Fazit Rallye Mexiko: Citroën kanns doch noch

Kolumne von Christian Schön
Nur ein Teil-Erfolg – Super-WP im Zentrum von Mexiko-Stadt, im Foto Sieger Kris Meeke

Nur ein Teil-Erfolg – Super-WP im Zentrum von Mexiko-Stadt, im Foto Sieger Kris Meeke

Der Sieg von Kris Meeke erhöht den Spannungsbogen der Saison 2017 noch einmal. Auch Weltmeister Sébastien Ogier zählt zu den Gewinnern. Wäre da nicht das Damokles-Schwert einer Strafe . . .

Drei Rallyes ist die Saison alt, es gab drei verschiedene Sieger. Wenn der Rückzug von Volkswagen einen positiven Effekt auf die Rallye-WM gehabt hat, dann den, dass wir zumindest bisher die spannendste Saison seit Jahren erleben. Da hätte es nicht einmal den Last-Minute-Stunt von Kris Meeke wenige Meter vor dem Ziel der Rallye Mexiko gebraucht!

So richtig klar sind die Kräfteverhältnisse im Jahr eins nach Volkswagen aber immer noch nicht. Auch die Rallye Mexiko ist wie die beiden voran gegangenen WM-Läufe in Monte Carlo und Schweden sehr speziell, nur schwer mit anderen Schotter-Läufen zu vergleichen.

Während der ersten Etappe kämpften bis auf Citroën alle Teams mit überhitzenden Motoren. Offensichtlich konnten die Testfahrten in der – zur Zeit eiskalten – Sierra Nevada in Südspanien und die Simulationen auf dem Prüfstand doch nur begrenzt die Bedingungen in der Höhenluft von Mexiko darstellen. Nicht ganz unerwartet hatte Neuling Toyota die größten Probleme.

Als die jeweiligen Ingenieure die Motorelektronik so weit entschärft hatten, dass die 1,6-Liter-Triebwerke nicht ständig heiß liefen und auf Notprogramm umschalteten, hatte Kris Meeke längst einen kommoden Vorsprung herausgefahren. Weltmeister Sébastien Ogier war der Einzige, der die Thermikprobleme halbwegs umfahren konnte. Obwohl der Ford-Pilot als Erster auf der Straße die denkbar ungünstigste Startposition hatte, ging von ihm die größte Gefahr für Meeke aus.

Wobei nicht nur Ogier Glück hatte, dass die Hälfte der ersten Etappe abgesagt wurde. Und damit kommen wir zu einer weiteren Besonderheit der Rallye Mexiko.

19 Wertungsprüfungen waren geplant. Zwei wurden gestrichen, weil die Lkw mit den Rallyeautos auf dem Buckel auf der 400-Kilometer-Tour vom Showstart in Mexiko-Stadt ins eigentliche Rallyezentrum Léon in einem Stau steckenblieben. Blieben 17 WP übrig. Davon waren nur ganze acht «echte» Prüfungen, der Rest sogenannte Super-WPs von rund zwei Kilometer Länge in Mexiko-Stadt, Léon oder auf einer Rennstrecke.

Hat es der Veranstalter übertrieben im Bestreben, den Rallyesport näher zu den Fans zu bringen, die nicht die Strapazen auf sich nehmen wollen, den Rallyeautos in den Busch zu folgen?

Die Auftakt-WP in Mexiko-Stadt versprach, ein Knaller zu werden. Interessanterweise kam die Idee dazu vom Bürgermeister – weniger als drei Monate vor der Rallye. Dass der Veranstalter sich zunächst sträubte, ist verständlich. Aber hey, wer könnte ernsthaft der Chance widerstehen, eine WP mitten im Herzen einer 20-Millionen-Metropole auszurichten?

Dass das Ganze ziemlich chaotisch ablief, weil man unter anderem nur 24 Stunden Zeit für den Aufbau hatte, war zu verschmerzen. Betretene Gesichter machten aber alle Beteiligten angesichts der mageren Zuschauerresonanz. Statt der erwarteten bis zu 200.000 kamen nur etwa 10.000 Fans.

Warum? Die Antwort darauf suchen auch WM-Vermarkter und Veranstalter noch. Hoffentlich hat Rallyechef Patrick Suberville den Mut, 2018 einen neuen Anlauf zu nehmen.

Als nächstes steht mit der Rallye Korsika die erste waschechte Asphalt-Veranstaltung des Jahres auf dem Programm. Glaubt man dem Eindruck von den Videos der Testfahrten, ist Citroën auf festem Untergrund mindestens so gut aussortiert wie auf Schotter. Den Preis, in der Vorbereitung im vergangenen Jahr Monte-Carlo- und Schweden-Verhältnisse vernachlässigt zu haben, hat die Mannschaft von Citroën-Motorsportdirektor Yves Matton bereits gezahlt.

Auf der anderen Seite wäre nun Hyundai an der Reihe. Wie schnell der i20 WRC auf Asphalt ist, hat Thierry Neuville bei der Rallye Monte Carlo zur Genüge bewiesen. Als einziges Team hat die koreanisch-deutsche Truppe 2017 noch keinen Sieg gefeiert.

Ansonsten lief in Mexiko alles für Weltmeister Sébastien Ogier. «Ich orientiere mich zunächst an den Kollegen, die in der Tabelle rings um mich herum platziert sind», hatte der Ford-Pilot auch dieses Mal wieder bekräftigt. Mit Rang zwei und insgesamt 22 WM-Punkten stand er am Ende deutlich besser da als seine momentan direkten Konkurrenten Jari-Matti Latvala (zehn Punkte) und Ott Tänak (15 Punkte).

Nach Korsika reist Ogier als Tabellenführer – die daraus folgende Startposition eins ist bei Asphalt-Rallyes ein Vorteil. Und Teamchef Malcolm Wilson hat versprochen, seine Ingenieure auf weitere Verbesserungen beim Fahrwerk nach den Vorstellungen des Champions anzusetzen. Es läuft also gerade gut für den Titelverteidiger.

Ein Schönheitsfehler ist allerdings die Geschichte mit dem Getriebe des Fiesta WRC. Die Technischen Kommissare stellten bei der Untersuchung nach der Rallye Mexiko eine Abweichung zur Homologation fest. Details wurden nicht verraten. Aber das Getriebe von Ogier wurde versiegelt und soll nach der Rückkehr nach Europa noch einmal gecheckt werden.

Was immer der Grund für die Beanstandung ist, ich kann mir nicht vorstellen, dass Ogier deswegen seinen zweiten Rang von Mexiko verliert. Immerhin hat die FIA Konkurrent Toyota in gleich drei Fällen (Heckspoiler, Motor, Fahrwerk) die unbestrafte Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt.

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