Regeln lassen die MotoGP dumm aussehen

Bruce McLaren: Vor 45 Jahren starb ein Gigant

Von Mathias Brunner
Bruce McLaren

Bruce McLaren

Am 2. Juni 1970 kam der Neuseeländer Bruce McLaren in Goodwood (England) bei Testfahrten mit seinem CanAm-Renner ums Leben. Der Rennfahrer und Teamgründer hat ein reiches Erbe hinterlassen.

Der Neuseeländer Bruce McLaren sah das Leben als Herausforderung. Und er war bereit, dafür den höchsten Preis zu bezahlen. «Etwas gut zu machen, ist so erstrebenswert, dass es nicht töricht sein kann zu sterben, wenn man sich verbessern will. Es ist eine Vergeudung des Lebens, nichts aus seinen Fähigkeiten zu machen. Denn ich bin der Überzeugung: das Leben sollte nicht in Jahren bemessen werden, sondern in Errungenschaften.» Bruce McLaren sprach diese Worte bei der Beisetzung seines Freundes, des Rennfahrers Tim Mayer (der Bruder des späteren McLaren-Teamchefs Teddy Mayer). Im Juni 1970 hätten die Worte bei den Trauerfeierlichkeiten von Bruce McLaren selber nicht passender sein können ...

Der Neuseeländer wäre heute 77 Jahre alt und sehr stolz darauf, dass mehr als 2000 Spezialisten seine Ideale teilen. Nicht übel für ein Team, das mit einem halben Dutzend Idealisten um Bruce McLaren begann. Keiner kann das treffender formulieren als Ron Dennis, wenn der Chef der McLaren-Gruppe sagt: «Das Schönste am Erbe von Bruce McLaren ist, dass dies eine Erfolgsgeschichte ist, die ständig weiter geschrieben wird.»

Ironischerweise entstand das «Team Bruce McLaren Motor Racing» aus dem Wunsch, für die Winter-Meisterschaft «Tasman Series» einen Formel-1-Renner umzubauen. Charles Cooper, für dessen Rennstall der damals 26jährige Bruce in der Königsklasse antrat, war jedoch der Ansicht, dass ein Formel-1-Renner aus dem eigenen Hause diese Aufgabe ohne grössere Umbauten meistern würde. Sein Veto zwang Bruce zum Alleingang und setzte somit den Grundstein einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte.

Aus der historischen Perspektive war dies der entscheidende Auslöser, der auch die spätere Überlegenheit von McLaren begründet. Für Bruce war nur das Beste gut genug, und seine Nachfolger übernahmen diese Haltung, allen voran Ron Dennis.
Der Aufwand von McLaren zahlte sich aus, der Neuseeländer gewann die Tasman Series. Mit dem Erfolg kam der Wunsch nach einem Aufstieg in die Formel 1, und als dort 1966 ein neues Motoren-Reglement eingeführt wurde, stieg McLaren ein.

Zu Beginn nutzten die Rennställe so ziemlich jeden Antriebsstrang, der angeboten wurde. McLaren setzte 1966 auf einen Zweiliter-BRM-V8-Motor und den italienischen Serenissima-V8, weil der eigentlich geplante Ford-V8 ungeeignet war, und 1967 auf den BRM-V12, bevor sich der DFV-V8 von Cosworth durchsetzte. Ab 1968 kamen die ersten Grand-Prix-Erfolge.

Lange konnte Bruce McLaren die Erfolge seines Rennstalls jedoch nicht geniessen: Am 2. Juni 1970 kam er bei einem CanAm-Test in Goodwood ums Leben, nachdem sich die Heckverkleidung des Rennwagen gelöst hatte.

McLarens Tod war eine Tragödie, welche die Rennsport-Welt weit über die Grenzen der Formel 1 hinaus erschütterte, so gross war Bruces Ansehen in der internationalen Szene. Dass sowohl das Formel-1- als auch das CanAm-Projekt weitergeführt werden konnten, zeigt, wie weitsichtig Bruce die Geschicke seines Teams geplant hatte. Auch das IndyCar-Projekt wurde fortgesetzt.

McLarens Wegbegleiter sagten der Belegschaft nach der Hiobsbotschaft aus Goodwood, sie können am folgenden Tag zuhause bleiben. Aber alle erschienen zur Arbeit. Weil Bruce McLaren nichts anderes getan hätte.

Auch in der Formel 1 ging die Erfolgsgeschichte weiter: 1973 trat McLaren mit dem von Gordon Coppuck entworfenen M23 an. Emerson Fittipaldi und James Hunt holten damit 1974 und 1976 die ersten beiden WM-Titel für McLaren.

Ende der 70er-Jahre folgte dann die zweite Krise, die Erfolge wurden spärlicher und die Sponsoren nervös. Schliesslich vermittelte Titelsponsor Marlboro zwischen McLaren und Ron Dennis, der erfolgreich in verschiedenen Nachwuchsformeln unterwegs gewesen war.

Der erste Sieg des neu organisierten Unternehmens, das nun unter dem Namen «McLaren International» auftrat, feierte McLaren 1981 beim Grossbritannien-GP in Silverstone. Später durfte das neue Bündnis mit Niki Lauda (1984), Alain Prost (1985, 1986 und 1989), Ayrton Senna (1988, 1990 und 1991), Mika Häkkinen (1998 und 1999) und zuletzt 2008 mit Lewis Hamilton den Fahrer-Weltmeistertitel feiern.

GP-Sieger ohne es zu wissen

1968 gewann der heutige Traditionsrennstall McLaren in Spa-Francorchamps seinen ersten Grand Prix. Das Kuriose dabei: Sieger Bruce McLaren hatte von seinem Triumph keinen Schimmer!

Zwei Jahre lang schon setzte Bruce McLaren in der Formel 1 Autos mit eigenem Namen ein, doch die Rennwagen wurden von Kinderkrankheiten geplagt – 1966 und 1967 wurde er jeweils WM-14. 1968 sollte alles besser werden.

Das neue Modell M7A (nach einem Entwurf von Robin Herd, ausgeführt von dessen Nachfolger Gordon Coppuck) wurde im Frühling präsentiert und debütierte am 17. März beim nicht zur WM zählenden Formel-1-Rennen in Brands Hatch, dem Race of Champions: die Wagen in Papaya-Orange von Bruce McLaren und Denny Hulme schlugen ein wie der Blitz – Bruce gewann von Pole aus.

Tyler Alexander, langjähriger Wegbegleiter von Bruce McLaren, erinnert sich: «Ich weiss nicht mehr, was wir nach dem Lauf in Brands an den Autos machen mussten, aber es muss aufwändig gewesen sein. Ich weiss jedenfalls noch, dass ich bei der Fahrt zum folgenden Rennen in Silverstone, der BRDC International Trophy, seelig im Rennwagen schlief, während der Lastwagen mit der kostbaren Fracht Richtung Northamptonshire rumpelte ...» In Silverstone lief es noch besser: Doppelsieg, Denny Hulme vor Bruce McLaren.

Zeitsprung nach Spa-Francorchamps, dritter Lauf zur Formel-1-WM 1968. Tyler Alexander nimmt den Faden auf: «Denny fuhr stark, dann aber gab es Probleme mit der Halbwelle. Bruce war solide unterwegs, vor allem aber lief sein Wagen standfest, und so fand er sich kurz vor Schluss auf Rang 2 wieder. Zu Beginn der letzten Runde dann helle Aufregung – Leader Jackie Stewart brachte seinen Matra für ein paar Liter Sprit an die Box. Ich zeigte bei McLaren damals die Tafeln. In der Runde zuvor hatte Bruce den Mexikaner Pedro Rodriguez im Nacken. Mir blieb keine Zeit, um Bruce ein «P1» für Platz 1 auf die Tafel zu stecken, da kam er auch schon angebraust. Ich zeigte ihm mit dem Finger auf die Strecke, keine Ahnung, wieso ich das machte, aber mir fiel nichts Besseres ein. Als Bruce über die Ziellinie fuhr, hatte er mit andere Worten nicht den geringsten Schimmer, dass er in Führung lag.»

Bruce McLaren erinnerte sich später in seiner internationalen Kolumne (geschrieben von einem anderen Wegbegleiter, dem Journalisten Eoin Young) an diesen Moment: «Ich zischte über die Linie, dabei winkte ich dem Mann mit der karierten Flagge kurz zu. Dann fuhr ich hinten an der Box durch, um den Wagen beim Renntransporter zu parken. Ich dachte: Rang 2, gar nicht so übel. Vor allem nicht, weil ich in Spanien ausgefallen war und mir in Monaco einen Dreher geleistet hatte. Hinter unserer Box waren so viele Leute, dass ich nicht mehr weiter kam. Ich wunderte mich ein wenig um den Rummel.»

«Der erste Mann, der an meinem Wagen war – Cyril Atkins, ein BRM-Mechaniker. Er faselte etwas von Boxenstopp und Stewart und seinem Piloten Rodriguez, und er seufzte: „Was für ein Finale!“ Als er mein reichlich ratloses Gesicht sah, dämmerte ihm langsam etwas. „Du bist die Nummer 1», grinste er. Ich dachte nur – wovon spricht der Kerl? Ich fahre doch mit Startnummer 5. Da brüllte Atkins: „Du hast gewonnen! Weisst du das denn nicht?” Ich hatte es wirklich nicht gewusst, und selten habe ich süssere Wort vernommen.»?

Nach dem Unfall hatte Bruce das brandneue Chassis No. 3 verwendet, es war so neu, dass noch nicht einmal die Zeit geblieben war, das berühmte Kiwi-Logo der Rennwagenfirma oder den Namen des Gründers anzubringen.

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