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Australien: Die Schlüssel zum unglaublichen Rennen

Von Manuel Pecino
Honda-Pilot Marc Márquez vor Rossi auf der Yamaha und Iannones roter Rakete

Honda-Pilot Marc Márquez vor Rossi auf der Yamaha und Iannones roter Rakete

Welche Faktoren machten das MotoGP-Rennen auf Phillip Island so einzigartig und beeindruckend? Wir sind dieser Frage auf den Grund gegangen.

Der erste Faktor, der das MotoGP-Rennen in Australien zu einem an Spannung kaum zu überbietenden Spektakel machte, war die letzte Runde. So sah die Situation in der vorletzten Runde aus: Jorge Lorenzo vorne, Andrea Iannone +0,662 sec, Marc Márquez +0,778 sec, Valentino Rossi +0,927 sec...

Das Endergebnis sah so aus: Márquez Erster, Lorenzo 0,249 sec dahinter, Iannone 0,930 sec hinter Márquez und Rossi folgte mit 1,058 sec Rückstand. Diese Zahlen sind brutal. Es sind nur Daten, welche nicht die Emotionen vermitteln, die man spürte, wenn man diese vier Aliens auf ihrer letzten Runde beobachtete, aber diese Zahlen zeigen den außergewöhnlichen Einsatz von Marc Márquez in diesem letzten Umlauf.

Marc startete 0,778 sec hinter Jorge in die letzte Runde. Nur 4448 Meter später gewann er das Rennen mit einem Vorsprung von 0,249 sec. Er hatte die schnellste Rennrunde gefahren und einen neuen Rekord vorgelegt: 1:29,280 min. Man darf nicht vergessen, dass er in der selben Runde Andrea Iannone überholen musste, um überhaupt an Lorenzo heranzukommen. Was in der ersten Kurve passierte, war essentiell für Marcs spektakuläre Runde. Iannone ließ die Tür in die «Doohan Corner» leicht offen, Marc stach innen hinein. Am Kurvenausgang konterte Iannone, aber in Kurve 2 musste er eine etwas weitere Linie wählen. Marc setzte das finale Manöver gegen den Italiener. Er verschwendete keine Zeit mehr mit Iannone, was passiert wäre, wenn der Ducati-Pilot die Ideallinie nicht verlassen hätte.

Was Márquez in die Karten spielte, war der Druck, der auf Lorenzo in der letzten Runde lastete. «Mehr als alles andere wollte ich nicht in der letzten Bremszone stürzen», räumte Jorge später sein, als er erklärte, warum ihn Márquez dort überholen konnte.

Erneut zeigen die Zahlen, was auf der Strecke passierte. Schaut euch Jorges Zeiten in den letzten fünf Runden an: Runde 22: 1:29,911 min; Runde 23: 1:29,835 min; Runde 24: 1:29,995 min; Runde 25: 1:29,908 min; Runde 26: 1:29,980 min und die letzte Runde: 1:30,307 min. Jorge war 0,3 sec langsamer als in der Runde zuvor. Márquez gewann das Rennen mit etwas über zwei Zehntel Vorsprung.

Der zweite Faktor war, mit welcher Reife Márquez dieses Rennen anging. In dieser Hinsicht wurde Marc Márquez vor allem in der ersten Saisonhälfte sehr harsch kritisiert. Seine «Alles oder nichts»-Einstellung brachte ihm die Bezeichnungen selbstsüchtig und töricht für seine Herangehensweise ein. So hat er seine Chancen im Titelkampf verspielt.

Doch nach der Sommerpause, vielleicht ab dem Indianapolis-GP, sahen wir eine Veränderung in Marcs Rennstrategie. Sieg oder Niederlage in den ersten fünf Runden machte einer neuen, viel reiferen Art die Rennen zu managen Platz. Wir sahen, wie er die mögliche Abnutzung der Reifen einkalkulierte, wie in Indy, den Instruktionen aus der Box blind folgte, wie in Misano, und andere Dinge, die seiner bisherigen Herangehensweise an die Rennen widersprachen. Auf Phillip Island zeigte Marc Anzeichen dafür, dass er einen weiteren Schritt in diese Richtung gemacht hat. Seine Rennstrategie war die eines vollends gereiften Fahrers.

Nach der Aufregung der ersten Runden, in denen sich Iannone, Rossi und Márquez unzählbar oft überholten, rückte Marc wieder zum geflohenen Lorenzo auf. Er holte ihn ein, überholte ihn und versuchte, eine Lücke zu erzeugen. «Diese Anstrengung überlastete den Vorderreifen und er überhitzte. Daher bewegte sich das Bike stark. Ich fuhr langsamer, bis sich die Temperatur des Reifens wieder normalisiert hatte. Doch das richtige Gefühl kehrte nicht zurück», erklärte Márquez nach dem Rennen.

Während der letzten Runden wurde er von Iannone und Rossi geschnappt. Doch Márquez verlor nicht den Kopf, wie er es in der ersten Saisonhälfte vielleicht getan hätte. Er wusste, wie er seine Karten spielen musste, um den Druck aufrecht zu erhalten. Dann konnte er auch die «Alles oder nichts»-Strategie anwenden – in der letzten atemberaubenden Runde, die ihm den Sieg auf Phillip Island einbrachte.

Der dritte Faktor, der das MotoGP-Rennen in Australien zu einem an Spannung kaum zu überbietenden Spektakel machte, war eine Rakete genannt Ducati. «Speed ist nicht alles», sagen Verteidiger, die behaupten, dass Rennen nicht vom schnellsten sondern vom am besten ausbalancierten Bike gewonnen werden. Die Yamaha, die in der WM-Tabelle mit Rossi und Lorenzo die ersten beiden Plätze belegt, scheint diese Aussage zu bestätigen. Doch Valentino Rossi zeigte in zwei der letzten drei Rennen, dass Topspeed einen Unterschied macht. Er kann einen sogar den WM-Titel kosten.

In Aragón haben wir die vergeblichen Versuche von Valentino gesehen, Dani Pedrosa zu überholen und Jorge Lorenzo einzuholen. Wieder und wieder musste er hilflos zusehen, wie die Honda auf der Gerade des MotorLand Aragón wegzog, obwohl er in ihrem Windschatten fuhr.

Auf Phillip Island war es die «rote Rakete» von Gigi Dall’Igna aus Borgo Panigale, die Rossi frustrierte. Wir kehren wieder zu den Zahlen zurück, die es schockierend deutlich zeigen. Der Topspeed auf der Gerade von Phillip Island, die bergab führt und schon im vierten Gang angefahren wird, lag bei Andrea Iannone bei 344,4 km/h. Der Durchschnitt seiner fünf besten Runden lag bei 343,9 km/h. Die Daten der weiteren Sieganwärter: Márquez: 338 km/h (Durchschnitt 336,7 km/h), Lorenzo: 332 km/h (Durchschnitt 330,6 km/h), Rossi: 337 km/h (Durchschnitt 336,5 km/h). Lorenzo fuhr diesen Topspeed alleine, während Rossi am Hinterrad von Márquez und Iannone klebte.

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