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Hans-Jürgen Abt: «Der Mythos DTM funktioniert»

Von Rob La Salle
Hans-Jürgen Abt

Hans-Jürgen Abt

Vor dem DTM-Saisonstart spricht Teambesitzer Hans-Jürgen Abt über den Mythos DTM, das Aufgebot für 2022, die lange Zeit ohne Titel und den Audi R8 LMS GT3 evo II.
Am Wochenende beginnt in Portimão die neue DTM-Saison. Ist der DTM-Saisonstart auch nach 22 Jahren noch etwas Besonderes?

Ich glaube, jeder Saisonstart ist was Besonderes. Man ist nach einer langen Winterpause immer heiß. Man will sehen, wo man steht und ob man bei den Vorbereitungen alles richtig gemacht hat.

Abt ist das erfolgreichste aktive DTM-Team. Mit welchen Erwartungen geht AbtSportsline in die neue Saison?

Es ist immer unser Ziel, um die Meisterschaft zu fahren. Das haben wir bis jetzt in fast jeder Saison geschafft. Wir haben auch dieses Mal wieder alles dafür getan, um die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Nach vielen Jahren als Audi-Werksteam war ABT Sportsline 2021 erstmals wieder auf sich selbst gestellt. Wie verlief das erste Jahr mit den GT-Fahrzeugen aus Ihrer Sicht?

Überraschend gut. Es war nach vielen Jahren erstmals wieder eine DTM auf Teambasis. Ich war angetan von der hohen Professionalität. Alle haben sich stark ins Zeug gelegt, um eine tolle Rennserie auf die Beine zu stellen. Das war auf jeden Fall der richtige Weg.

In Portimão präsentiert sich ein volles Starterfeld mit Markenvielfalt und starken Teams und Fahrern. Wie gefällt Ihnen die heutige DTM?

Man sieht in der DTM tollen, coolen Motorsport: packende Kämpfe, eine extrem hohe Leistungsdichte. Das sind beste Voraussetzungen, damit das Faninteresse wieder alte Sphären erreicht. Corona hat uns im vergangenen Jahr ein bisschen ausgebremst. Aber die Voraussetzungen sind jetzt schon wieder ganz anders.

Also war die Entscheidung von Gerhard Berger auf GT-Autos zu setzen richtig?

Absolut! Es legen immer mehr Teams Wert darauf, in der DTM zu starten und nicht in anderen Rennserien. Das Paket, das Gerhard geschnürt hat, ist gut. Die GT3 war nach der DTM mit den Class-1-Fahrzeugen die absolut richtige Entscheidung.

Warum ist die DTM nach nur einem Jahr schon eine der populärsten GT-Rennserien der Welt?

Weil die alle gegen uns fahren wollen ... Im Ernst: Der Name DTM ist einfach ein Anziehungspunkt. Man kennt die DTM – seit 22 Jahren und noch länger. Wir waren 2000 Gründungsmitglied beim Neustart. Seitdem hat die DTM alle Krisen überlebt und gezeigt, dass sie eine starke deutsche und europäische Rennserie ist, die überall Interesse weckt.

Man sieht das auch an den drei Abt Audi R8 LMS GT3 evo II: Es gibt kaum Autos im Starterfeld, auf denen die Markenzeichen derart vieler starker Partner zu sehen sind. Das zeigt: Die DTM und Abt Sportsline haben eine große Strahlkraft.

Der Mythos DTM funktioniert und es macht uns sehr viel Spaß, diesen Mythos mit unseren Partnern professionell zu teilen. Auf der einen Seite bieten wir gemeinsame Eventerlebnisse. Auf der anderen Seite wollen wir zeigen, dass wir ein starkes Team sind. Unser Sportmarketing-Chef Harry Unflath macht da einen super Job. Wir haben mit der Region Ötztal Gurgl kurz vor dem Saisonstart noch einen weiteren starken Partner aus dem Wintersport dazubekommen. Man ist mit Recht überzeugt, mit der DTM die richtige Zielgruppe zu erreichen und dass die Serie für Sponsoren eine tolle Plattform ist. Wir sind stolz darauf, dass sich Ötztal Gurgl Abt Sportsline ausgesucht hat und wir gemeinsam einen starken Auftritt in der DTM haben werden.

Welche Bedeutung hat ein starker TV-Partner wie ProSieben für die DTM und Abt Sportsline?

Das Fernsehen war für die DTM schon immer ein wichtiges Thema – trotz Streaming und Social Media. ProSieben hat eine coole Zielgruppe und ist in Anführungszeichen ein „jüngerer Sender“. Man merkt, dass sie einfach Spaß an der DTM haben. Sie machen einen sehr guten Job. Wir kennen sie ja auch aus der Formel E. Sie können Motorsport und wollen sich in Zukunft noch stärker als Motorsport-Sender etablieren. Wir können dankbar sein, dass wir mit diesen Leuten zusammenarbeiten dürfen.

70 Jahre nach dem ersten Renneinsatz Ihres Vaters Johann Abt lautet das Motto von Abt Sportsline mehr denn je „von der Rennstrecke auf die Straße“. Wie wichtig sind Erfolge in der DTM für das Unternehmen Abt Sportsline?

Das ist ein ganz wichtiges Thema für uns. Wir wollen zeigen, dass wir tolle Autos bauen, hinter unseren Produkten stehen und alles mit vollem Einsatz machen. Wir wissen einfach, dass der Funke vom Motorsport überspringt. Das gehört zur DNA vieler Unternehmen – auch wenn sich das durch die Elektromobilität gerade vielleicht ein bisschen ändert. Aber wir sehen die DTM nach wie vor absolut als Umfeld, in dem wir zeigen können, was hinter unserem Unternehmen ABT Sportsline steckt. Viele unserer Kunden freuen sich, wenn sie am Samstag und am Sonntag im Fernsehen sehen, dass eines unserer Autos gewinnt – und damit auch ein kleines Stück von ihnen.

Was ist wichtiger: Siege oder der Meistertitel?

Wichtig ist, dass man konkurrenzfähig und so gut aufgestellt ist, um Siege fahren zu können. Siege sind die erste Voraussetzung, um Ende eine Meisterschaft zu gewinnen. Wenn es klappt, freut man sich besonders. Wir haben schon viele Meisterschaften in der DTM geholt, auch wenn die letzte schon etwas länger her ist. Aber man darf auch auf die vielen Vizemeisterschaften stolz sein, denn auch die zeigen, dass man immer konkurrenzfähig war, dass man immer mit uns rechnen musste. Das war mir persönlich immer am wichtigsten. Am Schluss gewinnt im Motorsport ja oft der Glücklichere den Titel.

Zuletzt hat Abt Sportsline 2009 den DTM-Champion gestellt. Schmerzt es, dass der Titel seitdem immer wieder knapp verpasst wurde?

Ja, das schmerzt natürlich. Aber es ist auch ein neuer Ansporn für das nächste Jahr, den einen oder anderen Fehler auszumerzen. Man muss immer wieder dranbleiben und mit dem Team so agieren, dass die Voraussetzungen geschaffen sind, dass man überhaupt in der Lage ist, Meister zu werden. Wir reden in dieser DTM-Saison von 29 Autos. Da ist es nicht einmal selbstverständlich, am Ende unter die Top drei zu kommen. Das ist eine lange Saison. Wer am schlauesten fährt, wird vielleicht am Schluss die Meisterschaft gewinnen.

Mit Ricardo Feller, René Rast und Kelvin van der Linde hat Abt Sportsline in diesem Jahr drei der stärksten Fahrer in der DTM. Birgt das nicht auch eine gewisse Gefahr? Am Ende kann es nur einen Meister geben ...

Mir ist es lieber, die drei im eigenen Team zu haben und nicht gegen sie zu fahren. Das ist eine ganz einfache Rechnung. Wichtig ist, dass sie sich gegenseitig pushen, dass man gut miteinander umgeht, untereinander offen ist, Daten austauscht und bei der Strategie zusammenarbeitet. Damit kann man dann erfolgreich sein. Klar ist auch, dass wir als Team alles geben müssen, wenn man drei so starke Fahrer hat.

Wie würden Sie die drei beschreiben?

Ricardo ist ein typischer Schweizer. Ich habe das Gefühl, dass er sehr entspannt an die Sache herangeht. Aber ich denke, dass er im Auto die nötige Aggressivität besitzt. Bei Kelvin wissen wir, dass er sie hat. Und er ist stark im Qualifying. René bringt sehr viel Erfahrung mit. Er hat schon drei DTM-Titel in der Tasche, aber auch sicher etwas Druck von den beiden jungen Piloten. Wir wissen auch, dass er ein sehr guter Analyst ist. Er kann das Auto für sich immer top abstimmen. Ich glaube, die drei passen sehr gut zusammen.

Abt Sportsline startet in diesem Jahr mit dem evo II von Audi. Was kann dieses Modell besser als sein Vorgänger?

Der R8 war von der Grundphilosophie her schon immer ein gutes Auto. Man hat jetzt die Stabilität verbessert, die Balance zwischen Unter- und Übersteuern. Das ist jetzt ausgewogener. Es geht in der DTM ja noch immer viel um die Reifen. Wir sind zufrieden mit dem Upgrade von Audi Sport customer racing.

Eine DTM mit GT-Rennwagen funktioniert nur mit einer „Balance of Performance“. Welchen Wunsch hat Abt diesbezüglich an die DTM-Organisation?

Das wird immer ein heikles Thema sein und man wird nie die perfekte Lösung finden. Grundsätzlich muss die DTM die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Autos auf jeder Rennstrecke „top of the line“ sind. Die Autos funktionieren auf den verschiedenen Strecken ja unterschiedlich. Zudem haben wir noch die Platzierungsgewichte. Da ist mit der Balance of Performance etwas nicht ganz in Ordnung, wenn einer am Samstag gewinnt und am nächsten Tag immer noch weit vorne ist. Wichtig ist, dass man das erkennt und einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Marken schafft, sonst wird es schwierig. Das Thema wird sich auch durch dieses Jahr ziehen, aber anders geht es mit den GT-Autos nicht und andere Rennserien haben diese Thematik auch.

Im vergangenen Jahr hatten die Audi-Teams einen Reglement-bedingten Nachteil bei den Boxenstopps. Ist das für 2022 besser gelöst?

Ja, ich glaube schon. Vor allem sind die Menschen beim Boxenstopp nicht mehr so extrem unter Druck. Mit dem jetzigen Rahmen sollte jeder leben können.

Eine zukünftige Säule der DTM soll die DTM Electric sein. Wie steht Abt Sportsline dazu?

Wir sind noch nicht so tief in dem Thema drin, begrüßen aber den Schritt. Man muss aufpassen, dass man am Anfang nicht zu viele Schwächen hat, denn eine neue Rennserie hat meistens Schwächen. Man muss dafür sorgen, dass der Sport nicht darunter leidet. Aber wann man das schafft, kann die DTM Electric eine große Zukunft haben.

Letzte Frage: Wie oft werden die Fans Hans-Jürgen Abt bei der DTM 2022 sehen? Ihr persönlicher Twitter-Account lautet ja noch immer @coolmandtm – das deutet an, dass Ihr Herz noch immer besonders für die DTM schlägt ...

Ja, absolut, sonst wäre ich nicht dabei. Wir haben mit Thomas Biermaier als Teamchef an der Spitze eine sehr gute Mannschaft vor Ort. Aber ich komme immer gerne vorbei, um mir ein Bild zu machen und hoffentlich auch ein bisschen mitzuarbeiten. Also, es sind schon einige Rennen für dieses Jahr geplant – inklusive Portimão. Ich bin schon sehr gespannt, was dabei herauskommt.

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