Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Türkei-Blamage: Nur 6 Fahrer am Start

Kolumne von Thoralf Abgarjan
In der EMX-Klasse starteten in der Türkei nur 6 Fahrer

In der EMX-Klasse starteten in der Türkei nur 6 Fahrer

Das Rennen der EMX-Zweitaktklasse wurde bei ihrem Saisonfinale in der Türkei mit nur 6 Fahrern gestartet. Auch in der Endrunde der WMX standen gerade einmal 11 Starterinnen am Gatter.

Youthstream wählt die Organisatoren für einen Grand-Prix nach einem sehr einfachen Kriterium aus: Wer zahlt, bekommt einen Grand-Prix. Dabei spielt es kaum eine Rolle, welchen Stellenwert der Sport im Bewerberland hat.

Wie zu erwarten, fand bereits die heutige Veranstaltung im türkischen Afyonkarahisar vor gähnend leeren Zuschauerrängen statt, genau wie bei der Türkei-Premiere im letzten Jahr. Aber nicht nur die Zuschauer bleiben dem Rennen fern, sondern auch Fahrer und Teams.

Die EMX-Zweitaktklasse ist normalerweise recht bunt bestückt. Mit GasGas, TM, Yamaha, KTM, Husqvarna und Honda gibt es hier sogar eine gewisse Markenvielfalt. Alle Teilnehmer fahren für Privatteams, für die der logistische Aufwand einer Türkeireise viel zu groß ist.

Im Ergebnis sahen wir in der Türkei ein Europameisterschaftsrennen mit gerade einmal 6 Fahrern am Start. Ein absoluter Negativrekord. Auch die Damen-WM hat in der Türkei an diesem Wochenende ihre Finalrunde. Am Start der Klasse, die immerhin ein Weltmeisterschaftsprädikat besitzt, standen nur 11 Pilotinnen, die sich rasch auf der Strecke verteilten.

Und so schließt sich der Kreis: Belanglose und langweilige Rennen haben keine Attraktivität für Zuschauer vor Ort. Natürlich wird Youthstream auch nach diesem Wochenende wieder mit frei erfundenen Zuschauerzahlen agieren. Und da das Thema ohnehin niemanden interessiert, kommen sie damit problemlos durch.

Bei den TV-Quoten, bei denen es allerdings wieder ums liebe Geld geht, wird man jedoch etwas genauer hinschauen. Zur Erinnerung: Youthstream wurde im letzten Jahr an die Sportmarketingagentur Infront verkauft. Das Schweizer Unternehmen unter der Führung von Phillippe Blatter, dem Neffen des früheren FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, sieht sich bis heute schweren Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der Stadionbandenwerbung während der Fußball-WM 2006 ausgesetzt. Der Deutsche Fußballbund (DFB) selbst bemüht sich um Aufklärung und hat erst kürzlich eine Berliner Wirtschaftsdetektei beauftragt, die Geschäftsbeziehungen zwischen dem deutschem Fußball und Infront zu durchleuchten.

Infront will Geld verdienen, überwiegend durch TV-Vermarktung. Sobald die TV-Quoten nicht mehr stimmen, wird ein Produkt für Sender uninteressant. Genau an dieser Stelle sitzen dann wieder alle im gleichen Boot: Vermarkter, FIM, Fahrer, Teams, die Industrie, Fans und Organisatoren.

Die Offiziellen lassen sich aber davon vorerst nicht beeindrucken und genießen die üppigen Banketts, wie gestern bei der Eröffnungsveranstaltung in Afyonkarahisar. Dabei merken sie nicht, wie ihnen die Drinks gleichzeitig auch den Blick vernebeln. Das asphaltierte Fahrerlager wird gelobt und überhaupt das «fantastische Land Türkei», wie David Luongo in seiner Begrüßungsrede betont.

Mit Superlativen wird an keiner Stelle gespart: Recep Tayyip Erdogan unterstütze die Veranstaltung persönlich, so heißt es.

Nach seiner Premiere im letzten Jahr erhielt der Türkei-Grand-Prix die Auszeichnung «Best Infrastructure Award». Das zeigt, wie orientierungslos Youthstream und die FIM agieren und wie sehr sie den Blick fürs Wesentliche verloren haben: Es ist ihnen egal, wenn auf der Strecke keine Zuschauer erscheinen. Es ist ihnen egal, wenn Rennen mit nur 6 Teilnehmern gestartet werden. Und es ist ihnen egal, wenn dieser Sport vielleicht bald niemanden mehr interessiert. Dann findet sich bestimmt wieder ein «fantastisches Land», dem sie ein «fantastisches Produkt» verkaufen können.


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