Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Verschwundener Anthony Gobert ist wieder aufgetaucht

Von Günther Wiesinger
Anthony Gobert (re.) 2006 in Phillip Island

Anthony Gobert (re.) 2006 in Phillip Island

Das ehemalige Superbike-WM-Ass Anthony Gobert (46) ist im Drogenmilieu gelandet, er saß im Gefängnis und galt als verschollen. Jetzt hat ihn Bruder Aaron in Queensland in Australien aufgespürt.

Die Suche und das Rätselraten haben ein Ende. Aaron Gobert hat seinen ins Drogenmilieu abgedrifteten Bruder Anthony Gobert gefunden. Auf Facebook berichtete Ex-Rennfahrer Aaron Gobert glücklich über die gelungene Familienzusammenführung. «Ich sitze auf der Couch mit ‚Go Show‘. Habe ihn gefunden. Wir führen unser erstes Gespräch seit zehn Jahren. Er schickt ein Dankeschön und sagt, er vermisst euch alle und liebt mich», erzählte der erfreute und erleichterte Aaron in bewegenden Worten.

Der hochtalentierte Anthony Gobert hat eine bemerkenswerte Karriere in der Superbike-WM (acht Laufsiege, total 16 Podestplätze) hingelegt und dann für 1997 einen Suzuki-Werksvertrag für die 500-ccm-Weltmeisterschaft unterschrieben. Seine beste SBK-Saison erlebte der Draufgänger 1995, als er mit zwei Siegen hinter Carl Fogarty, Troy Corser und Aaron Slight WM-Vierter wurde.

Alkohol und Drogen verhinderten größere Erfolge – am Talent mangelte es ihm nicht. Nach einem positiven Drogentest (Verdacht auf Marihuana-Missbrauch) wurde er bei Suzuki 1997 suspendiert.

Schon im Jahr davor war er beim Phillip-Island-GP im Oktober 1996 nach dem 500-ccm-GP mit einer Bierdose in der Hand sichtlich angeheitert als Besucher (mit neuem Werks-Vertrag) in die Suzuki-Box gestolpert. Immerhin kassierte Gobert bei Suzuki 44 Punkte, er beendete die Saison als WM-15.

Ein Comeback 1999 auf der Schweizer MZ-Weber-500-ccm-Maschine mit swissauto-V4-Motor ging ebenfalls aus disziplinären Gründen frühzeitig zu Ende. Eskil Suter und Rolf Biland hatten das «enfant terrible» engagiert. Im Jahr 2000 setzte Kenny Roberts den Australier noch als Ersatzfahrer auf die 500-ccm-Modenas-Dreizylinder, er heimste als 15. in Donington Park einen Punkt ein.

Aaron Gobert war nach beunruhigenden Nachrichten mit seinem Auto zehn Stunden lang an die Gold Coast gereist, nachdem er Gerüchte von einer Anwesenheit seines Bruders im Urlaubsparadies gehört hatte. Er war überzeugt, Anthony bei einer Geburtstagsparty am 5. März (da wurde er 46 Jahre alt) irgendwo aufspüren zu können.

«Ich bin sechs Stunden lang die Cavill Avenue auf und ab spaziert. Ich habe ‚Go Show‘ sogar im Krankenhaus gesucht. Aber selbst mir als Bruder haben sie keine Auskunft gegeben. Ich habe dann einige ‘hang outs‘ aufgesucht, von denen ich vermutet habe, dass er sich dort rumtreibt. Aber er war nicht zu sehen. Ich habe mich gewundert, denn die Gold Coast ist ja nicht riesig groß. Ich wusste, alle treiben sich dort in denselben Kneipen herum. Aber ich war zermürbt, denn alles was ich gehört hatte, schien nicht wahr zu sein. Mir ist klar geworden, dass Anthony selbst an seinem Geburtstag nicht unterwegs und bei keiner Party war. Ich wollte aber nicht verzagen. Ich dachte, vielleicht habe ich ihn einfach verpasst. Es war ja erst Tag 1... Ich habe mir vorgenommen, am zweiten Tag weiter zu suchen – und habe ihn gefunden!»

Nach der Entlassung aus dem 500-ccm-Werksteam von Suzuki kam Gobert von der Sucht nie los. Immer wieder verfiel er Alkohol und Drogen, zum Beispiel 2004 in der US-Meisterschaft. Der endgültige Absturz geschah im selben Jahr, als seine langjährige Freundin Suni Dixon bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte. 2006 gab der frühere Top-Pilot zu, heroinsüchtig zu sein. Im selben Jahr bestritt er für das Team GMT94 Yamaha in der Supersport-WM zwei Rennen als Ersatzfahrer und eroberte vier Punkte. Anschließend verschwand er von der internationalen Bühne.

Seitdem hatte nur noch sein Bruder Aaron sporadisch Kontakt zum mittlerweile 46-Jährigen, zuletzt aber kannte nicht einmal er seinen Aufenthaltsort. Aarons jüngsten Schilderungen konnte man entnehmen, dass Anthony ganz unten angekommen ist: «Als ich ihn das letzte Mal sah, saß er in einer Gefängniszelle und erfuhr vom Tod unseres Vaters. Die Beerdigung hat er verpasst. Ich weiß nicht, was ich seinen vielen Fans sagen soll – ich habe keine Antworten. Es war nicht in Ordnung, dass man nicht wusste, wo er sich aufhält, wie es ihm geht und ob er Hilfe benötigt. Ich will das ändern.»

Der sechs Jahre jüngere Aaron steht nach einem jahrelangen Rechtsstreit finanziell selbst vor dem Nichts. Um Anthony helfen zu können, startete er ein Crowdfunding («GoFundMe») zu Gunsten seines Bruders: «Mit Unterstützung werde ich ihm ein Telefon und einen sicheren Schlafplatz besorgen. Nachdem er vor einiger Zeit zusammengeschlagen wurde, benötigte er zwei Hüft-Prothesen. Ich weiß nicht, worauf ich mich einlasse, aber es muss getan werden. Ich werde mein Bestes geben, um rauszufinden, was Anthony will. Dann werde ich schauen, ob ich ihm helfen kann. Wir müssen uns Hilfe von einem Rechtsanwalt sichern.»

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