Auch im tiefsten Russland lauert die Bürokratie

Kolumne von Stefanie Szlapka
Die kurze Strecke lag mitten in den Pattenbauten von Kasan.

Die kurze Strecke lag mitten in den Pattenbauten von Kasan.

Meine ersten beiden Tage in Tatarstan begannen doch tatsächlich mit Formularen. Etwas Rallye gab es aber auch noch zu sehen.

Zwischen dem Westen Russlands und China ist für viele Europäer ein gedanklich weisser Fleck auf der Landkarte. Mitten in diesem weissen Fleck stehe ich sitze ich gerade: Kasan, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan. In den nächsten Tagen fahre ich auch noch durch Kasachstan nach Turkmekistan. Sie kennen diese Länder nicht? Ich bisher auch nicht, aber in den kommenden neun Tage begleite ich die 'Silk Way Rallye' genau durch diese drei zentralasiatischen Staaten.

Wie ich schnell feststellte, war ich trotz Recherche mit völlig falschen Vorstellungen nach Kasan gekommen. Es erwartete mich kein kleines russischen Städtchen mitten in der Pampa, sondern eine 1,2 Millionen-Einwohner-Stadt mit sechsspurigen Strassen quer durchs Zentrum. Das Ganze in einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Russlands.

Doch bevor es in die unbekannten Weiten des weissen Fleckes geht, müssen auch wir Journalisten und unser Service-Touareg die gesamten administrativen Checks über sich ergehen lassen. Und eins musste ich leider mal wieder feststellen: Bürokratie kann verdammt anstrengend sein. Vor allem wenn man immer wieder Russen und Franzosen vor sich hat, die von Englisch als Weltsprache noch nichts gehört haben und auch nicht wissen, welche Richtlinien die Pressefahrzeuge erfüllen müssen. In sechs Stunden habe ich mehr Französisch gesprochen, als einem ganzen DTM Wochenende in Le Mans.

Bevor wir unsere offiziellen Akkreditierungen erhielten, bekamen wir einen Zettel mit Anforderungen in die Hand gedrückt, den wir abarbeiten mussten. Dafür waren in einem grossen Raum Tische in U-Form aufgebaut – jeder mit einem anderen Ansprechpartner. Das fing bei einfach Aufgaben an, wie die Telefonnummer des Satellitentelefones angeben bis hin zur Abgabe der Zolldokumente. Was sich als enorme nervliche Zerreisprobe herausstellte: erstens stand man ewig an und die Formulare mussten auch noch in sechsfacher!!! Ausfertigung ausgefüllt werden. So quälte man sich von Station zu Station bis der ganze Zettel abgearbeitet war. Zudem war die Luft zum Schneiden dick oder man wurde fast tiefgefroren.

Auch die Abnahme unseres Touaregs gestaltete sich schwieriger als gedacht, auch wenn wir jetzt immerhin an der frischen Luft waren. Wir fuhren von einer Ecke des Geländes in die andere. Nach langer Suche trafen wir endlich auf einen Techniker, der sich uns und vor allem unseres Fahrzeuges annahm. Innerhalb von vielleicht zehn Minuten hatten wir endlich den letzten Stempel auf unserem Zettel. Jetzt bekamen wir auch unsere Akkreditierungen und waren offiziell Teil der «Silk Way Rallye».

Heute stand der Prolog und damit die offizielle Eröffnung auf dem Programm. Eigentlich sollte auf dem rund zwei Kilometer langen Kurs die Startreihenfolge für die zweite Etappe herausgefahren werden. «Das haben sie geändert, da der Kurs zu sandig ist», erzählte mir Lucas Cruz, Beifahrer von Carlos Sainz. «Morgen starten wir nach der Reihenfolge der Startnummer.» Spass für Fahrer und die tausenden Fans auf dem Gelände stand nun im Vordergrund.

Doch die grössere Gefahr lauerte nicht auf der Strecke, sondern bei den Abschleppwagen. Ein Rennwagen hatte sich festgefahren und wartete auf Hilfe. Der Abschlepper musste sich zwischen der Streckenbegrenzung und dem havarierten Teilnehmer durchquetschen. Auf einmal sprang der Fahrer aus dem Auto und schimpft lauthals los. Der Abschleppwagen hatte ihm mit der hinteren Ecke der Ladefläche die ganze linke Seite eingedrückt und teilweise aufgeschnitten. Das Gelächter der Zuschauer war gross und das Wort «saudumm» kann man sogar in seiner russischen Version verstehen. Der arme Pilot bekam immerhin den mitleidigen Beifall der Zuschauer.

Morgen geht es für uns nach Bougourouslan. 480 Kilometer müssen wir hinter uns bringen. Allerdings bleiben wir nicht komplett auf der Service-Route, sondern machen gegen Ende einen Abstecher zur Rennroute. Wie wir genau dahin kommen wissen wir noch nicht – aber es wird schon klappen.

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