Paolo Ciabatti: «Winglets – belächelt, dann kopiert»

Von Günther Wiesinger
Beim ersten Rennwochenende der Saison 2016 präsentierte sich Ducati stark. Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti sprach mit SPEEDWEEK.com ausführlich über den Katar-GP.

Bestzeit für Andrea Iannone am Donnerstag und am Freitag, dann verpasste er am Samstag die Pole-Position vielleicht nur, weil ihn Scott Redding aufhielt. Platz 2 für Andrea Dovizioso am Sonntag, Iannone stürzte im Kampf um die Führung: Das Fazit von Ducati Corse beim MotoGP-Saisonauftakt in Doha/Katar kann sich sehen lassen.

Ducati wirft in dieser Saison gleich acht Desmosedici in die Schlacht und stellt damit Honda in den Schatten, denn die Japaner bringen nur fünf Bikes auf die Strecke.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com schildert Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti das Resümee vom ersten GP-Weekend 2016.

Paolo, schon am ersten Abend waren in Katar vier Ducati in den Top Ten und nur zwei Honda. Nach dem FP3 am Freitag sah es genau so aus. Dazu kamen zwei Bestzeiten von Iannone. Warst du überrascht?

Ich denke, besonders der letzte Wintertest hier in Katar war bereits sehr vielversprechend. Wir wussten, wir haben ein gutes Potenzial. Aber wir hatten vor dem Qualifying immer noch etwas Mühe im dritten Sektor. Und wir wünschen uns noch einen besseren Grip in maximaler Schräglage in den schnellen Kurven. Da müssen wir besser werden.

Aber wir haben einen sehr starken Motor, das half uns auf einer schnellen Strecke wie Katar. Wir haben erwartet, dass wir in Doha gut abschneiden würden. Dass es so gut laufen würde, hat uns überrascht.

Die Bedingungen haben sich von Tag zu Tag geändert. Honda wirkte am ersten Abend ein bisschen verloren, am Freitag waren sie weiter vorne. Sie sind über Nacht wieder konkurrenzfähig geworden.
Aber die Situation nach dem FP3 hat uns natürlich gefallen: 1. Iannone. 4. Dovizioso. Das war ein guter Anfang. Wir sind direkt ins Q2 gekommen. Und auch die beiden GP14.2 von Barbera und Redding sind ins Q2 gekommen. Barbera war bei allen Wintertests schnell.

Das war alles recht zufriedenstellend für Ducati.

«Dovi» scheint in Katar, wo er 2015 auf der Pole stand und im Rennen Zweiter wurde, sein Vertrauen endlich wieder gefunden zu haben?

Hm, ja. Am ersten Abend hatte er gewisse Vibrationsprobleme. Wir wussten nicht, ob sie von den Reifen oder von etwas anderem herrührten. Aber sein Team hat eine Lösung dafür ausgetüftelt, er hat dadurch sein Feeling wieder gefunden. Er war recht happy.
Iannone war schon beim Test hier sehr zuversichtlich, er hat diese Form auch beim GP-Weekend gezeigt.

Wir hatten also allen Grund, für das Rennen zuversichtlich zu sein, obwohl es mit der neuen ECU und den Michelin-Reifen so viele Neuheiten und Unwägbarkeiten gibt.

Es ist momentan heikel, die richtigen Reifen auszuwählen. Niemand wusste, ob die Fahrer in den ersten Runden mit den Michelin genug Vertrauen haben würden, um gleich richtig zu pushen.
Es war ein interessanter Grand Prix. Keiner war sicher, ob die üblichen Verdächtigen im Rennen vorne sein würden. Es hat sich abgezeichnet, dass ein paar Neue «part of the game» werden können.

Aber am Schluss waren die Kräfteverhältnisse ähnlich wie vor einem Jahr.

Bei den Wintertests waren Barbera und Baz mit den GP14.2 des Avintia-Teams manchmal schneller als das Werksteam mit den 2016-Maschinen. Das war einerseits erfreulich, anderseits auch ein bisschen peinlich, nicht wahr?

Nein, das ist nicht peinlich oder enttäuschend, gar nicht.
Wir sind sehr happy, wenn die Ducati-Motorräder konkurrenzfähig sind. Aus diesem Grund haben wir acht Motorräder im Feld, sechs zusätzliche neben dem Werksteam. Ducati hat bewiesen, dass wir den Kundenteams konkurrenzfähige Pakete anbieten – zu einem vernünftigen Preis mit gutem technischen Support.

Wenn wir über Héctor Barbera sprechen, dann hat er jetzt besseres Material als 2015 in der Open Class, denn er kann jetzt zum Beispiel das «exhaust valve» verwenden, also das Auslassventil, das er im Vorjahr mit der Open-ECU nicht nützen konnte. Das bedeutet für ihn eine sehr grosse Verbesserung.

Gut, er hat immer noch eine GP14.2. aber er verfügt jetzt über eine fortschrittlichere Elektronik als 2015, ausserdem hat er das Auslassventil, was beim Bremsen zum Beispiel hilfreich ist.
Dazu kommt, dass die Michelin-Reifen ein paar Probleme, die wir bisher mit der GP14.2 hatten, verringern.

Wir hatten mit Barbera und Redding auch im Rennen zwei Fahrer aus Kundenteams in den Top-Ten; das freut uns.
Insgesamt sind wir also happy. Das Feld liegt eng beisammen. Viele Fahrer werden nur durch eine Sekunde getrennt.

Ducati hat an den Werksmaschinen recht umfangreiche Flügelsammlung montiert. Einige Gegner lästern bereits darüber, es gäbe deshalb bei Top-Speed heftige Turbulenzen im Windschatten. Cal Crutchlow fürchtet, dass irgendwann ein Fahrer aufgeschlitzt wird. Jetzt wird diskutiert, ob die Flügel am Jahresende verboten werden sollen.

Nein, das glaube ich nicht. Denn als wir vor einem Jahr mit den Winglets aufgetaucht sind, wurden wir belächelt.

Bei Saisonmitte wurden wir bereits kopiert. Jetzt werden sie von allen Werken ausprobiert. Ducati hat als erster Hersteller kapiert, dass wir der Aerodynamik etwas mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Wir haben verstanden, dass uns die Winglets auch helfen, die Wheelies zu vermeiden. Sie sind nützlich. Ein paar Fahrer beschweren sich vielleicht. Aber eines Tages werden alle Werke damit fahren. Das ist Teil der Evolution.

Ich kann nur sagen: Ducati war der Pionier der Flügel in dieser Flügel-Geschichte.

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