Zwei Asse drehen auf
Hamilton und Button beim England-Gipfel
Zwei Fahrer, die sich verstehen, sieht man selten in der Formel 1. Zwei Sieger, die miteinander können, noch seltener. Einen amtierenden und einen, der ihm den Titel aller Voraussicht nach wegnehmen wird, die sich respektieren und scheinbar mögen, hat man lange nicht gesehen. Schon gar nicht aus ein und demselben Land.
Es ist vielleicht gar nicht so schwierig, denn Button gilt als Mann ohne Feinde. Hamilton kan zumindest Kritiker vorweisen.
Doch der Weltmeister und der potenzielle Nachfolger Button haben vor dem England-GP (Sonntag, 14 Uhr MEZ) in Silverstone offenbar überhaupt keine gegenseitigen Vorbehalte.
Button hat sechs von sieben Rennen gewonnen, Hamilton keines. Er hat es 2009 noch nicht Mal auf das Siegerpodest geschafft. Der 29jährige Button ist zu Jahresbeginn aus einer beinahe neunjährigen Agonie erwacht, hat sechs von sieben Rennen gewonnen und niemand kann absehen, wie viele es im überlegenen Brawn-GP noch werden. Selbst wenn er in England auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Silverstone keinen Punkt holt und der nächstbeste Fahrer, Brawn-Teamkollege Rubens Barrichello gewinnt, «habe ich immer noch 16 Punkte Vorsprung», grinst Button. «Das ist ein verdammt gutes Gefühl.»
Als die beiden Engländer vor einem Jahr in ihren Heim-Grand-Prix starteten, waren die Vorzeichen genau umgekehrt. Hamilton kam als klarer Favorit im Silberpfeil und gewann im Regen souverän mit 68 Sekunden Vorsprung – übrigens vor Nick Heidfeld im BMW-Sauber. Button hatte, wie er sagt, «mit Honda nicht Mal die Hoffnung auf Punkte.» Er holte auch keine und drehte sich raus.
Natürlich ist da die Kernfrage, wie die beiden mit den umgekehrten Vorzeichen nun umgehen?
Hamilton sagt rundheraus: «Ich gönne Jenson den Erfolg, er war schon immer gut. Und jetzt fährt er sogar er fantastisch. Für mich selbst war es natürlich frustrierend, zu Jahresbeginn festzustellen, dass unser Auto nicht vorne mitfahren kann. Und es war lange Zeit schwer, das zu glauben und zu verstehen. Aber so ist es eben manchmal. Ich hatte einige starke Jahre in Folge. Und dieses Jahr nicht, jetzt muss ich das Beste daraus machen, muss mich und das Team motivieren und zeigen, dass ich auch durch schwierige Zeiten gehen kann.»
Als offensichtlich wurde, wie langsam der McLaren-Mercedes MP4-24 sein würde, etwa im Februar, wusste Button noch nicht einmal , ob er überhaupt am Start sein würde. Denn das Brawn-Team ging erst Anfang März aus den Resten von Honda hervor und musste mit einem Minimum an Vortests in die Saison einsteigen.
Wie die dann lief, ist für Button natürlich ein absoluter Glücksfall. «Das Auto läuft wie eine 1, besonders in den letzten Wochen. Ich nehme es, wie es kommt. Jahrelang war mir ein schlechtes Auto gegegeben, jetzt ein sehr gutes. Trotzdem möchte ich die harten Jahre nicht missen, denn sie haben mich zu dem gemacht, der ich bin.»
Der Mann ist offenbar glücklich mit sich selbst. Kein Wunder: Nach dem Türkei-GP durfte er sich eine Woche lang nach Monaco absetzen, um zu entspannen und zu trainieren. «Das war sehr relaxend.»
Hamilton kann darüber nun gar nicht lachen. «Ich hatte nur einen Tag frei, den Rest der Zeit hatte ich dienstliche Pflichten.» Da rief mal Mercedes-Benz in Stuttgart, dann Vodafone. Und schon steht der nächste GP an. «Ich konnte nicht trainieren,» lacht Hamilton etwas bitter und fügt an: «So ist das schon das ganze Jahr.»
Das dürften seine Teamverantwortlichen mit spitzen Ohren zur Kenntnis nehmen, denn die hohe Beanspruchung ihrer Fahrer ist in der Marketing-Maschinerie von McLaren-Mercedes ein immer wieder kehrendes Thema.
«Ja», lächelt Button wissend, «Lewis macht eben mehr PR als ich.»
Nun kämpfen beide um die Gunst ihres Publikums, das durchaus als rennverrückt gilt, zumeist in Scharen in Silverstone anrückt und bevorzugt tragische Helden liebt: der mit der Lügenaffäre und sportlich abgestürzte Hamilton. Und der neue, strahlende König Button. Es sieht nach einem ungleichen Kampf aus.
Ex-Weltmeister Jackie Stewart zufolge hat Button schon gewonnen: «Es ist etwas anderes, aus dem Nichts nach oben zu schießen, wie Lewis seit 2007. Oder jahrelang hinterher zu fahren wie Aschenputtel und dann wieder wi Phönix aus Asche zu steigen und spät und unerwartet Erfolg zu haben.»
Laut Stewart gebe es drei Stadien, die große Rennfahrer durchmachen müssten. Das erste sei die Lernzeit, das zweite die Erleuchtung, das dritte die Weisheit.
«Lewis ist noch im ersten Stadium», sagt der Schotte, «Button im Dritten.»