Stefan Bradl: Was er vom Misano-GP erwartet

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl

Stefan Bradl

Stefan Bradl ist gespannt auf das nächste Rennen mit dem Aprilia-Werksteam. Das neue Chassis sollte Vorteile bringen, Teamkollege Alvaró Bautista setzt es bereits seit Indy ein.

Stefan Bradl (25) bestreitet am Wochenende auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli seinen vierten Grand Prix auf der Werks-Aprilia RS-GP. Der Bayer will im Qualifying wieder vor seinem Teamkollegen Alvaró Bautista sein und im Rennen seine Performance weiter verbessern.

Stefan, vor deinem Aprilia-Debüt in Indianapolis hat Renndirektor Romano Albesiano gesagt, du hast vier Rennen Zeit zur Angewöhnung ans Motorrad. Danach solltest du an Bautista rankommen. Aber nach deinem vielversprechenden Beginn im neuen Team sind die Ansprüche rasch gestiegen. Jetzt musst du diese Suppe auslöffeln: Du sollst ins Q2 kommen und in den Rennen um die Top-Ten fighten?

Ja, aber Romano weiss sehr genau, dass die ersten Grand Prix von meiner Seite her gut gelaufen sind, dass die Performance erstaunlich gut und ich sofort auf dem Niveau von Bautista war.
Zumindest in den Trainings. In den Rennen hat das noch nicht ganz geklappt. Diese Performance war natürlich nicht zu erwarten, sie kam auch für mich überraschend.
Aber ich fühle mich wohl bei Aprilia. Das habe ich jetzt schon oft betont. Das Team gibt mir viel Vertrauen. Die Zusammenarbeit macht extrem viel Spass.
Romano Albesiano schätzt unsere Situation recht realistisch ein. Er weiss genau, dass wir vom Potenzial des Motorrads noch in gewissen Bereichen limitiert sind. Er spricht ja von einem «Laboratory Bike», von einem Entwicklungs-Motorrad.
Wir sind jetzt drauf und dran, dieses Motorrad weiterzuentwickeln und Erkenntnisse einzuholen. Dann schauen wir, was nächste Woche bei dem Dienstag-Test in Misano rauskommt. Der wird für mich auch interessant sein.

Was hast du vom Motorrad erwartet, als du zum ersten Aprilia-Einsatz nach Indy gekommen ist? Ein halbes Superbike? Bist du positiv überrascht, dass mit diesem Fahrzeug in England schon ein 14. Startplatz möglich war?

Als ich in Indy zum ersten Mal draufgehockt bin, habe ich mich gewundert, wie schmal das Motorrad ist, auch der Tank. Das Motorrad ist im Vergleich zur Forward-Yamaha sehr kompakt. Es passt perfekt zu meiner Körpergrösse. Sicher wird die Verkleidung bis zum Frühjahr noch ein bisschen geändert und so weiter. Aber das Bike macht einen guten Eindruck. Ich bin auch von dem Seamless-Getriebe begeistert, das einwandfrei funktioniert, beim Rauf- und beim Runterschalten.
Sicher, wir müssen uns nichts vormachen: Wir brauchen noch mehr Power, mehr Dampf oben raus. Aber die gröbere Baustelle wird sein, dass wir ein besseres Handling hinbringen.

Du hast bisher in den Qualifyings mit den Plätzen 17, 16 und 14 die Erwartungen übertroffen. Du sagst, bei der Aprilia sei das Limit gut zu spüren. Das ist sicher beruhigend nach der problematischen ersten Saisonhälfte mit der Marelli-Open-Class-Elektronik?

Ja, ich kann das Motorrad über ein paar schnelle Runden sehr gut ausquetschen. Im Qualifying ist mir das jetzt oft gut gelungen.
Im Rennen ist das Motorrad beim Reifenverschleiss noch ein bisschen zu aggressiv. Aber vielleicht bringt das neue Chassis in diesem Bereich Verbesserungen. Dazu wird noch en Update für die Schwinge vorbereitet. Wir werden sehen, ob wir das alles am Rennwochenende in Misano ausprobieren und unterbringen können. Zur Not müssen wir dann am Dienstag noch einiges davon testen.

In der 13. Runde im Regenrennen in Silverstone hast du das Limit vorübergehend nicht mehr so gut gespürt?

Wir haben die Daten angeschaut. Es gibt keinen wirklich ersichtlichen Grund für den Sturz. Die Daten haben gezeigt: Geschwindigkeit gleich, Bremsdruck gleich. Vielleicht bin ich von der Linie her ein bisschen woanders gewesen. Vielleicht war dort eine Pfütze... Keine Ahnung. Das ist abgehakt.

Du hast in England fünf Punkte verloren.

Ja, das war ärgerlich. Aber am Abend um 18 oder 19 Uhr hatte ich das verarbeitet. Dann ging es wieder.

Misano ist keine schnelle Strecke. Kommt das der Aprilia entgegen? Bietet sich dort eine gute Gelegenheit für einen Achtungserfolg?

In Misano ist zwar der Top-Speed nicht entscheidend. Aber es gibt enge Passagen und enge Kurven. Wenn ich an den ersten Sektor denke, dort braucht man ein gutes Turning beim Motorrad, auch im letzten Abschnitt. Wir werden sehen...
Ich bin jetzt gespannt. Ich bekomme jetzt auf beiden Motorrädern das neue Chassis, das Bautista seit Indianapolis fährt. Wir werden sehen, wie sich das verhält. Dann kann ich wieder vergleichen und schauen, ob das Fahrverhalten damit besser wird. Das Turning wird in Misano ziemlich wichtig, weil sehr viele Erste-Gang-Kurven dabei sind, dazu enge Passagen.

Was ist das Ziel für den Misano-GP?

Ich will im Quali in der Nähe von Platz 15 sein und im Rennen Punkte machen, wenn das möglich ist.

Romano Albesiano sagt, du musst gemeinsam mit dem Team an der Verbesserung deiner Rennperformance arbeiten. Wo hat Bautista da noch Vorteile?

Das hat man zum Beispiel in Brünn gesehen, dort hat er mich in der vorletzten Runde überholt. Ich war das ganze Rennen vor ihm. Am Schluss haben meine Reifen ein bisschen schlechter ausgesehen als seine. Vielleicht hat er die Reifen am Anfang ein bisschen mehr geschont als ich. Das muss ich halt noch lernen. Ich muss lernen, wie man sich die Reifen auf der Aprilia im Rennen einteilen muss.
Es wird sicher noch ein bisschen dauern, bis ich das über die Renndistanz rauskriege.
Indy war vom Wetter her relativ heiss, Brünn war angenehm vom Fahren her. Ich hoffe, dass in Misano auch nicht zu viel Hitze herrscht, damit die Reifen weniger leiden.

Der Kahnbeinbruch von Assen ist völlig verheilt? Du hast in England kein Wort mehr darüber verloren?

Ja, die Hand war wieder gut. Keine Schmerzen mehr.

Rennchef Albesiano meinte, je weiter man nach vorne kommt, desto hungriger wird man. Du warst im Silverstone-Qualifying direkt hinter Vinales auf der Werks-Suzuki und hinter Dovizioso auf der Werks-Ducati. Das weckt bei Aprilia neue Begehrlichkeiten.

Ja, wir waren direkt hinter den beiden in der Startaufstellung. Aber man muss auch den Zeitabstand berücksichtigen. Wir lagen sechs Zehntel hinter den Zeiten der beiden.
Natürlich ist es das Ziel, näher ranzukommen, besonders für die nächste Saison. Da könnte uns das gelingen. Es fehlt uns schon noch ein Stückerl. Aber für ein Laboratory Bike ist das nicht so schlecht.

Vorläufig geht es in den Rennen darum, sitzen zu bleiben und Punkte zu sammeln und Daten?

Ja, deshalb tut mir der Nuller von Silverstone jetzt noch weh. Aber es ist halt passiert. Sitzen bleiben und bei den restlichen sechs Rennen noch ein paar Punkte machen; das ist das Wichtigste.




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