Topmanager nach fünf Jahren andere Aufgaben im Honda-Konzern übernommen haben. Es ist also nicht so, dass Nakamoto entlassen wird. Was da jetzt passiert, ist ein normaler Vorgang.

In Le Mans haben mich aber einige Leute gefragt, was an der LCR-Suzuki-Geschichte dran sei. Irgendetwas muss also im Busch sein?

Es ist richtig, dass Suzuki ein Kundenteam sucht und Interesse an meinem Team hat. Das freut mich und ehrt mich.
Mir ist das von Dorna-Chef Caremlo Ezpeleta zugetragen worden.
Aber wie gesagt: Ich bin völlig darauf konzentriert, meine Kooperation mit Honda fortzuführen. In den nächsten Wochen und Monaten wird darüber verhandelt.

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