Gert56: Mit Toni Finsterbusch in die IDM Superbike

Von Helmut Ohner
Nach sieben erfolgreichen Jahren in der Langstrecken-Weltmeisterschaft beteiligt sich die sächsische Mannschaft GERT56 ab sofort an der IDM Superbike. Als Fahrer ist Toni Finsterbusch vorgesehen.

Bei GERT56 heißt es: Auf Wiedersehen EWC, hallo IDM
Mit dem German Endurance Racing Team 56 verliert die Langstrecken-Weltmeisterschaft eines der besten Mannschaften. Ab 2021 wird man sich in der IDM Superbike neuen Herausforderungen stellen.

Die Meldung, dass das German Endurance Racing Team 56 sich noch vor dem Saisonfinale in Portugal aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft zurückzieht, kommt einem mittleren Erdbeben gleich. Karsten Wolf hatte in wenigen Jahren mit einigen gleichgesinnten Langstreckenenthusiasten eine Mannschaft auf die Beine gestellt, die es jederzeit mit den Besten der Endurance-Szene aufnehmen konnte.

Bei allem sportlichen Erfolg kam aber auch nie das Menschliche zu kurz. Bei aller Freude über Platz 3 beim Acht-Stunden-Rennen auf dem Slovakia Ring 2018 – es war die erste Podiumsplatzierung in der seriennahen Klasse der Endurance-Weltmeisterschaft – hatte der Teamchef sofort tröstende Worte für das Junior Team LMS Suzuki, das nur 20 Minuten vor Rennende die Segel streichen musste.

Nur wenige Monate später hatte die BMW-Mannschaft aus dem sächsischen Pirna die nächste Stufe der Erfolgsleiter erklommen. Nach einer sensationellen Leistung hatten die Deutschen Julian Puffe und Filip Altendorfer sowie ihr österreichischer Teamkollege Stefan Kerschbaumer beim legendären Bol d‘Or als Gesamtsechste vor allen Lokalmatadoren die Superstock-Kategorie gewonnen.

Am Ende der Saison 2018/2019 hatte das engagiert auftretende Privatteam nur deshalb nicht den FIM Endurance World Cup gewonnen, weil die französische Equipe Moto AIN dieselbe Punktezahl aufwies und ihr der Titel aufgrund eines besseren Einzelergebnisses zugesprochen wurde.

Das erklärte Ziel war es für Wolf und sein Team, sich in der Saison 2019/2020 den Titel zu holen. Doch das Rennsportjahr brachte neben neuen, fast nicht zu bewältigen Herausforderungen auch einige Rückschläge, die Coronavirus bedingt nicht nur sportlicher Natur waren. Deshalb reifte Ende 2019 auch der Gedanke, sich nach dem WM-Finale sportlich neue Ziele zu suchen.

Immer längere Renndistanzen, weit entfernte Destinationen und Rennen im Winter – man war sich im Klaren, dass das ein Privat-Team auf Dauer nicht stemmen kann. Für die Teammitglieder, die diesen Sport als hochprofessionelles Hobby betrachten, aber zumeist in einem festen Angestelltenverhältnis einem täglichen Broterwerb nachgehen, ergaben sich zeitliche Probleme.

Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans stellte man nochmals unter Beweis, dass man es in wenigen Jahren an die Spitze des Langstreckenrennsports geschafft hat. Kerschbaumer, Lucy Glöckner und Toni Finsterbusch, der kurzfristig für Pepijn Bijsterbosch eingesprungen war, durften von der obersten Stufe des Siegestreppchens ihren Sekt versprühen. Zum letzten Mal wie wir jetzt wissen.

Wie bei der Teamvorstellung im Rahmen der Fachmesse «SachsenKrad» im Januar kommuniziert, wird die Mannschaft GERT56 die getroffenen Zusagen einhalten und bei der letzten Veranstaltung der IDM Superbike am letzten September-Wochenende auf dem Hockenheimring mit den Partnern WP Suspension und BMW Motorrad sowie Fahrer Finsterbusch am Start stehen.

Die Zukunft liegt in der IDM

Mit dem IDM-Finale 2020 wird bei GERT56 ein neues Kapitel aufgeschlagen, das 2021 weitergeschrieben wird. Egal, wie es Corona-bedingt im nächsten Jahr weitergeht, das Team wird künftig in der IDM Vollgas geben. Auch gelegentliche Auftritte in der Superbike-WM – der für dieses Jahr geplante Einsatz von Glöckner musste abgesagt werden – scheinen nicht ausgeschlossen zu sein.

«Die Puhdys haben einst gesungen: Alles was zu Ende ist, kann auch Anfang sein. Darum sehen wir unseren Rückzug aus der Langstrecken-WM zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Wir haben den Bol d’Or und in Le Mans gewonnen und sind knapp vor Weihnachten in Sepang auf dem Podest gestanden», blickt der Teammanager auf eine erfolgreiche Zeit zurück.

«Wir haben allen gezeigt, was wir können. Die Entscheidungen, immer längere Rennen zu utopischen Jahreszeiten und am anderen Ende der Welt zu fahren, hat uns zum Nachdenken gebracht. Dass wir in Estoril nicht dabei sein werden, mag manch einer nicht verstehen, aber wir hatten das Jahr anders geplant und Zusagen gemacht, die ich selbstverständlich einhalten werde.»

«Wir haben unsere Sponsoren und Partner bereits im Vorfeld informiert und wir haben zu hundert Prozent zustimmendes und positives Feedback erhalten. Das bestärkt mich in dieser Entscheidung. Unsere Partner waren immer loyal zu uns und wir zu ihnen, wir haben die Kommunikation vor dieser Entscheidung gesucht und sind darin bestärkt worden.»

«Aus dem Team RS Speedbikes wurde GERT56. Ronny Schlieder und ich haben zusammen begonnen. Unsere Wege haben sich permanent gekreuzt und wir sind am Ende zusammen in Le Mans ganz oben gestanden. Sieben Jahre lang mussten wir in der Langstrecken-WM viel lernen und haben so manche Enttäuschungen wegstecken müssen.»

«Wir haben aber auch bewiesen, dass ein kleines Privatteam aus Pirna im Elbsandsteingebirge sehr wohl in der Lage ist mit den 24 Stunden von Le Mans das wichtigste Langstreckenrennen der Welt zu gewinnen oder dass ein Fahrer auf unserer seriennahen BMW im Qualifying von Le Mans die EWC-Elite zur Frage hinreißen lässt: <Who the fuck is Julian Puffe?>»

«Es sind Dankbarkeit für die tollen Zeiten, Demut vor dem Erreichten, aber auch Aufregung und Tatendrang, die uns jetzt das Kapitel EWC ad acta legen lassen. Mit diesen Gefühlen reisen wir nach Hockenheim, wo dieses Wochenende die neue Zeitrechnung für GERT56 beginnt. Wenngleich: Einen Gaststart in der EWC-Klasse bei der German Speedweek 2021 haben wir schon fix eingeplant!»

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