Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Hirvonen enttäuscht

Von Toni Hoffmann
Hirvonens Kampf wurde nur mit Platz zwei belohnt

Hirvonens Kampf wurde nur mit Platz zwei belohnt

Vize-Champion nach zweiten Norwegen-Platz nun wieder Tabellenzweiter.

Der Auftakt zur Rallye-WM in Irland entlockte am Ende wegen der grossen Dominanz des Rallye-«Überfliegers» Sébastien Loeb und seines perfekt laufenden Citroën C4 nur noch ein müdes Lächeln. Es fehlte ganz einfach an Spannung. Es gab nur wenig, was einen noch hätte begeistern können. Eine Kehrtwende Richtung Hochspannung und packende Action gab es beim zweiten Lauf in Norwegen.

Natürlich war das Ambiente total anders als in Irland. Der WM-Auftakt ertrank fast im Dauerregen. Graue Wolken und eine Rallye ebenfalls in grau, was die Spannung betraf, die einfach nicht da war. Norwegen präsentierte sich als eine echte Winter-Rallye von der schönsten Seite, nicht nur wegen der tief verschneiten und auch vereisten Pisten in den winterlichen Wäldern, die als Kulisse für Weihnachtskarten geradezu ideal waren, mit Sonnenschein und blauem Himmel, aber auch mit Temperaturen unter -20°, sondern auch wegen der vielen Zweikämpfe. Und dazu ein Publikum mit überschwänglicher Begeisterung, nicht zuletzt wegen der einheimischen Gebrüder Petter und Henning Solberg.

Winter-Rallyes, so wurde vor dem Start gesagt, sind ein sehr gutes Terrain für die Ford Focus. 2008 Sieg in Schweden mit Jari-Matti Latvala, 2007 Triumph in Norwegen mit Mikko Hirvonen, 2006 Erfolg in Schweden unter Marcus Grönholm – das ist die Ford-Winter-Bilanz der letzten drei Jahren, also waren sie auch der erklärte Favorit. Konkurrent Sébastien Loeb hatte nur seinen Sieg von 2004 in Schweden auf seiner skandinavischen Visitenkarte stehen. 2007 erlebte er bei der norwegischen WM-Premiere sein Winter-Waterloo. Drei Abflüge in die vielen Schneebänken kosteten ihn 17 Minuten und liessen ihn am Ende nicht über den 14. Platz hinauskommen. Diese Rechnung glich er nun mit seinem 49. Sieg aus.

Während Jari-Matti Latavla angesichts seines Fehlers in Irland, als er in Führend liegend seinen Ford aus der Rallye drehte, eine vornehme Zurückhaltung auferlegt wurde, erhielt Mikko Hirvonen das Zeichen für «volle Pulle», voller Angriff mit dem Sieg als Ziel. Er tat auch, wie ihm befohlen. Auf der ersten Etappe setzte er auf den neun Prüfungen vier Mal die Bestmarke und lag nach der zweiten und von dritten bis zur achten Prüfung an der Spitze, von der ihn Loeb auf der letzten Tagesentscheidung aber um 2,6 Sekunden verdrängte. Nachlassende Reifen gab Hirvonen an, indes glaubten Insider, dies hätte er aus taktischen Gründen getan, um am Samstag nicht als erstes Fahrzeug auf die schneebedeckten Pisten zu müssen. So könne er sich an den Spuren von Loeb orientieren. Eine Taktik, die aber auf der zweiten Etappe gründlich daneben ging, denn Loeb fuhr ihm bis auf 15 Sekunden davon. So musste Hirvonen, wollte er noch etwas retten, auf der Finaletappe zur Schlussoffensive blasen, was er auch tat. Theorie und Praxis passen aber nicht, wenn man gegen einen gewissen Loeb kämpft. Da nutzen auch die vier von sechs möglichen Tagesbestzeiten beim Norwegen-Showdown Hirvonen nichts. Er zwar bis zur letzten Entscheidung bis auf 7,7 Sekunden an Loeb, aber am Ende war Loeb doch um 9,8 Sekunden schneller.

«Das war von den vielen Winter-Rallyes, die ich gefahren bin, mit Abstand die schönste», zog der 28jährige Hirvonen, der mit diesem Resultat auch in der Fahrerwertung auf Rang zwei vorrückte, ein erstes Fazit. «Es hat irrsinnigen Spaß bereitet, drei Tage lang auf Schnee und Eis am absoluten Limit zu kämpfen und in ein so spannendes Duell verwickelt zu sein. Dass uns am Ende weniger als zehn Sekunden vom Sieg trennen, sagt alles. Unter diesen Bedingungen ist die Grenze zwischen ,schnell‘ und ,zu schnell‘ unglaublich schmal. Wir waren gezwungen, viele Risiken einzugehen. Daher ist es sehr schade, dass es nur zur zweiten Position gereicht hat. Wir haben diese Rallye am Samstag verloren, als wir auf das Tempo von Loeb nicht die richtige Antwort gefunden haben.» Nach einem zufriedenen Hirvonen klang das nicht.

Latvala griff laut Teamorder nicht in den Spitzenkampf ein und richtete sich zu Beginn dieses zweiten Saisonlaufs auf Rang drei ein. Während er seine nachfolgenden Rivalen locker im Griff hatte, reichte er an den Speed der beiden Erstplatzierten zunächst nicht heran. Im Ziel verteidigte er seine Position mit mehr als zwei Minuten Vorsprung auf seinen direkten Verfolger, Henning Solberg in einem weiteren Ford Focus RS WRC. «Einerseits bin ich froh, diese doch sehr anspruchsvolle Rallye unter den ersten Drei beendet und für mich sowie das Team wichtige Punkte geholt zu haben. Andererseits hätte ich aber auch gerne um den Sieg mitgekämpft», resümierte das erst 23 Jahre alte Toptalent. „Ich habe meine Chancen am Samstagmorgen verspielt, als ich das Fahrwerk meines Ford zu spät auf eine weichere Abstimmung habe umbauen lassen. Heute hatte ich keine übertriebene Eile mehr und konnte das Fahren auf diesen fantastischen Pisten dafür umso mehr geniessen.»

«Mikko Hirvonen hat alles gegeben. Das überaus knappe Resultat spiegelt wider, dass auch wir alles versucht haben», so Malcolm Wilson, Direktor des Teams BP Ford Abu Dhabi. «Jari-Matti Latvala legte ein fehlerfreies Wochenende hin und konnte spätestens ab der zweiten Schleife der Samstags-Etappe mit zwei Bestzeiten beweisen, dass auch er das Potenzial zum Sieger gehabt hätte. Beide Ford Focus RS WRC funktionierten tadellos. Mit elf von 23 WP-Bestzeiten können wir zufrieden sein.»

«Die Rallye Norwegen zählt zwar erst zum zweiten Mal zum WM-Kalender, hat sich dank dieser wunderbaren Bedingungen aber bereits zum Klassiker gemausert», lobte Mark Deans, Motorsport-Direktor Ford Europa. «Wir haben Tausenden Fans, die trotz der arktischen Temperaturen am Streckenrand ausharrten, ein brisantes Duell um den Sieg geliefert. Der geringe Zeitabstand, der letztendlich für die Entscheidung sorgte, lässt in diesem Jahr weitere hoch spannende Rallyes erwarten.»

Die nächste und dritte WM-Station ist in vier Wochen vom 12. bis 15. März Zypern, zuletzt 2006 im Kalender. Sie ist nach einigen Jahren wieder eine Misch-Rallye, will heissen, es gibt wieder Prüfungen mit verschiedenen Belägen, Asphalt und Schotter. Dort könnte Loeb ein goldenes Jubiläum feiern, seinen 50. Sieg. Und seine Zypern-Bilanz spricht eindeutig für ihn. In den Jahren 2004 bis 2006 hatte der «Rallye-Titan» diese drei Mal in Folge gewonnen. Eine schwere Aufgaben für Hirvonen Co., diese Bilanz zu stoppen.

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