Dettwiler-Unfall: Pressesperre, Falschmeldungen

Alvaro Bautista rebelliert: Hersteller legen Veto ein

Von Ivo Schützbach
Alvaro Bautista (li.) konnte auch Toprak Razgatlioglu überzeugen

Alvaro Bautista (li.) konnte auch Toprak Razgatlioglu überzeugen

Seit 2024 gibt es in der Superbike-WM ein Mindestgewicht für den Fahrer in voller Montur. Alvaro Bautista hat fast das gesamte Fahrerfeld hinter sich versammelt, um die viel diskutierte Regelung abzuschaffen.

Seit 2024 gibt es in der Superbike-WM nicht nur ein vorgeschriebenes Mindestgewicht für das Motorrad, sondern auch für den Fahrer in kompletter Montur. Als Durchschnittsgewicht wurden 80 Kilogramm definiert, wer darunter liegt, muss 50 Prozent der Differenz als Extragewicht mitschleppen.

Weil diese Regel im Startfeld der Superbike-WM 2024 und 2025 lediglich auf Alvaro Bautista eine nennenswerte Auswirkung hatte, war immer wieder von einer «Anti-Bautista-Regel» die Rede. Denn sie wurde eingeführt, nachdem der Spanier die Weltmeisterschaften 2022 und 2023 gewonnen hatte.

Während sich alle anderen Balanceinstrumente in der Superbike-WM immer auf den Hersteller bezogen und heute noch beziehen, wird dieses Diktat auf das Individuum angewandt. So wird es auch in Nachwuchsklassen wie Supersport 300, Sportbike oder Moto3 gehandhabt, wo die Motorräder über wenig Leistung verfügen und sich das Gewicht des Fahrers entsprechend deutlich bemerkbar macht. Federgewicht Ana Carrasco zum Beispiel musste in der SSP300 oder auch Moto3 zehn Kilogramm Extragewicht mit sich herumfahren.

In der MotoGP gibt es eine solche Regelung nicht und bei den Superbikes wurde sie erst thematisiert und ab 2024 umgesetzt, seit Bautista mit seiner Ducati Panigale V4R im Titelkampf 2022 und 2023 auf den Geraden so spielerisch an Könnern wie Jonathan Rea und Toprak Razgatlioglu vorbeifuhr, dass unter Gegnern wie Fans zunehmend ein Unrechtsempfinden entstand.

Wie groß der Einfluss dieser Regel auf Bautista ist, weiß nur er selbst. «Ob ich ohne das Zusatzgewicht mit Toprak und Nicolo Bulega kämpfen könnte, weiß ich nicht», gibt der WM-Dritte zu. «Aber feststeht: Ich wäre auf jeden Fall schneller, als ich es jetzt bin.»

Die beiden letzten Veranstaltungen 2025 in Estoril und Jerez nutzte Bautista, um Unterschriften für die Abschaffung der Gewichtsregel zu sammeln. In den vergangenen zwei Jahren äußerten sich zahlreiche Fahrer zu diesem Thema: Die einen stärkten dem 40-Jährigen in seiner Argumentation den Rücken, dass diese Vorschrift diskriminierend und unsportlich wäre, andere bezeichneten sie als Notwendigkeit für fairen Wettkampf.

Erstaunlich: Von den 23 Stammfahrern dieser Saison haben die Petition bis auf Jonathan Rea alle unterschrieben – der Nordire fuhr in Jerez sein letztes Rennen und will sich heraushalten.

Auch Fahrer wie Weltmeister Razgatlioglu, Danilo Petrucci als einer der Schwersten im Feld, oder der stets logisch argumentierende Alex Lowes, die sich immer wieder über Bautistas überragende Beschleunigung ausgelassen haben, setzten ihren Servus unter das Dokument.

Promoter Dorna und der Motorrad-Weltverband FIM standen diesem Thema immer neutral gegenüber, sie folgten im Herbst 2023 dem Willen der Hersteller, die von ihren Fahrern angestachelt waren.

Möglich wurde die Umsetzung dieser Regel nur, weil sich innerhalb der Superbike-Kommission damals alle einig waren. Diese setzt sich zusammen aus Vertretern von Dorna, FIM und dem Herstellerbündnis MSMA. Sogar Ducati als Arbeitgeber von Bautista stimmte zu, verlangte im Gegenzug aber die Abschaffung der Drehzahlbegrenzung.

So kam es: Statt die Bikes über deren Gewicht und die Maximaldrehzahl zu balancieren, erfolgt dies inzwischen durch die erlaubte Kraftstoffdurchflussmenge.

Als Bautista seine Unterschriftensammlung beisammenhatte, legte er sie der Superbike-Kommission vor. Während Dorna und FIM dazu tendieren dem Willen der Fahrer zu entsprechen und die Gewichtsregel abzuschaffen, votierte die MSMA dagegen. Lediglich Ducati ist dafür, die anderen Hersteller Bimota, BMW, Honda, Kawasaki und Yamaha sind es nicht. Doch auch innerhalb dieser Vereinigung ist Einstimmigkeit notwendig.

Begründet wird die Entscheidung von der MSMA damit, dass sie mit ihren Fahrern gesprochen hätten. Dieselben Fahrer, die zuvor Bautistas Gesuch unterzeichnet haben.

Behauptungen einiger Piloten, sie hätten nicht gewusst, was sie da unterschreiben, brauchen wir keinen Glauben schenken – Bautistas Petition ist kurz, prägnant und eindeutig formuliert. Dass ein Gegner unterschrieb, nur weil Alvaro ihn nett gefragt hat, ist ebenfalls schwer vorstellbar. Gleichzeitig haben die Fahrer aber auch keinen Grund, ihre Arbeitgeber anzulügen.

Die Hersteller haben also wahrscheinlich aus Eigeninteresse gehandelt und bewerten das große Ganze anders als die Rennfahrer.

So lange innerhalb der Superbike-Kommission bei der Abstimmung keine Einigkeit erzielt wird, bleibt die umstrittene Regel.

Eine Hintertüre gibt es, um sie abzuschaffen: Dorna könnte den «Gott-Paragrafen» anwenden, der die Anpassung des Reglements ohne die Einhaltung des normalen Prozederes ermöglicht.


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